Forderung von Allianz-Chef:Debatte um Lohnzahlung am ersten Krankheitstag
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Allianz-Chef Oliver Bäte empfiehlt, die Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag zu streichen. Aus der Wirtschaft kommt Zustimmung, die Gewerkschaften sind entrüstet.
Als Reaktion auf den steigenden Krankenstand von Erwerbstätigen könnte die Lohnzahlung am ersten Krankheitstag ausgesetzt werden. Kritik kommt vom Deutschen Gewerkschaftsbund. 07.01.2025 | 1:37 min
Der Chef des Versicherungskonzerns Allianz, Oliver Bäte, hat angesichts des hohen Krankenstands in Deutschland vorgeschlagen, den sogenannten Karenztag bei Krankmeldungen wieder einzuführen.
Dieser Karenztag war in den 70er Jahren abgeschafft worden. Der DGB nannte den Vorschlag "zutiefst ungerecht".
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Bäte: "Deutschland Weltmeister bei Krankmeldungen"
Arbeitnehmer in Deutschland seien im Schnitt 20 Tage pro Jahr krank, während der EU-Schnitt bei acht Krankheitstagen liege, sagte Bäte gegenüber dem "Handelsblatt". "Deutschland ist mittlerweile Weltmeister bei den Krankmeldungen. Das erhöht die Kosten im System."
Arbeitgeber in Deutschland zahlten pro Jahr 77 Milliarden Euro Gehälter für kranke Beschäftigte. Von den Krankenkassen kämen weitere 19 Milliarden Euro. Das entspreche rund sechs Prozent der gesamten Sozialausgaben; EU-weit liege der Durchschnitt bei etwa 3,5 Prozent.
Für die Wiedereinführung von Karenztagen wie in anderen Ländern hatte sich kürzlich auch die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, ausgesprochen. Bäte nannte als Beispiele Schweden, Spanien oder Griechenland.
Der IG Metall zufolge muss - je nach Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag - innerhalb von drei Kalendertagen (auf Verlangen des Arbeitgebers früher) eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegen. Wegen einer nicht rechtzeitig ärztlichen Feststellung und einer demzufolge zu spät abgegebenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer abmahnen. Im Einzelfall kann er die Arbeitsunfähigkeit bestreiten oder die Entgeltzahlung verweigern.
Zustimmung für Bäte aus der Wirtschaft
Der Sozialexperte Bernd Raffelhüschen sagte der "Bild"-Zeitung (Dienstag): "Die Einführung eines unbezahlten Krankheitstages ist ein sinnvoller Vorschlag und sollte von der nächsten Regierung zügig umgesetzt werden."
Auch Mercedes-Chef Ola Källenius unterstützt den Vorschlag. "Der hohe Krankenstand ist ein Problem für die Unternehmen. Wenn unter gleichen Produktionsbedingungen der Krankenstand in Deutschland teils doppelt so hoch ist wie im europäischen Ausland, hat das wirtschaftliche Folgen", sagte er "Bild".
DGB und IG-Metall kritisieren Bäte scharf
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel widersprach mit scharfen Worten, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sei ein soziales Schutzrecht, das ab dem ersten Krankheitstag gilt.
"Nur so ist gewährleistet, dass kranke und erholungsbedürftige Beschäftigte tatsächlich gesund werden können." Immer mehr Menschen würden trotz Krankheit arbeiten, erklärte Piel. Präsentismus, also krank bei der Arbeit zu erscheinen, sei branchenübergreifend weit verbreitet. Präsentismus schade aber nicht nur der eigenen Gesundheit, sondern führe auch zur Ansteckung von Kolleginnen und Kollegen. Die wirtschaftlichen Folgekosten seien etwa doppelt so hoch wie die Kosten krankheitsbedingter Fehlzeiten.
Außerdem: "Wer krank zur Arbeit kommt, erhöht die Gefahr für Unfälle und Fehler, die zu Produktivitätsverlusten führen und die Unternehmen erst recht teuer zu stehen kommen können."
Die IG Metall bezeichnete es laut dem Sender als unverschämt und fatal, den Beschäftigten Krankmacherei zu unterstellen.
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Piel: "Zutiefst ungerecht"
Piel kritisierte den Vorschlag aus der Wirtschaft als zutiefst ungerecht: Finanzielle Auswirkungen einer alternden Gesellschaft gehörten keinesfalls alleine auf den Rücken der Beschäftigten, "um im Umkehrschluss Arbeitgeber zu entlasten, Boni für Vorstände zu sichern und Dividenden der Shareholder zu steigern", betonte sie. Ein leistungsfähiger und solidarischer Sozialstaat sei Garant für gesellschaftlichen Frieden und Demokratie im Land.
Der Allianz-Manager sprach sich zudem dafür aus, Gesundheitsleistungen zu kürzen. "Wir müssen darüber sprechen, was wir uns in einer alternden Gesellschaft noch leisten können." Allein die gesetzlichen Krankenkassen hätten im vergangenen Jahr 289 Milliarden Euro ausgegeben, die Beiträge stiegen Jahr für Jahr weiter. "Gleichzeitig steht Deutschland bei der Zahl der Arztbesuche auf Platz 7. Das ist doch irre", sagte Bäte der Zeitung.
Quelle: ZDF
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Quelle: AFP, dpa
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