Höcke und AfD klar vorne:Die Wahl in Thüringen auf einen Blick
von Tim-Julian Schneider
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Klarer Sieg für die AfD in Thüringen: Die rechtsextreme Partei gewinnt die Landtagswahl, die CDU wird zweitstärkste Kraft.
Die AfD hat die Landtagswahl in Thüringen klar gewonnen. Die in dem Bundesland als rechtsextrem eingestufte Partei mit ihrem Spitzenkandidaten Björn Höcke liegt nach Auszählung aller Wahlbezirke mit 32,8 Prozent vor der CDU (23,6 Prozent). Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kommt auf 15,8 Prozent, die Linke um den amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow auf 13,1 Prozent. Sie muss den Verlust von über 19 Prozentpunkten im Vergleich zur letzten Landtagswahl hinnehmen.
Abgestraft wurden auch die Parteien der Ampel-Regierung im Bund. Die SPD holt lediglich 6,1 Prozent, während die Grünen und die FDP bei unter fünf Prozent stehen und damit nicht im Landtag vertreten wären.
Linke: 13,1
AfD: 32,8
CDU: 23,6
SPD: 6,1
Grüne: 3,2
BSW: 15,6
Andere: 5,6
Wie ist die Stimmung nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen? Ein Überblick im Video01.09.2024 | 14:12 min
Welche Koalitionen sind in Thüringen möglich?
Mit der AfD will nach bisherigen Aussagen niemand auf Landesebene zusammenarbeiten, obwohl sie der Wahlsieger ist. Mit Spannung wurde erwartet, ob die AfD in Thüringen ein Drittel der Mandate erreicht. Dann hätte sie in wichtigen Fragen eine sogenannte Sperrminorität und könnte zum Beispiel Richterwahlen blockieren. Dies ist der Fall.
Die AfD ist bei der Landtagswahl in Thüringen stärkste Kraft, in Sachsen liegt sie Kopf an Kopf mit der CDU. Dass die AfD in einem der Länder regieren wird, ist aber unwahrscheinlich. Denn: Keine andere Partei will mit ihr koalieren, also zusammenarbeiten.
Trotzdem kann die AfD viel Einfluss nehmen, wenn sie ein Drittel der Abgeordneten in den neuen Landtagen stellt. Und zwar so: Kommt die AfD auf über ein Drittel der Sitze im Landtag, hat sie Einfluss durch die sogenannte Sperrminorität. In Sachsen verfügt die AfD jedoch nicht über dieses Instrument. Damit können Abstimmungen blockiert werden, zum Beispiel:
Bei der Ernennung neuer Verfassungsrichter
Bei Änderungen der Landesverfassung
Bei der Auflösung des Landtages
Denn: Für diese Abstimmungen ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.
Im Vorfeld der Wahl wurde viel über ein bisher nicht gekanntes Bündnis aus CDU, BSW und SPD spekuliert - eine Koalition, die der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte wegen der Farben Schwarz, Lila und Rot "Brombeer-Koalition" nennt. Dieses Bündnis hat aber voraussichtlich keine Mehrheit. Eine mögliche Mehrheits-Koalition ohne die AfD wäre ein Bündnis aus CDU, BSW und Linke.
So sieht die Sitzverteilung aus:
Quelle: ZDF
Wie reagieren die Spitzenkandidaten?
Björn Höcke (AfD) hat den Erfolg seiner Partei bei der Landtagswahl als "historischen Sieg" bezeichnet. "Man wird an uns nicht vorbei kommen, wenn man stabile Verhältnisse für Thüringen will", sagte Höcke.
Das Interview mit Björn Höcke im Video01.09.2024 | 0:41 min
Mario Voigt (CDU) sieht in den Hochrechnungen zum Ausgang der Landtagswahl den Auftrag zur Regierungsbildung bei den Christdemokraten. "Wir begreifen das als CDU auch als Chance für den politischen Wechsel unter der Führung der CDU."
Bodo Ramelow (Die Linke): Er wolle die "demokratischen Parteien" nun bei der Regierungsbildung unterstützen: "Ums klar zu sagen, es darf nicht sein, dass am Ende Herr Höcke und die AfD die Demokraten erpresst."
Katja Wolf (BSW) spricht nach dem Wahlergebnis von"Gänsehaut." Eine Partei, die sich vor fünf Monaten gegründet habe, ziehe "mit einem absolut historischen Ergebnis" in den Landtag ein. Sie sprach von "Dankbarkeit" gegenüber all jenen, "die das möglich gemacht haben".
Das Statement von Wolf im Video01.09.2024 | 1:41 min
Wie sind die Ergebnisse in Thüringen zu erklären?
Der Wahlkampf war von höchster Unzufriedenheit mit der Bundes- als auch der Landesregierung geprägt. Dazu war eine extreme Polarisierung sowie personelle und inhaltliche Schwächen aller Partien auszumachen. In diesem Umfeld konnte die AfD vor allem beim Top-Thema "Flüchtlinge/Asyl" punkten, hat aber mit Höcke einen Spitzenkandidaten, der außerhalb der eigenen Reihen extrem kritisch gesehen wird.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sieht in den Ergebnissen das Schlimmste für die SPD abgewendet. Die Partei sei aus keinem Landtag geflogen. Dennoch würden im Ergebnis "Botschaften an die Bundespolitik" liegen.
01.09.2024 | 4:26 min
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sieht das Ergebnis "sehr positiv". Spitzenkandidat Mario Voigt habe den Auftrag "aus der Mitte des Parlaments" eine Regierung zu bilden.
01.09.2024 | 3:23 min
Grünen-Bundeschef Omid Nouripour bezeichnet es als "Zäsur", dass mit der AfD "in Thüringen jetzt eine offen rechtsextremistische Partei stärkste Kraft geworden ist". Er sehe und höre viele Menschen, "die einfach jetzt Angst haben", sagte Nouripour.
01.09.2024 | 4:04 min
AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla sagt, "der Wählerwille ist, dass es hier einen Politikwechsel geben soll, in Sachsen wie in Thüringen." Die AfD sei "zum Wohle Deutschlands bereit und auch gesprächsbereit mit allen Parteien zu reden", sagt Chrupalla.
01.09.2024 | 6:56 min
BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht nennt das Starkmachen für eine andere Außenpolitik im Bund als Bedingung für eine Regierungsbeteilung in Thüringen. Es müsse mehr Frieden und Diplomatie geben, sagte Wagenknecht.
01.09.2024 | 2:21 min
Linken-Chef Martin Schirdewan: "Wenn man sich ansieht, dass das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg eine im Kern faschistische Partei hier in Thüringen, im Freistaat Thüringen, hier die Mehrheit errungen hat, dann ist das extrem besorgniserregend."
Der Bundesvorsitzende der FDP, Christian Lindner, hat die sich abzeichnenden Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen in einem Post auf X als schmerzhaft bezeichnet. In beiden Landtagen wird seine Partei keine Rolle spielen.
Welche Themen dominierten den Wahlkampf?
Auf der Agenda der politischen Debatten stand im Wahlkampf Bundespolitisches ganz oben: vor allem das Thema Zuwanderung. Und auch die große deutsche Unterstützung für die von Russland überfallene Ukraine treibt die Menschen um und steht weit oben auf der politischen Tagesordnung. Entsprechend spielten im Landtagswahlkampf Themen eine große Rolle, die gar nicht in die Zuständigkeit der Landespolitik fallen.
In Thüringen hatten nach Angaben der Forschungsgruppe Wahlen bis 18:00 Uhr rund 73 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimmen abgegeben. Bei der Landtagswahl 2019 belief sich die Wahlbeteiligung auf 64,9 Prozent.
So hat Thüringen 2019 gewählt
CDU: 27,2 Prozent Die Linke: 25,8 Prozent AfD: 22 Prozent SPD: 10,8 Prozent FDP: 5,4 Prozent Sonstige: 1,9 Prozent
Nicht nur in Thüringen wird heute gewählt - alles zur Landtagswahl in Sachsen hier:
Die gesichert rechtsextreme AfD und die CDU liefern sich bei der Landtagswahl in Sachsen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Am Ende gewinnt die CDU. Verlierer der Wahl: die Ampel-Parteien.
von Elisa Kart
mit Video
Quelle: ZDF
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