Fiedler bei "Lanz": Harte Debatte um Kriminalstatistik
SPD-Politiker Fiedler bei "Lanz":Harte Debatte um Kriminalstatistik
von Pierre Winkler
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Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2023 enthält alarmierende Zahlen, findet Sebastian Fiedler. Bei der Analyse gerät er in eine hitzige Debatte mit dem Psychologen Ahmad Mansour.
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 10. April 2024.11.04.2024 | 44:10 min
5,5 Prozent mehr registrierte Straftaten als im Vorjahr, so viele wie seit 2016 nicht mehr. Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik des vergangenen Jahres, die Sebastian Fiedler zu der Aussage brachten, Deutschland sei "in Teilen unsicherer geworden".
Der SPD-Politiker und Kriminalhauptkommissar betonte am Mittwochabend bei "Markus Lanz" aber, für die Beurteilung der generellen Lage müsse er über einzelne Kriminalitätsphänomene sprechen. "Im Bereich der Drogenkriminalität ist das Land unsicherer geworden", sagte Fiedler als Beispiel.
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Statistik zu Ausländern gefüttert durch Vorurteile?
Viel Aufmerksamkeit hatte die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen bekommen, hier gab es einen Anstieg von 17,8 Prozent. Für die Kriminologin Nicole Bögelein hat das auch mit Vorurteilen zu tun.
Die Statistik fuße nämlich auf Taten, die Menschen anzeigten. Bei jemandem, "der anders ist, den ich als ausländisch lese", sei die Wahrscheinlichkeit, diese Person in bestimmten Situationen anzuzeigen, doppelt so hoch als "bei jemandem, den ich als deutsch lese". Das hätten Studien ergeben.
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Kriminelle Ausländer: Mansour spricht von "Ausreden"
Der Psychologe Ahmad Mansour wandte ein, so eine Betrachtungsweise lenke ab vom eigentlichen Problem. "Wenn in den Tätergruppen bestimmte Menschen mit bestimmten Sozialisationen häufiger aufgetreten sind, dann müssen wir über die Ursache sprechen", sagte er.
Der Debatte über straffällige Ausländer werde zu oft ausgewichen, Menschen wie er selbst würden in die rechte Ecke gestellt. Fiedler widersprach Mansour an dieser Stelle. "Dass wir seit Jahren keine Debatte darüber hätten, also da lebe ich in einer völlig anderen Welt", sagte er.
"Ich war in einer Regierungskommission für mehr Sicherheit in Nordrhein-Westfalen unter Armin Laschet, da haben wir ein ganzes Kapitel gemacht zu nichtdeutschen Tatverdächtigen." Außerdem könne er sich noch gut an die großen Diskussionen nach den sexuellen Übergriffen in der Kölner Silvesternacht 2015 erinnern.
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Fiedler kritisiert Özdemir
Doch auch den Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatten die aktuellen Zahlen "nachdenklich" gemacht, wie er bei der Plattform X (ehemals Twitter) schrieb und in dem Post forderte: "Wer nach Deutschland kommt, um Schutz zu suchen und hier straffällig wird, kann keine Nachsicht erwarten. Der muss unser Land wieder verlassen. Das kann man auch nicht als soziales Problem bagatellisieren."
Fiedler kritisierte seinen grünen Bundestagskollegen:
Die Kriminalstatistik tauge nicht "für solche überflüssigen Durchschnittsdiskussionen". Wenn man ein Problem erkläre, "ist es ja nicht eine Bagatellisierung, sondern man fragt nach den Ursachen, um sie anschließend abzustellen".
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Zu wenige Konsequenzen?
Eine solche Ursache sah Mansour in patriarchalen Strukturen und einer "undemokratischen Polizei" in "superautoritären" Ländern, aus denen viele Menschen nach Deutschland kämen. Hier machten sie dann die Erfahrung, "dass alles irgendwie durchgeht, dass sie kaum Konsequenzen spüren". Das sei eine "Einladung, weiterzumachen, weitere Straftaten zu begehen, frech zur Polizei zu sein, Polizisten anzugreifen".
Fiedler entgegnete: "Das diskreditiert jetzt aber ein bisschen die Polizeiarbeit und widerspricht der Statistik." Gäbe es keine Konsequenzen, würden die Straftaten gar nicht erst in der Polizeistatistik auftauchen. "Das Gegenteil ist Gott sei Dank der Fall", sagte Fiedler. "Die Polizei arbeitet sehr gut und sehr fleißig."