Ex-Verfassungsschützer Maaßen: Extremist unter Beobachtung?

    FAQ

    Ex-Präsident der Behörde:Wird Maaßen vom Verfassungsschutz beobachtet?

    Samuel Kirsch
    von Samuel Kirsch
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    Der Verfassungsschutz hat umfangreiche Informationen über Hans-Georg Maaßen gesammelt. Ist Maaßen für die Behörde, die er einst leitete, ein mutmaßlicher Rechtsextremist?

    Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen (Archiv).
    Der Verfassungsschutz hat nach Medienberichten seinen Ex-Präsidenten Hans-Georg Maaßen im Blick. (Archiv)
    Quelle: dpa

    Es ist eine wahrlich eigenartige Konstellation: Das Bundesamt für Verfassungsschutz nimmt offenbar den Mann ins Visier, der sechs Jahre lang an seiner Spitze stand. Ein ehemaliger oberster Verfassungsschützer nunmehr im Verdacht, selbst die Verfassung zu bekämpfen? Darüber berichtet hatten zuerst das ARD-Magazin "Kontraste" und das Nachrichtenportal "t-online".

    Was ist zur Causa Maaßen bekannt?

    Nach den Recherchen soll das Bundesamt für Verfassungsschutz Maaßen im nachrichtendienstlichen Informationssystem des Verfassungsschutzes im Bereich Rechtsextremismus gespeichert haben. Dabei handelt es sich um eine Datenbank, die dem Austausch von Informationen zwischen dem Bundesverfassungsschutz und den Verfassungsschutzbehörden der Bundesländer dient.
    Maaßen selbst hat beim Bundesamt im August letzten Jahres eine Anfrage zu über ihn gespeicherten Daten gestellt und das Antwortschreiben nach Bekanntwerden der Recherchen über die Plattform X, ehemals Twitter, veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass die Behörde umfangreich Äußerungen Maaßens in Zeitungsartikeln, über soziale Medien, in Interviews oder Reden sowie Medienberichte gesammelt und gespeichert hat. Das Bundesamt selbst will sich zum Schutz von Persönlichkeitsrechten nicht zum Fall äußern.
    Collage Maaßen mit Portrait, Überwachungskameras, Schlagworte.
    Als oberster Verfassungsschützer sollte Hans-Georg Maaßen die Demokratie schützen – heute trifft der CDU-Politiker internationale Ultrarechte, teilt Verschwörungstheorien.05.07.2023 | 29:30 min

    Wird Maaßen damit vom Verfassungsschutz beobachtet?

    Diese Frage lässt sich auf Grundlage der Informationen, die bekannt sind, nicht sicher beantworten. Klar ist: Der Verfassungsschutz hat aus allgemein zugänglichen Quellen Informationen über Hans-Georg Maaßen gesammelt und gespeichert. Die große Frage jedoch: Sieht das Bundesamt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass Maaßen extremistisch ist - dann wäre er ein echtes "Beobachtungsobjekt".
    Oder prüft das Amt bislang lediglich, ob es genügend Anhaltspunkte gibt, um eine echte Beobachtung einzuleiten? Auch für diese Erforschung wäre es rechtlich bereits zulässig, personenbezogene Daten in Dateien zu speichern. Allein daraus, dass Maaßen in der nachrichtendienstlichen Datenbank auftaucht, lässt sich also noch nicht ableiten, ob das Bundesamt genügend Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen sieht.

    Wann darf der Verfassungsschutz Akteure beobachten?

    Der Verfassungsschutz kann nicht nur Gruppierungen wie etwa politische Parteien, sondern auch Einzelpersonen beobachten. "Die Hürden dafür sind im Vergleich zu Personenzusammenschlüssen insofern höher, als der Einzelperson Anhaltspunkte dafür, dass sie sich verfassungsfeindlich betätigt, individuell nachgewiesen werden müssen", erklärt Professor Markus Ogorek, Experte für Verfassungsschutzrecht an der Universität zu Köln.

    Drei Fragen sind ausschlaggebend für die Entscheidung, eine Partei zum Beobachtungsobjekt zu erklären:

    1. Richtet sie sich gegen Menschenwürde und Demokratie?
    2. Wie groß ist der Einfluss extremistischer Strömungen innerhalb der Partei auf die Partei als Ganzes?
    3. Und wie steht es um Verbindungen zu extremistischen Organisationen oder gar um personelle Überschneidungen, also etwa Doppelmitgliedschaften?

    Im Umkehrschluss bedeutet das: Sollte der Verfassungsschutz Maaßen tatsächlich beobachten, geht das Amt offenbar davon aus, dass sein ehemaliger Präsident als Person mit seinen politischen Aktivitäten Anhaltspunkte dafür liefert, sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu richten. Ogorek erklärt:

    Dazu müssten dem Bundesamt tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Maaßen selbst darauf gerichtet ist, ein Element der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen oder außer Geltung setzen zu wollen. Dies stellt eine keineswegs unerhebliche Hürde dar.

    Markus Ogorek, Experte für Verfassungsschutzrecht der Universität zu Köln

    Was sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung?

    Damit gemeint sind zielgerichtete Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Es genügt also nicht, dass eine Person kritische Meinungen zur Verfassung äußert, sondern es braucht Aktivitäten - wie etwa politische Konzepte oder das Werben um Unterstützung dafür -, die darauf ausgerichtet sind, zentrale Verfassungsgüter abzuschaffen.
    Dazu zählen unter anderem die im Grundgesetz verankerten Menschenrechte wie der Grundsatz, dass alle Menschen ungeachtet ihrer Herkunft und anderer Merkmale gleichberechtigt sind, außerdem Rechtsstaatlichkeit - konkret beispielsweise die Unabhängigkeit von Gerichten - und Demokratie, also zum Beispiel das Wahlrecht für alle Bürger.
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    Darf der Verfassungsschutz Maaßen überwachen?

    Sofern der Verfassungsschutz ausreichende Verdachtsmomente bejaht, kann er auch heimliche Maßnahmen zur Informationsbeschaffung einsetzen, etwa Telefonüberwachung oder Observationen. "Ginge man davon aus, Maaßen sei tatsächlich Beobachtungsobjekt, so stünden dem Bundesamt im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sogar nachrichtendienstliche Mittel gegen seinen früheren Präsenten zur Verfügung und er dürfte vermutlich auch im Verfassungsschutzbericht genannt werden", erklärt Markus Ogorek.

    Kann Maaßen gegen eine Beobachtung vorgehen?

    Wird Maaßen als Beobachtungsobjekt behandelt, kann er dagegen vor dem Verwaltungsgericht Köln klagen. In diesem Falle würde das Gericht überprüfen, ob die Anhaltspunkte für extremistische Aktivitäten ausreichen, um Maaßen zu beobachten.
    Samuel Kirsch ist Teil der ZDF-Redaktion Recht & Justiz.
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