Merz' Ost-Strategie: Die CDU als Bollwerk gegen Populisten?

    Analyse

    Ost-Strategie des Friedrich Merz:Die CDU als Bollwerk gegen Populisten?

    Mathis-Feldhoff
    von Mathis Feldhoff
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    CDU-Chef Merz hat die ostdeutschen Wähler aufgefordert, nur CDU zu wählen - als einzige Partei der Mitte, die eine Chance habe gegen Populisten von AfD und BSW. Kann das aufgehen?

    Friedrich Merz, CDU
    Gewagter Wahlaufruf: CDU-Chef Friedrich Merz
    Quelle: AFP

    Wie aus der politischen Wunschkiste wirkte der Satz, den Friedrich Merz da am letzten Wochenende im ZDF-Sommerinterview sagte:

    Wir können im Osten auch auf Platz eins liegen.

    Friedrich Merz, CDU-Chef, im ZDF-Sommerinterview

    Ein Satz, der deshalb wie Wunschdenken wirkt, weil die CDU - gut neun Wochen vor den Wahlen in Sachsen und Thüringen und elf Wochen vor der Wahl in Brandenburg - in keinem der drei Bundesländer derzeit an der Spitze liegt, sondern deutlich hinter der AfD. Nur in Sachsen liefert man sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
    Diana Zimmermann und Friedrich Merz sitzen sich gegenüber und sind im Gespräch.
    CDU-Chef Friedrich Merz über die anstehenden Landtagswahlen im Osten, eine Zusammenarbeit mit dem BSW und öffentliche Debatten über Waffenlieferungen an die Ukraine.23.06.2024 | 20:02 min
    Aber, so der CDU-Parteivorsitzende, die Konkurrenten von den Ampel-Parteien seien noch viel schlechter dran. Insbesondere in Thüringen und in Sachsen drohe SPD, Grünen und FDP ein totales Desaster.
    Deutlich einstellig, zum Teil unter der Fünf-Prozent-Hürde oder nur knapp darüber - so stellt es sich derzeit in den Umfragen dar. Für den CDU-Chef leitet sich daraus ab, dass er die Wähler der Ampel-Parteien, "die allesamt einstellig sind und möglicherweise alle drei unter fünf Prozent bleiben, nur bitten kann, jetzt in dieser Situation die CDU zu wählen".
    Logo der CDU
    Die CDU sucht vor dem Parteitag ihren Kurs. Parteichef Friedrich Merz weiß, dass er bundesweite Wahlen im Osten zwar nicht gewinnen, aber sehr wohl verlieren kann. 05.05.2024 | 4:21 min

    Kühnert: "Niemand braucht einen Besserwessi"

    Die CDU als Vertreterin des Blocks der demokratischen Mitte, die es mit dem Populisten von AfD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) aufnimmt? Es ist eine gewagte Strategie, die sie sich im Konrad-Adenauer-Haus ausgedacht haben. Eine Strategie, die vor allem auf eine Umsetzung in der politischen Wirklichkeit noch wartet.
    Merz verweist gerne darauf, dass die Kommunalwahlen in Thüringen genau dieses bewiesen hätten. Dass diese Erfolge aber vor allem in Stichwahlen erzielt wurden, dass es jeweils nur zwei Bewerber gab und dass gerade die ostdeutschen Parteifreunde sehr skeptisch sind bei einer "Die gegen uns"-Konstellation, erwähnt er dabei nicht.
    SGS Merz
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    Und er sammelt den versammelten Spott der politischen Mitbewerber ein. Der thüringische FDP-Vorsitzende Thomas Kemmerich attackiert in der "Welt" scharf: "Friedrich Merz hat den Verstand verloren". Und auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert legt nach: "In Dresden oder Erfurt braucht niemand einen Besserwessi, der erklärt, welche Wahlentscheidung die richtige ist", sagt er dem Nachrichtenportal "t-online".

    Ukraine: Unterstützung im Osten umstritten

    Auch Friedrich Merz muss eingestehen, dass so manche Position, die die Union im Bund erfolgreich vertritt, im Osten nicht gut ankommt. Da ist vor allem die Unterstützung für die Ukraine - gerade die militärische.

    Michael Kretschmer und ich, wir sind in dieser Sachfrage unterschiedlicher Meinung. Aber das halten wir beide gut aus,

    Friedrich Merz, CDU-Chef

    So versucht Merz im ZDF-Interview, diesen handfesten Streit zu kaschieren. Dass aber nicht nur sein Ministerpräsident in Sachsen findet, dass "dieses Unrecht, dieser Krieg, dieses furchtbare Leid ein Ende habe muss", wie Michael Kretschmer "Table Media" sagte, sondern, dass das Millionen Wähler im Osten ähnlich empfinden, das stürzt die CDU in ein Dilemma.

    Intern umstritten: Wie umgehen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht?

    Genauso wie die Haltung zur neuen politischen Kraft um Sahra Wagenknecht. Für den Bund lehnt Merz Bündnisse mit dem BSW strikt ab. Die CDU-Landesfürsten, wie der Thüringer Mario Voigt, wollen sich aber nicht aus Berlin reinreden lassen, wer zur Mehrheitsbeschaffung geeignet ist und wer nicht.

    Eine Partei von "denen da oben"

    Und so sind die drei Wahlen im Osten viel mehr als nur ein Stimmungstest ein Jahr vor der Bundestagswahl. Sie setzen auch die Stimmung, ob die CDU, derzeit stabil bei 30 Prozent, mit Schwung oder mit einem Dämpfer in das Wahljahr geht. Gleiches gilt natürlich auch für den möglichen Kanzlerkandidaten Merz.
    Dass die Union nicht wirklich von der Schwäche der Ampel profitieren kann, macht die Sache nur noch schwieriger. Den Satz, dass er die AfD halbieren wolle, kann Merz inzwischen nicht mehr hören. Das sei doch Jahre her, dass er das gesagt habe, so der CDU-Chef. Und er kontert:

    Die Opposition kann die AfD nicht halbieren, wenn die Regierungspolitik die AfD verdoppelt.

    Friedrich Merz, CDU-Parteichef

    Dass es der CDU in den letzten Jahren aber nicht gelungen ist, sich als Oppositionsführer von der Regierung zu emanzipieren, ist auch Teil des Problems. Zu sehr wird auch die Union als eine Partei von "denen da oben" wahrgenommen - gerade im Osten.
    Mathis Feldhoff ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.

    Landtagswahlen
    :Wie sinnvoll ist Merz' Ost-Wahlaufruf?

    CDU-Chef Merz appelliert an die Wähler von SPD, FDP und Grünen, bei den Landtagswahlen im Osten lieber CDU zu wählen. Das kann seiner Partei Stimmen bringen, aber auch Probleme.
    von Jan Schneider
    Bundesvorsitzender der CDU, Friedrich Merz, beim ZDF Sommerinterview.
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