Kliniken auf dem Prüfstand: Der Kampf um Lauterbachs Reform
Krankenhäuser auf dem Prüfstand:NRW und Bund: Der Kampf um die Klinikreform
von Peter Böhmer, Düsseldorf
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Deutschland hat zu viele Kliniken, die das gleiche anbieten. Der Bundesgesundheitsminister will das ändern. Ein Bundesland ist Vorbild und dennoch kritisch gegenüber seinen Plänen.
Viele Kliniken stecken wegen enorm gestiegenen Preisen in Finanzierungsnot. Das Problem: Die erhoffte Krankenhaus-Reform lässt auf sich warten.14.03.2024 | 1:36 min
Sascha Klein hält wenig von den Plänen des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD): "Da geht es nicht um Qualität, es geht darum, das System auszudünnen." Klein ist Geschäftsführer des Klinikums Oberberg in Gummersbach, Nordrhein-Westfalen (NRW): Zwei Akut-Krankenhäuser und eine psychiatrische Fachklinik: Etwa 1.100 Betten, 130.000 Patienten im Jahr inklusive der Ambulanz.
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Basis der bundesweiten Klinikreform sollen die Pläne von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sein. Denn: Krankenhausplanung ist Ländersache, der Bund ist für die Finanzierung zuständig.
Bettenzahl bislang entscheidend für Klinikplanung
Grundgedanke in NRW: nicht mehr die Bettenzahl soll die Richtschnur für das Vorhalten der Versorgung sein, sondern die tatsächlichen Fallzahlen. Die Bettenzahl basiert etwa auf Einwohnerzahlen und Verweildauer. Jedes Krankenhaus konnte bislang dasselbe anbieten, was zu ruinösem Wettbewerb vor allem in Ballungszentren führte.
Darum soll künftig vor Ort zwischen Kommunen, Kassen, Krankenhäusern und etwa Gewerkschaften festgelegt werden, welche Versorgung ein Krankenhaus in welcher Qualität anbieten muss. Das tatsächliche Versorgungsgeschehen steht also im Mittelpunkt.
Leistungsgruppen sollen Behandlungsqualität in Krankenäusern steigern
Ein zweiter Gedanke kam hinzu: Wenn ein Krankenhaus spezialisiert ist, dann steigert das die Behandlungsqualität. Laumann brachte dafür die "Leistungsgruppen" ins Spiel: ein Krankenhaus soll sich auf die Leistungen konzentrieren, die es gut kann, wo es Erfahrung hat.
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Solche Leistungsgruppen werden den Krankenhäusern nach Fallzahlen, Personalvolumen und technischer Ausstattung zugewiesen. 60 Leistungsgruppen soll es in NRW insgesamt geben. Die Krankenhäuser müssen sich dafür bewerben. In NRW soll jedes Krankenhaus bis Ende des Jahres genau wissen, welche Leistungsgruppen es anbieten darf.
In der Konsequenz würde das weniger Krankenhäuser bedeuten. Die Finanzierung dieses Systems läge weiterhin beim Bund und da beginnt der Streit, denn Lauterbach will grundlegende Änderungen am System.
Zunächst: die Leistungsgruppen findet auch der Bundesgesundheitsminister gut. Und weniger Kliniken sowieso. Denn nur, wer eine Leistungsgruppe zugeteilt bekommt, darf auch Leistungen daraus abrechnen. Da viele Krankenhäuser rote Zahlen schreiben, wäre es aus Lauterbachs Sicht plausibel, das vorhandene Geld auf weniger Kliniken umzuverteilen.
Klinikchef: Lauterbachs Anreizsystem ist falsch
Lauterbach will vor allem die Fallpauschalen modifizieren, bisher das Rückgrat der Krankenhausfinanzierung. Operationen werden da über Pauschalsummen finanziert, egal wie lange der Patient im Krankenhaus ist. Je mehr operiert wird, umso teurer wird das System, und der Anreiz, auch unnötige Operationen durchzuführen, wird größer.
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Was aber für Ärger sorgt: jedes Krankenhaus soll nach den Plänen 60 Prozent seiner Kosten fix bekommen - für die Pflege und das Vorhalten von Personal und Geräten. Die übrigen 40 Prozent sollen selbst erwirtschaftet werden. "Das ist doch das alte System", sagt Sascha Klein, "das falsche Anreizsystem, wieder über die Menge der Operationen gehen zu müssen." Die 60 Prozent würden die "Vorhaltekosten" auch nicht decken in seinen Häusern.
Klinikchef: Kooperation zwischen Kliniken wird schwieriger
Kritik gibt es auch daran, dass ein Haus etwa nur dann die Leistungsgruppe Geburtshilfe erhält, wenn auch gleichzeitig eine Kinderheilkunde vor Ort ist. Oder die Leistungsgruppe Geriatrie nur, wenn auch eine Urologie da ist. Klein sagt: "Wir haben hier bei uns am Klinikum eine Geriatrie, aber keine Urologie. Ginge es nach dem Bund, müssten wir aufhören."
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Denn Lauterbachs Konzept stellt bei Kooperationen hohe Hürden auf: Krankenhäuser mit unterschiedlichen Leistungsgruppen dürfen nur in Ausnahmefällen zusammenarbeiten.
Klein: Probleme für kleinere Krankenhäuser
Klein sagt, dass es dem Bund vor allem um eine Reduzierung der Standorte geht:
Viele Kliniken ärgerten sich darüber, dass Lauterbach bisher keine Analyse vorgelegt hat, wie sich seine Reform vor Ort auswirkt: "Ich muss doch als Gesundheitsminister wissen, was die Reform bewirkt. Wenn Kliniken schließen müssen, können die anderen die Patienten überhaupt aufnehmen", fragt Klein.
Er kritisiert zudem, dass Lauterbach sein Gesetz nicht zustimmungspflichtig gestalten wolle. Die Länder könnten im Bundesrat also nichts mehr ändern. Das ist für Klein, der auch Vizechef der Krankenhausgesellschaft NRW ist, eine Aushebelung des Föderalismus. "Die Länder haben keine Möglichkeit mehr, selbst etwas zu entwickeln oder zu entscheiden." Das widerspräche ihrer Planungshoheit.