Russlands Spion? Sonderermittler im Fall Marsalek gefordert
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Spionagetätigkeit für Russland:Sonderermittler im Fall Marsalek gefordert
von Julia Klaus, Nils Metzger, Christian Rohde, Ulrich Stoll
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Neue Enthüllungen um Agententätigkeiten des flüchtigen Wirecard-Managers Jan Marsalek alarmieren die Politik. Es brauche einen Sonderermittler, so der Grüne Konstantin von Notz.
Marsalek-Enthüllung: Sonderermittler gefordert, um mögliche Russland-Spionage im Fall Wirecard aufzuklären.
Quelle: ZDF / frontal
Gemeinsame Recherchen von ZDF frontal, "Spiegel", dem "Standard" aus Österreich und der russischen Rechercheplattform "The Insider" haben zahlreiche neue Hinweise auf seit mehreren Jahren andauernde Geheimdienst-Verbindungen des ehemaligen Wirecard-Vorstands Jan Marsalek nach Russland aufgedeckt. Darunter auch die Tarnidentität als russisch-orthodoxer Priester, die Marsalek nach seiner Flucht 2020 offenbar mit Hilfe russischer Dienste genutzt hat.
Sicherheitspolitiker von Regierung und Opposition reagierten besorgt auf diese neuen Erkenntnisse. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz, Vorsitzender des für die Kontrolle der deutschen Nachrichtendienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr), forderte gegenüber ZDF frontal die Beauftragung eines Sonderermittlers in Sachen Jan Marsalek und Wirecard.
Der nach Russland getürmte Wirecard-Manager tarnte sich als orthodoxer Priester. Neue Recherchen legen nahe, dass Jan Marsalek wohl jahrelang für Moskaus Geheimdienste spionierte.
von Nils Metzger, Christian Rohde, Ulrich Stoll
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Deutsche Behörden übersahen Russland-Verbindungen jahrelang
Ein solcher unabhängiger Sonderermittler wäre ein scharfes Schwert. Vor allem könnte er deutlich umfangreicher Akten anfordern - es wäre auch ein Zeichen in Richtung der eigentlich für die Aufklärung zuständigen Ermittlungsbehörden: Euch trauen wir nicht zu, alle Fakten auf den Tisch zu legen.
Russischer Pass mit dem Foto von Jan Marsalek.
Quelle: Spiegel
Zwischen Oktober 2020 und Juni 2021 hatte bereits ein Untersuchungsausschuss die Vorgänge um den milliardenschweren Wirecard-Betrugsfall untersucht. Insbesondere zu den geheimdienstlichen Verwicklungen Marsaleks blieben damals viele Fragen unbeantwortet. Im Abschlussbericht hieß es etwa:
Dabei reichen die problematischen Kontakte Marsaleks zu Personen aus dem russischen Geheimdienstumfeld zurück bis in die Jahre 2013. Mindestens 60 Mal reiste er nach Russland, hatte eine russische Geliebte, die ihm Türen in hochrangige Sicherheitskreise in Moskau geöffnet haben soll. Mit einem eigens geschaffenen Netzwerk in Europa soll Marsalek Zielpersonen ausgeforscht und Informationen weitergeleitet haben. Zu diesem Schluss kommen inzwischen Sonderermittler in Österreich.
Selbst Reisen mit russischen Geheimdienst-Mittelsmännern nach Syrien oder zu russischen Söldnergruppen nach Libyen blieben den deutschen Diensten offenbar lange verborgen.
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Abgeordnete sehen starke Indizien für Spionagetätigkeit Marsaleks
Für den stellvertretenden PKGr-Vorsitzenden Roderich Kiesewetter (CDU) verdichten sich die Belege, dass Marsalek in der Tat als Agent zu Gunsten Russlands aktiv war:
Ob Deutschland hier zu naiv war? "Ich denke, dass wir uns bewusst sein müssen, dass Russland schon sehr lange sehr intensiv seine Netzwerke in Deutschland zu eigenen Gunsten (…) genutzt hat", so Kiesewetter gegenüber ZDF frontal. Es ginge darum, dem Ansehen Deutschlands, aber auch dem Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu schaden.
"Ja, ich glaube, es ist ein weiteres Indiz, dass (…) die Hinweise immer deutlicher werden, dass es hier um Spionage, Einflussnahme, Delegitimierung geht. Und ich glaube, auch deutsche Sicherheitsbehörden sollten diese Hinweise sehr, sehr ernst nehmen", betont auch von Notz.
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Hatte Russland Zugriff auf Wirecard-Transaktionsdaten?
Besonders bedenklich stimmt die Nachrichtendienst-Kontrolleure, dass der Bezahldienstleister Wirecard auch Transaktionen für deutsche Behörden abgewickelt hat - darunter etwa sensible Überweisungen an V-Leute. Sollten solche Informationen an ausländische Dienste geflossen sein, wäre das eine konkrete Gefahr für Menschenleben.
"Ich glaube, dass Jan Marsalek eingebunden war in eine breitere russische Absicht, dem Vertrauen in das deutsche Finanzsystem zu Schaden", sagt Kiesewetter. "Und auf der anderen Seite auch Informationen aus den Netzwerken, über die beispielsweise Wirecard verfügte, zu greifen."
Die neue Faktenlage eröffne eine neue Dimension des Wirecard-Skandals, betont auch von Notz. "Weil das eine so relevante Sicherheitsfrage für andere Dax-Unternehmen, für die deutsche Wirtschaft, für die deutsche Politik ist, glaube ich, sind wir alle in der Pflicht, ganz genau hinzugucken und jetzt wirklich zu ermitteln und zu untersuchen, was die genauen Hintergründe sind."