Landtagswahl: CDU will regieren, Partner für Voigt fehlen

    Koalitionsoptionen in Thüringen:Voigt und die Brandmauern: Regieren, nur wie?

    Daniela Sonntag vom ZDF-Landesstudio Thüringen mit Mikrofon.
    von Daniela Sonntag, Erfurt
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    Die CDU will in Thüringen regieren. Doch kurz vor der Wahl ist nur klar, mit wem die Partei nicht koalieren will. Nicht, wie Spitzenkandidat Voigt eine Mehrheit bekommen soll.

    Mario Voigt, Landesvorsitzender der CDU in Thüringen, steht vor einem großen Banner der CDU und schaut in die Ferne.
    Mario Voigt, CDU-Landesvorsitzender und Spitzenkandidat zur Landtagswahl, nimmt an der Präsentation der CDU-Kampagne zur Landtagswahl teil.
    Quelle: dpa

    Direkt vor der Erfurter Staatskanzlei hat die CDU ihr Pult aufgebaut: 100 Tage Programm ist darauf zu lesen, Mitarbeiter platzieren Thüringenfahnen im Hintergrund, die Mikros sind bereit. Dann kommt das neu benannte Expertenteam der CDU, 13 Frauen und Männer, die sich hinter CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt aufstellen. Der ganze Auftritt ein Signal, "dass wir als CDU bereit sind, personell wie auch inhaltlich das Land wieder zu führen".

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    Doch so konzentriert und professionell wie dieser Pressetermin organisiert ist - ob Mario Voigt tatsächlich "neuer Ministerpräsident" in Thüringen wird, wie es seine Wahlplakate verheißen, ist nicht absehbar. "Die CDU hat den Anspruch stärkste Kraft zu werden", sagt er immer wieder. Doch in allen Umfragen liegt die CDU weit hinter der AfD zurück. Im letzten Politbarometer kommen die Christdemokraten auf 21 Prozent, die AfD auf 30.
    Seit Monaten hat sich an dieser Platzverteilung auf dem Thüringer Umfragetreppchen auch nichts geändert. Obwohl Voigt und seine Partei im Wahlkampf alles auffahren. Er selbst tourt permanent durchs Land, Spitzenpersonal der Bundes-CDU ist fast täglich in Thüringen. Im Netz hat die Partei ihren Auftritt deutlich ausgebaut, eine ganze Serie von Wahlwerbespots produziert. Und sogar eine digitale Meldestelle für Stundenausfall in den Schulen installiert.

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    Mario Voigt und das Bekanntheitsproblem

    Doch Voigt, der zugleich auch Landesvorsitzender der Partei ist, hat nach wie vor ein Bekanntheitsproblem. Ihm fehlt der Amtsbonus, wie ihn Michael Kretschmer in Sachsen ausspielen kann. Bereits im Frühjahr hatte sich Voigt deshalb öffentlichkeitswirksam eine Fernsehdebatte mit AfD-Thüringen-Chef Björn Höcke geliefert. Und versucht seit Monaten, den Wahlkampf auf einen Zweikampf zwischen ihm und Höcke zuzuspitzen.
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    Dabei hat Voigt als Wahlkämpfer Erfahrung: Er ist selbst Experte für digitalen Wahlkampf, war Strategieberater der Bundespartei für Mobilisierung. Seit Bodo Ramelow und die Linken deutlich Federn gelassen haben, sah Voigt sein Momentum gekommen, um nach 15 Jahren im Landtag seine Karriere mit dem Ministerpräsidentenposten zu krönen.

    BSW als neue Konkurrenz für CDU

    Doch mobilisieren konnte in Thüringen vor allem das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Eine Partei, die es hier erst seit März gibt und die mit 80 Mitgliedern auch der CDU Wählerpotenzial und Hoffnung abgräbt. In Umfragen ist das BSW mit 19 Prozent aus dem Stand fast auf Augenhöhe mit der CDU. Und das bringt Voigt in die Bredouille.
    Der Partei, die Thüringen einst sogar allein regierte, gehen die Partner aus. Mit der Linken darf es im Zuge der Brandmauer-Debatte laut Parteibeschluss keine Zusammenarbeit geben, mit der AfD auch nicht. Die FDP ist laut Umfragen wahrscheinlich nicht mehr im Erfurter Landtag, genauso wie die Grünen - und die SPD liegt derzeit gefährlich nah an der 5-Prozentmarke.

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    Bündnis Sahra Wagenknecht als einzige Koalitionsoption?

    Auf jeden Fall aber bräuchte die CDU das BSW, das Voigt "eine Blackbox" nennt. "Wenn man BSW wählt, weiß man gar nicht, was man bekommt", sagt er. Und in der Thüringer CDU wissen viele auch nicht, was sie von der Partei aus ehemaligen Linken und Politik-Neulingen halten sollen, und ob Sahra Wagenknecht mit ihren Forderungen zur Außenpolitik eine Koalitionsbeteiligung in Thüringen nicht unmöglich macht.

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    CDU als Koalitionspartner unter Katja Wolf?

    Und falls das BSW sogar mehr Prozente als die CDU einfahren würde - würde die CDU eine Katja Wolf vom BSW als Ministerpräsidentin wählen? Wie in dieser Gesamtkonstellation überhaupt eine Regierungsbildung zustande kommen soll, dazu gibt es bei allen Parteien mehr Fragen als Antworten.
    Während der Wahltag immer näher rückt, hatte Voigt zuletzt Plagiatsvorwürfe, die mitten im Wahlkampf gegen seine Dissertation erhoben wurden, entschieden zurückgewiesen. Bereits im Frühjahr habe ein Experte seine Dissertation überprüft. In der Thüringer Staatskanzlei wird unterdessen eifrig gebaut. Das barocke Gebäudeensemble inklusive des Erkers der Ministerpräsidenten-Büros ist eingerüstet. Seit Monaten wird saniert. Es wird wohl auch nach dem 1. September eine Baustelle bleiben.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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