Analyse
Ministerpräsident in Sachsen :Ein kurzer Wahlkrimi für Michael Kretschmer
von Stefan Kelch, Dresden
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Es war keine ausgemachte Sache, dass der alte Ministerpräsident in Sachsen auch der neue sein würde. Geschafft hat Michael Kretschmer (CDU) es dennoch.
Dreieinhalb Monate nach der Wahl in Sachsen wurde heute im zweiten Wahlgang Michael Kretschmer erneut zum Ministerpräsidenten gewählt. Er erreichte mit 69 Stimmen die erforderliche Mehrheit.18.12.2024 | 3:17 min
Noch nie war der Ausgang einer Ministerpräsidentenwahl in Sachsen vorab so unklar. Erstmals verfügt die Regierungskoalition nicht über die absolute Mehrheit, um ihren Ministerpräsidenten mit Sicherheit durch die Wahl zu bekommen. Trotzdem hat es Michael Kretschmer (CDU) geschafft.
Schon im ersten Wahlgang gibt es zwei Mitbewerber um das Amt des Ministerpräsidenten: Neben Kretschmer stehen auch Matthias Berger (Freie Wähler) und Jörg Urban (AfD) auf dem Stimmzettel. Das überrascht, erwartet worden war dieses Szenario erst in einem möglichen zweiten Wahlgang. Alle 120 Abgeordnete sind im Saal. Kein Kandidat erhält im ersten Wahlgang die nötigen 61 Stimmen. Kretschmer immerhin 55 Stimmen - vier mehr als die Koalition hat.
Noch nie zuvor hat in Sachsen eine Minderheitsregierung regiert. Wie groß die Chancen für das Modell sind, berichtet Cornelia Schiemenz.18.12.2024 | 1:22 min
Kretschmer: Im zweiten Wahlgang Ministerpräsident
Im Zweiten Wahlgang treten dann wieder alle drei Kandidaten an. Diesmal reicht die einfache Mehrheit: Kretschmer gewinnt diese Wahl mit 69 Stimmen. Berger erhält 39 - vermutlich viele davon von der AfD - Urban nur eine. Das heißt, die AfD versucht wieder, was sie in Thüringen schon einmal geschafft hat: Einen Ministerpräsidenten von ihren Gnaden zu installieren. Doch das hat nicht geklappt.
CDU-Politiker Michael Kretschmer ist zum sächsischen Ministerpräsidenten wiedergewählt worden. Im zweiten Wahlgang erhielt er die notwendigen Stimmen. Thomas Bärsch berichtet. 18.12.2024 | 1:25 min
Wackelige Wahl: Minderheitsregierung in Sachsen
Der Minderheitsregierung Kretschmers fehlen für alle Vorhaben zehn Stimmen. Eben auch bereits für seine Wahl. Deshalb musste er auf Werbetour in eigener Sache weiterhin mit jeder Fraktion im Landtag reden. So klopfte er in den vergangenen Wochen an die Türen aller Fraktionen im sächsischen Landtag.
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Die Grünen ließen ihn abblitzen, weil er an ihrer Tür über 100 Tage zu spät geklopft habe. Sie hätten die Wahl gern ins neue Jahr verschoben. Dann hätte man noch genügend Zeit gehabt, das zerstörte Verhältnis zwischen Kretschmer und seinen ehemaligen Koalitionspartnern zu reparieren. So aber lehnten die Grünen Kretschmer nun ab - zumindest im ersten Wahlgang.
CDU und SPD einigten sich Anfang Dezember nach wochenlangen Verhandlungen auf einen Koalitionsvertrag. 04.12.2024 | 1:34 min
Linke, BSW und AfD mit undurchsichtiger Wahltaktik
Die AfD lehnt Kretschmer ab - und stellt ihren Fraktionsvorsitzenden Jörg Urban zur Wahl. Nachdem der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla die sächsische AfD an die kurze Leine nehmen musste, sitzt er heute auf der Tribüne als Beobachter. Grund: Die Sachsen-AfD hatte zuvor verlautbart, eine CDU-Minderheitsregierung unter Kretschmer tolerieren zu wollen. Politikwissenschaftler Hans Vorländer (TU Dresden) bezeichnete das im Vorfeld als "ein vergiftetes Angebot".
Der Koalitionsvertrag von SPD und CDU steht. Die Fraktionen wollten "das Wagnis der Minderheitsregierung eingehen", so ZDF-Reporter Thomas Bärsch.04.12.2024 | 1:46 min
Unklar war im Vorfeld, ob es nicht auch aus den Reihen der CDU Abweichler geben wird. Denn nicht alle aus der CDU-Fraktion sind vom mühsam ausgehandelten Koalitionsvertrag mit der SPD begeistert. Einige hätten eine reine CDU-Minderheitsregierung bevorzugt. Die müsste dann immer um 20 Stimmen anderer Abgeordneter buhlen für ihre Projekte und Gesetzesvorhaben. Kretschmer lehnt das klar ab: "Das wäre ein Zeichen von Übermut und Hochmut."
Wird die Ministerpräsidentenwahl ein Fall fürs Verfassungsgericht?
Vermutlich wird diese Wahl die Verfassungsorgane beschäftigen. Die Grünen verlangten, dass bei dieser Wahl auch mit Nein gestimmt werden könne. Vor 20 Jahren wurde darüber schon einmal diskutiert. Damals kam man zu der Auffassung, dass es kein Nein geben soll.
Nun liegen zwei widersprüchliche Gutachten vor. Eines sagt: Ja, das muss dann möglich sein, wenn es mehrere Kandidaten gibt. Denn ein "Nein" hat mehr Gewicht als eine Enthaltung. Das andere Gutachten sagt: Nein, denn dann könnte es dazu kommen, dass keiner der Kandidaten gewählt wird. Sinn dieser Wahl aber sei es, dass an diesem Tag ein Ministerpräsident gewählt wird, nicht ob. Sören Voigt (CDU) sagt dazu:
Der Antrag der Grünen wurde abgelehnt. Das wird nun vermutlich zu einer Klage führen, die möglicherweise diese schwierige Wahl wieder infrage stellen könnte.
Stefan Kelch ist Korrespondent im ZDF-Studio Sachsen.
Quelle: ZDF
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