Neue Protestform:Das will die "Letzte Generation" nun ändern
von Henriette de Maizière
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Vor dem Schloss Bellevue haben Aktivisten der "Letzten Generation" ihr weiteres Vorgehen erklärt. Gegenüber ZDFheute erklärt Sprecherin Carla Hinrichs die Hintergründe.
Eine Pressekonferenz von der sogenannten Letzten Generation heute vor dem Schloss Bellevue.
Quelle: dpa
Nachdem es in den vergangenen Monaten ruhiger geworden war um die Aktivistengruppe "Letzte Generation", hat sie heute ihr neues Konzept vorgestellt. Wenig konkret und seltsam zahm wirkt die neue Strategie. Man habe nach Wegen gesucht, bei denen alle mitmachen und so widerständig sind, wie sie können, heißt es.
"Letzte Generation" kündigt "Ungehorsamen-Versammlungen" an
Zuletzt hatte die Gruppe durch teils strafrechtlich relevante Aktionen von sich reden gemacht, etwa durch die Blockade von Autofahrerinnen und Autofahrern. Nun soll es ab Samstag, den 16. März, deutschlandweit in verschiedenen Städten "Ungehorsamen-Versammlungen" geben, wie sie es nennen.
Schon heute hat die "Letzte Generation" eine Erklärung an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verfasst. In ihr heißt es: "Wir stehen an einem entscheidenden Punkt in der Geschichte unserer Gesellschaft."
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Worum es bei den neuen Protestformen geht und was die Gruppe noch fordert, das erklärt Sprecherin Carla Hinrichs im Gespräch mit ZDFheute.
Quelle: dpa
... Mitglied der sogenannten "Letzten Generation" und eine Sprecherin der Gruppe. Die "Letzte Generation" erklärt, dass man sich im Klimanotfall befinde und fordert vor dem Hintergrund des Klimawandels mehr Klimaschutz. Im Gegensatz zu "Fridays for Future" beschränkten sich die Akteure zur Durchsetzung ihrer Ziele zuletzt nicht auf legale Mittel wie Streiks. Sie blockierten Straßen oder verunreinigten Kulturgüter.
ZDFheute: Die "Letzte Generation" kündigt einen Wechsel bei der Protestform an: Was wird jetzt anders?
Carla Hinrichs: Wir haben uns entschieden, Leute nochmal neu einzuladen. Dass Menschen also dazukommen können, indem wir unsere Protestformen angepasst haben. Wir gehen jetzt nicht mehr in vielen kleinen Straßenblockaden auf die Straße, sondern wir sagen jetzt:
Wo man auf dem Bürgersteig mit seinem Kind ein Bobbycar-Rennen veranstalten kann. Wo man eine Maske von Bundesminister Wissing trägt. Oder wo man auf der Straße sitzt und sagt:
Letzte Generation Ungehorsame Versammlungen
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ZDFheute: Ihre Gruppe hatte zuletzt große Kritik erfahren - beugt sich die "Letzte Generation" dem Druck von außen?
Hinrichs: Ich würde das auf gar keinen Fall als "beugen" bezeichnen. Sondern als einen logischen nächsten Schritt, nochmal Menschen einzuladen.
Anders als die Bundesregierung, sind wir in der Lage, uns zu verwandeln und anzupassen, uns zu verändern.
Die Klimaschützer*innen der "Letzten Generation" spalten. Wie weit darf Protest gehen?20.06.2023 | 28:52 min
ZDFheute: Mit der Erklärung an den Bundespräsident hofft Ihre Gruppe, dass er Sie unterstützt. Das hätte er aber doch schon längst tun können, wenn er gewollt hätte, oder?
Hinrichs: Wir hoffen, dass der Bundespräsident jetzt noch mal ganz konkret adressiert wird und dann auch wirklich seine Rolle einnimmt, die er eigentlich spielen müsste:
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ZDFheute: Neu ist auch, dass die "Letzte Generation" jetzt fürs EU-Parlament kandidieren will. Was ist da die Strategie hinter?
Hinrichs: Wir haben uns entschieden, unseren Protest in alle Bereiche unserer Gesellschaft zu tragen. Wir wissen, dass unser Protest irgendwann auch die Parlamente herausfordern muss, dass die dort das auch umsetzen müssen, was wir fordern. Und so haben wir uns gesagt:
ZDFheute: Als "Letzte Generation" spricht die Gruppe nun auch von "Ehrlichkeit" - was ist damit gemeint?
Hinrichs: Ehrlichkeit bedeutet für uns wirklich auszusprechen, was hier gerade auf dem Spiel steht. Auch ehrlich auszusprechen, dass das nicht durch Reformen oder irgendwelche Technologien, die wir uns erträumen, geregelt werden wird. Sondern, dass es wirklich eine fundamentale Änderung braucht.
ZDFheute: Warum ist das Klima-Thema so aus dem politischen Fokus geraten?
Hinrichs: Wir sehen, dass sich die Krisen gerade überschlagen. Und das natürlich in verschiedensten Formen wirklich Krisenverhältnisse auf uns einprasseln. In unserer Erklärung sagen wir ganz klar: "Wir müssen all diese Krisen zusammen denken und zusammen auch angehen." Und das große ganze Bild im Blick behalten.
Dementsprechend glaube ich, dass wir, wenn wir dieses große Bild sehen, dass wir dann auch wieder die Aufmerksamkeit darauf generieren können. Es war jetzt ein bisschen leiser um uns die letzten zwei Monate. Die Frage ist:
Henriette de Maizière ist Reporterin im Landesstudio Berlin.
03.08.2020 | 1:12 min
Kipppunkte sind erdsystemische Ereignisse von globaler Auswirkung, die nach menschlichem Ermessen nicht rückgängig gemacht werden können und den Klimawandel deutlich vorantreiben. Gefährliche Kipppunkte sind:
- das Auftauen der Permafrostböden in den nördlichen Breiten (Sibirien, Alaska, Kanada)
- das Abschmelzen der Landeismassen auf Grönland
- das Abholzen der Regenwälder Amazoniens
- die Veränderung des Golfstroms
- die Sättigung der Ozeane mit CO₂
11.10.2021 | 1:25 min
In den dauerhaft gefrorenen Böden, den Permafrostböden, sind große Mengen organisches Material, also abgestorbene Pflanzen, enthalten. Tauen die Böden aufgrund der Erwärmung auf, verrottet das Pflanzenmaterial durch den Einfluss des Luftsauerstoffs, das Treibhausgas Methan wird freigesetzt. Methan hat ein rund 20-fach stärkeres Klimaerwärmungspotenzial als CO₂, hält sich aber mit rund zehn Jahren vergleichsweise kurz in der Atmosphäre.
Dennoch: Wenn eine genügend große Menge Methan nahezu zeitgleich frei wird, könnte sich die Erderwärmung drastisch beschleunigen. Tauende Permafrostböden werden bereits seit vielen Jahren beobachtet, die Methanmengen sind aber noch zu gering, um den Klimawandel merklich zu beeinflussen.
Dennoch: Wenn eine genügend große Menge Methan nahezu zeitgleich frei wird, könnte sich die Erderwärmung drastisch beschleunigen. Tauende Permafrostböden werden bereits seit vielen Jahren beobachtet, die Methanmengen sind aber noch zu gering, um den Klimawandel merklich zu beeinflussen.
09.11.2023 | 0:46 min
Ein internationales Team der University Leeds hat die Daten von 17 Satelliten-Missionen und 50 Messkampagnen ausgewertet. Das Ergebnis dieser neuen Eisbilanz zeigt (Stand 2023), wie viel die Eisschilde Grönlands und der Antarktis seit 1992 verloren haben.
Im Detail:
Im Detail:
- Sowohl Grönland als auch die Antarktis verlieren so viel Eis wie noch nie seit Beginn der Messungen. In beiden Regionen beschleunigt sich das Abtauen rapide.
- Grönlands Eismasse hat seit 1992 um 4,8 Billionen Tonnen abgenommen. Im Schnitt lag die Abtaurate bei 169 Milliarden Tonnen Eis pro Jahr. Im Rekordjahr 2019 waren es dagegen 444 Milliarden Tonnen.
- Die Antarktis hat zwischen 1992 und 2020 gut 2,6 Billionen Tonnen Eis verloren. Weil die sehr kalten und hoch gelegenen zentralen und östlichen Teile der Antarktis bisher noch relativ stabil sind, tragen vor allem die rapide schrumpfenden Küstengletscher der Westantarktis zum Abtauen bei.
- Seit 1992 haben Grönland und die Antarktis den Meeresspiegel um 21 Millimeter erhöht. Knapp zwei Drittel des Schmelzwassers stammten dabei aus Grönland, wie die Auswertungen ergaben. Die Eisschmelze in Grönland und der Antarktis ist damit inzwischen für 25,6 Prozent des Pegelanstiegs verantwortlich.
18.08.2021 | 4:57 min
Der Amazonas-Regenwald nimmt gewaltige Mengen Wasser auf und verdunstet es wieder. In der Atmosphäre bilden sich regelrechte Feuchtigkeitsflüsse, die auch die Niederschläge in Europa beeinflussen.
Intakte Wälder sind CO₂-Senken. Die Bäume nehmen CO₂ aus der Atmosphäre auf, per Photosynthese wird es in Kohlenstoff (C) und Sauerstoff (O) gespalten. Der Kohlenstoff dient dem Holzwachstum, der Sauerstoff wird frei. Derzeit sind bereits rund 17 Prozent der Amazonas-Regenwaldflächen abgeholzt. Sind etwa 25 Prozent erreicht, dann stirbt der Regenwald auch ohne Rodung langsam ab, weil die Feuchtigkeit fehlt. Eine wichtige CO₂-Senke wäre verloren.
Intakte Wälder sind CO₂-Senken. Die Bäume nehmen CO₂ aus der Atmosphäre auf, per Photosynthese wird es in Kohlenstoff (C) und Sauerstoff (O) gespalten. Der Kohlenstoff dient dem Holzwachstum, der Sauerstoff wird frei. Derzeit sind bereits rund 17 Prozent der Amazonas-Regenwaldflächen abgeholzt. Sind etwa 25 Prozent erreicht, dann stirbt der Regenwald auch ohne Rodung langsam ab, weil die Feuchtigkeit fehlt. Eine wichtige CO₂-Senke wäre verloren.
02.03.2021 | 6:17 min
Der Golfstrom transportiert warmes Oberflächenwasser aus den Subtropen bis in die Arktis. Gleichzeitig strömt kaltes Tiefenwasser von Norden nach Süden. Insgesamt sorgt diese Golfstromzirkulation in West- und Nordeuropa für ein mildes Klima.
Die Klimaerwärmung lässt nun arktische Eismassen schmelzen, das Süßwasser verändert den Salzgehalt im Meerwasser, die Dichte nimmt ab, das Wasser wird leichter und sinkt demzufolge weniger tief ab. Dadurch - so meinen Wissenschaftler - verlangsame sich die Zirkulation des Golfstroms. Geht dieser Prozess weiter, würde die Durchschnittstemperatur in Nord- und Westeuropa deutlich sinken, Niederschläge würden zunehmen und das maritime Ökosystem würde sich mit nicht absehbaren Folgen verändern.
Die Klimaerwärmung lässt nun arktische Eismassen schmelzen, das Süßwasser verändert den Salzgehalt im Meerwasser, die Dichte nimmt ab, das Wasser wird leichter und sinkt demzufolge weniger tief ab. Dadurch - so meinen Wissenschaftler - verlangsame sich die Zirkulation des Golfstroms. Geht dieser Prozess weiter, würde die Durchschnittstemperatur in Nord- und Westeuropa deutlich sinken, Niederschläge würden zunehmen und das maritime Ökosystem würde sich mit nicht absehbaren Folgen verändern.
Ozeane speichern bisher rund ein Drittel der menschengemachten CO₂-Emissionen. Doch irgendwann ist auch dieser gigantische Speicher voll. Ist das der Fall, würde das CO₂ in der Atmosphäre bleiben und den Klimawandel beschleunigen. Also bremsen die Meere den Klimawandel derzeit noch.
Aber: CO₂ wird im Meerwasser gelöst, es entsteht Kohlensäure, das Wasser versauert. Ein hoher Säuregehalt schädigt die Kalkskelette der Korallen. Auch Muscheln und Krebse könnten keine stabilen Gehäuse mehr bilden. Hinzu kommt die Erwärmung der Weltmeere. Das Ökosystem rund um Korallenriffe ist ernsthaft gefährdet. Das sogenannte Korallensterben wurde bereits an mehreren Hotspots der Weltmeere nachgewiesen.
Aber: CO₂ wird im Meerwasser gelöst, es entsteht Kohlensäure, das Wasser versauert. Ein hoher Säuregehalt schädigt die Kalkskelette der Korallen. Auch Muscheln und Krebse könnten keine stabilen Gehäuse mehr bilden. Hinzu kommt die Erwärmung der Weltmeere. Das Ökosystem rund um Korallenriffe ist ernsthaft gefährdet. Das sogenannte Korallensterben wurde bereits an mehreren Hotspots der Weltmeere nachgewiesen.
Treten die Kipppunkte ein, besteht nach Meinung der Klimaforscher die Gefahr, dass abrupte, drastische Klimaänderungen die Anpassungsmöglichkeiten der menschlichen Gesellschaft übersteigen. Folge könnten weitreichende Verwüstungen sein, eine Ernährungskrise oder eine ernsthafte Gefährdung der Trinkwasserversorgung. Teile der Erde würden unbewohnbar, Flüchtlingsbewegungen gigantischen Ausmaßes kämen in Gang.
Einen exakten Grenzwert, ab welchem globalen Temperaturniveau Kipppunkte überschritten werden, können Klimawissenschaftler nicht angeben. Daher werden statistische Temperaturkorridore festgelegt, in dem das Risiko für das Erdsystem wächst.
von Christine Elsner, ZDF-Umweltredaktion
Einen exakten Grenzwert, ab welchem globalen Temperaturniveau Kipppunkte überschritten werden, können Klimawissenschaftler nicht angeben. Daher werden statistische Temperaturkorridore festgelegt, in dem das Risiko für das Erdsystem wächst.
von Christine Elsner, ZDF-Umweltredaktion
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