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Paket mit Union gefordert:Klingbeil: "Marschiere morgen ins Adenauer-Haus"
von M. C. Starke und F. Rappsilber
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Die Wirtschaft kann nicht bis zur Wahl warten, sagt SPD-Chef Klingbeil - und appelliert an die Union. Für Sicherheitsexperten Mölling verfolgt die Politik keine klare Strategie.
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 5. Dezember 2024 in voller Länge.05.12.2024 | 74:31 min
Ist die Bundesrepublik wieder der "kranke Mann Europas", wie das Wirtschaftsmagazin "The Economist" einst schrieb? So ganz lässt sich dieser Befund jedenfalls nicht von der Hand weisen. Anders als in vielen Nachbarländern wird hierzulande kein Wirtschaftswachstum erzielt. Im Gegenteil: Deutschland kämpft mit der Rezession, bereits das zweite Jahr in Folge.
Die Aussichten für 2025 bleiben düster: Einer OECD-Prognose zufolge wird Deutschland im kommenden Jahr so langsam wachsen wie keine andere Industrienation. Die Schlusslicht-Position hat sichtbare Folgen: Investitionen bleiben aus, der Konsum schwächelt und tausende Arbeitsplätze stehen allein in der Industrie auf der Kippe, etwa bei VW und Thyssenkrupp.
Klingbeil verteidigt Ampel-Politik
Zugleich nahm Klingbeil die Performance der Ampel-Koalition gegen Kritik in Schutz. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie sagte er: "Wir haben dieses Land erst mal durch eine Krise bringen müssen."
Als weiteren Faktor nannte der SPD-Politiker das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November 2022, das ein Loch von 60 Milliarden Euro in die Haushaltsplanung gerissen hatte. Danach hätte man sich, so Klingbeil, "drei Tage einschließen müssen und nochmal neu verhandeln müssen, was jetzt die Prioritäten sind".
Die deutsche Industrie ist in der Krise. Immer mehr große Konzerne wollen wichtige Arbeitsplätze abbauen und Standorte schließen. Bei Ford und Thyssenkrupp laufen die Verhandlungen mit den Gewerkschaften.27.11.2024 | 2:47 min
Klingbeil: "Marschiere morgen ins Konrad-Adenauer-Haus"
Ein Abwarten, bis eine neue Regierung steht, könne sich der deutsche Standort indes nicht leisten, argumentierte der SPD-Chef. Schon jetzt lägen Vorschläge auf dem Tisch - etwa dazu, wie Energiepreise gesenkt werden könnten.
Klingbeil rief CDU-Chef Friedrich Merz daher dazu auf, mit der Rest-Regierung bis zur Neuwahl des Bundestags zusammenzuarbeiten:
Die Wirtschaft drängt auf eine schnelle Umsetzung von angedachten Hilfsmaßnahmen für Unternehmen, dafür bräuchte es aber Mehrheiten im Bundestag. Diana Zimmermann berichtet.26.11.2024 | 1:08 min
Energie, Handel, Sicherheit: "Deutschlands Pay Day"?
Auf sichtbares Unbehagen stießen die Ausführungen des SPD-Chefs bei Christian Mölling. Der Militär- und Sicherheitsexperte kritisierte die deutsche Politik als "viel zu kleinteilig": "Wir sind über lange Jahre hinweg in wechselnden Regierungskoalitionen Abhängigkeiten eingegangen - im Bereich der Energie mit Russland, im Bereich des Handels mit China, im Bereich der Sicherheit mit den USA."
Deutschland sei "auf Droge" der russischen Energie gewesen und habe den "Entzug durchgemacht". Mit Sorge blickte Mölling, der als Direktor das Programm "Europas Zukunft" bei der Bertelsmann Stiftung leitet, auf bestimmte politische Akteure.
"Zurzeit haben wir sogar eine Diskussion, ob wir nicht wieder einsteigen wollen in die Droge, (...) ob man nicht eine Art von Sonderfrieden zwischen Deutschland und Russland schließen könnte und dann würde das Gas auf einmal möglicherweise wieder fließen", so Mölling
Diese "Fantasie" könne in den Hinterzimmern Berlins salonfähig werden. Das dementierte wiederum Klingbeil. Er kenne niemanden im politischen Raum, der gerade "ernsthaft" darüber diskutiere, "ob wir mit Russland wieder einen Gasdeal eingehen".
Russlands Präsident Putin hätte die Gas-Pipeline Nord Stream 2 gerne in Betrieb genommen – wie hart würde Russland ein Stop treffen und wie stark sind wir vom russischen Gas abhängig? Gas soll langfristig nur als "Brückentechnologie“ gelten.15.02.2022 | 3:06 min
Mölling sieht keine Ukraine-Strategie
Auch mit der Ukraine-Politik ging Mölling hart ins Gericht. Er beklagte die Strategielosigkeit der Bundesregierung:
Man laviere seit drei Jahren herum, "was die Ukraine tatsächlich erreichen sollte". Zudem sei der Begriff "Eskalation" als "böses Wort" verpönt. Ein Ausdruck, so deutete Mölling an, den der selbsternannte Friedenskanzler Olaf Scholz im Wahlkampf nicht gebrauchen kann.
"Scholz bleibt bei seinem Nein zu seinen Taurus-Lieferungen", so ZDF-Korrespondentin Patricia Wiedemeyer.04.12.2024 | 3:17 min
Scholz-Besuch in Kiew nur Wahlkampf?
Am Montag war Kanzler Scholz überraschend nach Kiew gereist, um der Ukraine weitere Hilfen zuzusichern. Von der politischen Konkurrenz hatte Scholz den Vorwurf eingebracht, mit dem Ukraine-Besuch Wahlkampf zu betreiben.
Das Timing ließ zumindest Fragen offen, denn zuletzt war Scholz vor rund zweieinhalb Jahren nach Kiew gereist. Neue Nahrung hatte die Kritik durch Gerüchte erhalten, denen zufolge auch CDU-Chef Merz eine Reise in die Ukraine geplant haben soll.
Bundeskanzler Scholz hat der Ukraine bei einem Besuch in Kiew weitere Hilfen zugesichert. Seine politischen Konkurrenten werfen Scholz ein "unglaubwürdiges Wahlkampfmanöver" vor.02.12.2024 | 2:58 min
Eine Sicht, der SPD-Chef Klingbeil widersprach: "So wichtig ist Herr Merz jetzt auch nicht, dass der Bundeskanzler seine Reisepläne nach [ihm] richtet." Die Entscheidung soll der Kanzler intern bereits nach dem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem G20-Gipfel in Brasilien kommuniziert haben.
Quelle: ZDF
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