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"Lanz" nach Angriff in München:Bröcker wirft Faeser "Realitätsleugnung" vor
von Felix Rappsilber
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"Lanz"-Debatte zu Münchener Angriff: Journalist Bröcker wirft der Regierung "politisches Versagen" vor. Kolumnistin Rennefanz fühlt sich als Bürgerin von der Politik "veräppelt".
"Wieder ein abgelehnter Asylbewerber, wieder ein Afghane, wieder ein Mensch, der hier Schutz gesucht hat und der sich gegen die Gesellschaft gewendet hat" - Spiegel-Kolumnistin Sabine Rennefanz zeigte sich angesichts des mutmaßlichen Anschlags in München "total geschockt".
Sie befürchtete am Donnerstagabend bei "Markus Lanz", dass sich der Bundestagswahlkampf nun noch stärker um Migration und "eben nicht um Pflege, nicht um Bildung, nicht um die anderen Themen" drehe, dass er "noch polarisierter" verlaufe.
Austauschbare politische Statements
Rennefanz sagte: "Ich hoffe, dass die demokratischen Parteien das schaffen, was sie bisher nicht gemacht haben, sich irgendwie zusammenzuraufen." Auch wenn es diese Taten nicht rückgängig mache, müsse ein Signal kommen, "dass wir uns in irgendeiner Weise für die Zukunft besser aufstellen".
Michael Bröcker, Chefredakteur von "Table.Media", nehme nicht mehr Wut, sondern Ohnmacht wahr:
Die [politischen] Statements sind austauschbar. Einer hat heute geschrieben: 'Das ist fast Copy-und-Paste-Trauer'.
Michael Bröcker, Chefredakteur von "Table.Media"
Rennefanz pflichtete bei: "Wenn man Olaf Scholz hört, 'Wir müssen alles tun, jetzt mal durchgreifen!', kommt man sich doch als Bürger total veräppelt vor, weil man das wirklich ritualhaft hört."
Bröcker: Täter radikalisieren sich in Deutschland
Bröcker wolle nicht pauschalisieren, dennoch seien die Anschläge immer wieder auf die gleiche Ausgangslage zurückzuführen: "Es kommen zu viele. Es kommen zu viele junge Männer. Es kommen zu viele, die sich hier radikalisieren."
90 Prozent aller islamistischen Täter der letzten acht Jahre in Deutschland hätten sich hierzulande radikalisiert. Bröcker erklärte: "Ganz wenige, nur 0,002 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland in den letzten acht Jahren sind irgendwie dschihadistisch, islamistisch auffällig gewesen (...), aber wenn es eine Tat war, dann waren es zu 90 Prozent Asylbewerber."
Weil uns jede einzelne Tat so sehr und so lange beschäftige, "müssen wir dazu kommen, dass wir eine Kontrolle, eine Steuerung und eine präventive Art des Screenings dieser Personen, die da kommen, irgendwie hinbekommen".
Precht: Nicht mit den Fingern schnipsen
Philosoph Richard David Precht prognostizierte "Veränderungen auf der Gesetzesebene" nach der Bundestagswahl:
Ich glaube, dass wir es schaffen werden, straffällig gewordene Täter zurückzubringen in ihre Heimatländer. Ich könnte mir vorstellen, wir werden Abkommen mit Afghanistan aushandeln.
Richard David Precht, Philosoph
Aber: "Wir werden uns nicht grundsätzlich davor schützen können. Und das ist natürlich völliger Blödsinn, den Alice Weidel erzählt - wenn die AfD regieren würde, könnte sowas nicht passieren."
Wir sollten realistische Erwartungen an notwendige Veränderungen hegen und "nicht glauben, wir könnten mit den Fingern schnipsen, wir ändern die Gesetze und dann kann sowas nicht mehr passieren".
"Puzzlestücke des politischen Versagens"
Bröcker kritisierte daraufhin "Puzzlestücke des politischen Versagens": "Der Politiker unterschreibt den Satz, den Schaden vom Volk abzuwenden und man hat das Gefühl, sie tun es nicht. Sie versuchen es nicht maximal."
Vor dem mutmaßlichen Münchener Anschlag habe Bundesinnenministerin Nancy Faeser im "Table.Media"-Podcast gesagt, sie sei stolz darauf, dass sie die "entschiedenste und härteste Migrationspolitikerin" sei. So viel "Realitätsleugnung" könne Bröcker "gar nicht mehr kommentieren": "Diese Frau ist in ihrem Amt überfordert. Diese Regierung ist überfordert und sie kommuniziert nicht mal mehr ehrlich diese Überforderung."
Genau diese Ehrlichkeit forderte er: "Sie sollten wenigstens sagen: 'Es ist kompliziert. Wir werden es so schnell nicht hinbekommen. Wir haben Fehler gemacht, auch wir in dieser Regierung, aber auch die Vorgänger. Es dauert. Es ist mühsam.'"
Quelle: dpa
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