Macron vs. Scholz? Berlin sagt: "Nicht so dramatisch"

    Streit über Ukraine-Bodentruppen:Macron vs. Scholz: "Nicht so dramatisch"

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
    |

    Bodentruppen für die Ukraine? Am Tag nach dem Rumms zwischen Frankreich und Deutschland dämpft die Bundesregierung den Streit. "Nicht so dramatisch", so Sprecher Hebestreit.

    22.1.2023, Paris: Olaf Scholz und Emmanuel Macron stehen mit tristen Blicken nebeneinander.
    Die Stimmung zwischen Deutschland und Frankreich war schon einmal besser: Olaf Scholz (r.) und Emmanuel Macron.
    Quelle: zdf

    Am Tag danach ist die Bundesregierung bemüht, die Emotionen herunterzukochen. Streit zwischen Olaf Scholz und Emmanuel Macron? Der eine gegen, der andere für westliche Bodentruppen in der Ukraine? Deutscher Bremser gegen französischen Tempomacher? Regierungssprecher Steffen Hebestreit plädiert für Gelassenheit.

    Das ist nicht weiter dramatisch.

    Steffen Hebestreit, Sprecher der Bundesregierung

    Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hatte am Montag bei einer Konferenz in Paris dafür plädiert, westliche Bodentruppen in der Ukraine zur Unterstützung in dem Krieg gegen Russland nicht auszuschließen. Scholz saß auch auf dieser Konferenz - und sah sich hinterher gezwungen klarzustellen: "Es wird keine Bodentruppen europäischer Staaten oder der Nato geben. Das gilt."
    Macron lädt zu Unterstützer-Konferenz für die Ukraine
    Bundeskanzler Scholz bleibt bei seinem Nein zur Taurus-Lieferung an die Ukraine. Frankreichs Präsident hingegen will nun sogar den Einsatz von Bodentruppen nicht mehr ausschließen.27.02.2024 | 3:25 min

    Hakeleien zwischen beiden Ländern

    Sprecher Hebestreit betonte nun, "niemand" habe sich auf der Konferenz mit 21 Staaten hinter Macrons Vorschlag gestellt. Von daher sei es "in Ordnung", dass Frankreich in diesem Punkt eine andere Meinung habe. Eine grundsätzliche Auswirkung auf das deutsch-französische Verhältnis habe dies nicht. Es gehe nur "um eine Sachfrage". Ansonsten sei man sich bei der Unterstützung der Ukraine einig gewesen.
    Beide Länder verteilen seit längerem gegenseitig Spitzen, wer die Ukraine stärker unterstützt. Scholz betont häufig, dass Deutschland nach den USA der zweitgrößte Geldgeber ist - und wirft Frankreich damit indirekt vor, zu wenig zu tun. Macron hatte am Montagabend, als Scholz schon auf den Weg zurück nach Berlin war, gesagt, dass "manche" ja zu Beginn des Krieges nur "Schlafsäcke und Helme" liefern wollten.
    Diana Zimmermann und Thomas Walde
    Macron dachte am Montag laut über eine Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine nach, Scholz lehnt das ab. Diana Zimmermann und Thomas Walde berichten über die Hintergründe. 27.02.2024 | 2:12 min
    Schlimm findet die Bundesregierung offenbar auch diese Hakelei nicht. Als "deutschlandkritisch" habe er diese Bemerkung nicht wahrgenommen, so Hebestreit. Bis 2025 werde Deutschland 28 Milliarden Euro für die Ukraine ausgeben. Man sei deswegen entspannt und dürfe nicht beleidigt sein:

    Man darf nicht so schnell muksch werden, wie man in Norddeutschland sagt.

    Steffen Hebestreit, Sprecher der Bundesregierung

    "Riesenproblem für Sicherheit": Hofreiter kritisiert Scholz

    Unumstritten ist die Interpretation von Scholz nicht. Auch nicht in der eigenen Koalition. Grünen-Außenpolitiker Anton Hofreiter kritisierte den Kanzler im ZDF scharf: Das Verhältnis der beiden sei "offensichtlich zutiefst zerrüttet". Das sei ein "Riesenproblem für die Europäische Union" und "ein Riesenproblem für unsere Sicherheit".
    Hofreiter warf beiden Regierungschefs "Fahrlässigkeit" vor: Macron wegen seines "Geredes" über Bodentruppen und Scholz, weil er weiter die Marschflugkörper Taurus nicht zur Unterstützung der Ukraine schicken wolle. Seine unzureichende Begründung sei gegenüber Russlands Präsident Wladimir Putin "eine Geste der Schwäche", so Hofreiter.
    Hofreiter: Mit "Stärke und Klarheit" gegen Putin
    Frontalangriff auf Olaf Scholz: Grünen-Politiker Hofreiter nennt die Absage des Kanzlers an Taurus für Kiew "unverantwortlich". Außerdem sei das Verhältnis zu Frankreich zerrüttet.27.02.2024 | 6:14 min
    Es sei zwar richtig, dass Frankreich mehr für die Unterstützung der Ukraine tun könne, man dürfe aber Frankreich nicht öffentlich "bloßstellen", sagte Hofreiter. Zumal nicht, "wenn man selbst so große Schwächen zeigt wie Scholz".

    In der Auseinandersetzung mit Putin brauchen wir nicht so kindische Streitereien, sondern Führungskraft. Und die hat der Kanzler mal wieder nicht gezeigt.

    Anton Hofreiter, Grüne

    Hofreiter kritisiert Scholz' Begründung, die Taurus-Raketen nicht zu schicken. Es sei falsch, dass man für deren Einsatz Bundeswehrsoldaten brauche. Genau damit und mit der Sorge, der Krieg könne sich ausweiten, hatte Scholz die Ablehnung gerechtfertigt.

    Lettland gegen kategorisches Nein zu Bodentruppen

    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprang am Mittwoch dem Kanzler zur Seite. Bodentruppen seien "keine Option" für Deutschland. Er hoffe, dass die Diskussion nun vom Tisch sei.

    Dazu ist alles gesagt.

    Boris Pistorius, Bundesverteidigungsminister

    Vielleicht aus deutscher Sicht, aus europäischer nicht von allen. Lettland, das mit Russland eine Grenze teilt, lehnt einen Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine nicht grundsätzlich ab. Es würden weitere Möglichkeiten geprüft, wie die Ukraine unterstützt werden könne, sagte ein Sprecher des lettischen Verteidigungsministeriums: "Sollte es zu einer Einigung der Nato-Verbündeten über die Entsendung von Truppen in die Ukraine kommen, würde Lettland eine Teilnahme in Betracht ziehen."
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

    Mehr zur Debatte über Bodentruppen