Nach Kritik an Krankenhausreform:Lauterbach wettert gegen "Lobbyisten"
von Pierre Winkler
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Nach harscher Kritik diverser Ärzteverbände an seiner geplanten Krankenhausreform wehrt sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Die Reform werde auch gegen Widerstände kommen.
Sehen Sie hier die gesamte Sendung"Markus Lanz" vom 15. Mai 2024 zur Krankenhausreform und der Kritik an ihr.15.05.2024 | 65:02 min
Je näher Karl Lauterbachs Krankenhausreform rückt, desto lauter wird der Protest dagegen. Während das Bundeskabinett am Mittwoch dem Entwurf des Bundesgesundheitsministers zustimmte, warnte etwa Christoph Straub, Vorstandschef der Krankenkasse Barmer, vor einer "massiven Kostenlawine" für die Beitragszahler.
Susanne Johna, Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, nannte es "völlig inakzeptabel, dass ein solcher Großversuch ohne flächendeckendes Versorgungskonzept, ohne vorherige Bedarfsanalyse und ohne Folgenabschätzung auf den Weg gebracht werden soll". Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, sah gar die "Stabilität der Krankenhausversorgung in Deutschland" bedroht.
Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Lauterbach zur Reform des Krankenhauswesens gebilligt. Von Kliniken, Krankenkassen und Ländern hagelt es Kritik.15.05.2024 | 2:39 min
Kritik an Lauterbach nur von Lobbyisten?
Und schon zu Beginn des Jahres hatte Michael Weber, Präsident des Verbands leitender Krankenhausärzte, Lauterbach "Erpressung" vorgeworfen, weil dieser bei seinem Gesetz Transparenz für Patienten mit der finanziellen Sicherheit von Kliniken verbinde.
"Das sind alles, bei allem Respekt, Lobbyisten", wandte Lauterbach am Mittwochabend bei Markus Lanz ein, als er mit diesen zahlreichen Vorwürfen konfrontiert wurde. Für die Journalistin Antje Höning unverständlich:
"Die haben jahrelang am Bett gestanden und leiten jetzt die Leute an, die noch am Bett stehen", so Höning weiter.
Seit Juli 2022 gab es fast 50 Klinik-Insolvenzen, meist auf dem Land, aber auch in den Städten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnt vor einem „kalten Strukturwandel“.14.03.2024 | 2:51 min
Lauterbach will "Politik für praktisch tätige Ärzte"
Lauterbach blieb dennoch bei seiner Einschätzung. Und an dieser Stelle wurde der SPD-Politiker noch grundsätzlicher. Deutschland habe das teuerste Gesundheitssystem in Europa mit "riesigen Problemen" von fehlender Digitalisierung über kriselnde Kliniken bis hin zu Praxen, die nicht mehr besetzt werden könnten.
"Wie ist das gekommen? Haben wir nicht genug auf die Lobbyisten gehört? Absurd!", sagte Lauterbach.
In der "Gruppe der Praktiker" finde sein Gesetz dagegen viel Zustimmung. So stünden etwa die Gesellschaft für Kardiologie, die Arbeitsgemeinschaft der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften oder auch "viele Ärzteverbände" hinter der Reform. Bis auf die prominenten Verbände, die sich eben jetzt deutlich dagegen ausgesprochen haben.
Laumann wirft Lauterbach Wortbruch vor
Ähnliche Gegenwehr bekommt Lauterbach auch aus den Bundesländern, die seine Reform am Ende vor Ort umsetzen müssen. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte Lauterbach etwa "Wortbruch" vorgeworfen, sollte das Gesetz nicht zustimmungspflichtig in den Bundesrat gehen.
"Niemand hat an dem Gesetz, was die Länderminister angeht, mehr mitgearbeitet als Karl-Josef Laumann", sagte Lauterbach in Richtung seines CDU-Kollegen. Er habe erst kürzlich mit Laumann telefoniert: "Es wird intern nicht so heiß gegessen wie gekocht. Wir werden zum Schluss zusammenkommen."
Im ZDF bekräftigte NRW-Gesundheitsminister Laumann seine Kritik an der geplanten Reform.16.05.2024 | 4:40 min
Bei Qualitätssicherung soll Bund bestimmen
Mit der Reform sollen in Zukunft Patienten bestimmte komplizierte Operationen oder Behandlungen nur noch in spezialisierten Kliniken bekommen und nicht mehr in kleineren Häusern, um die Qualität der Eingriffe zu erhöhen. "Da sind nicht alle Länder dafür, da werden wir aber nicht nachgeben", sagte Lauterbach.
Der Qualitätsaspekt seiner Reform sei ihm dafür viel zu wichtig. An anderen Stellen sei er jedoch "total beweglich", was Zugeständnisse an die Länder betreffe, etwa wenn es um die Frage gehe, welche ambulanten Behandlungen oder Pflegedienstleistungen in Zukunft in kleinen Krankenhäusern geleistet werden sollen.