GMK-Vorsitzende: Länder sagen "Nein" zur Krankenhausreform

    Interview

    Geplante Klinikreform in Kritik :Warum die Länder gegen Lauterbach rebellieren

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    Die Länder kritisieren geeint Karl Lauterbachs geplante Klinikreform. Im Interview erklärt Kerstin von der Decken, Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, die Gründe dafür.

    15.05.2024, Niedersachsen, Hannover: Ein Schild weist den Weg zur Medizinischen Hochschule Hannover MHH.
    Am Mittwoch hat das Bundeskabinett die Reformpläne des Gesundheitsministers beschlossen.15.05.2024 | 2:39 min
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat seinen umstrittenen Gesetzentwurf zur Krankenhausreform durchs Kabinett gebracht. Widerstand kommt aus den Bundesländern, mit allen 16 Stimmen haben sie eine geeinte Stellungnahme dagegen abgegeben. Bayern kündigte an, mit einer Bundesratsinitiative Änderungen an der Reform durchsetzen zu wollen.
    Kerstin von der Decken (CDU), aktuell Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) und Gesundheitsministerin von Schleswig-Holstein, erklärt gegenüber dem ZDF, warum die Länder sich gegen die Reformpläne von Karl Lauterbach stellen.

    Kerstin von der Decken (CDU)
    Quelle: dpa

    ... ist Juristin, CDU-Politikerin und seit 2022 Ministerin für Justiz und Gesundheit in Schleswig-Holstein. Seit Anfang 2024 ist sie zudem die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz.

    ZDFheute: Was ist der Hauptkritikpunkt der Länder an Lauterbachs geplanter Krankenhausreform?
    Prof. Kerstin von der Decken: Es war vom Bund immer versprochen worden, dass, bevor es zu einer Verabschiedung des Gesetzes kommt, eine sogenannte Auswirkungsanalyse vorgelegt werden würde, damit wir nicht eine Reform im Blindflug machen, sondern wir wissen, wohin eine Reform führen wird.

    Auf diese Auswirkungsanalyse warten wir bis heute. 

    Kerstin von der Decken, Vorsitzende der GMK

    SGS Laumann
    Einer der größten Kritiker an der Reform: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.16.05.2024 | 4:40 min
    ZDFheute: Künftig sollen sich Kliniken nur noch zu 40 Prozent aus Fallpauschalen, also der Bezahlung pro Behandlung, finanzieren. 60 Prozent ihrer Mittel sollen aus Vorhaltepauschalen kommen, dafür, dass sie bestimmte Leistungen anbieten. Die Zahl der Behandlungen hochzuschrauben, damit die Kasse stimmt, das soll es nicht mehr geben. Gute Idee?
    Von der Decken: Unsere Vorstellung war immer, dass diese Vorhaltefinanzierung fallunabhängig ist, also den Krankenhäusern gegeben wird, unabhängig davon, ob sie viele oder wenig Fälle haben.
    Die jetzige Vorhaltefinanzierung - so wie sie im Entwurf vorgesehen ist - ist aber wieder fallabhängig. Sie wird jedes Jahr neu berechnet und hängt maßgeblich von den Zahlen der vergangenen Jahre ab.

    Das heißt, kleine Krankenhäuser mit wenig Fallzahlen geraten genauso in die roten Zahlen und genauso unter ökonomischem Druck, wie es aktuell der Fall ist.

    Kerstin von der Decken, Vorsitzende der GMK

    Markus Lanz vom 15. Mai 2024: Karl Lauterbach, Markus Lanz, Antje Höning, Michael Baumann
    Diskussion bei Marcus Lanz über die Krankenhausreform.15.05.2024 | 65:02 min
    ZDFheute: Der Bundesminister sagt, sein Ziel sei es, auch die Qualität der Kliniken zu steigern, nicht mehr jede Klinik soll alles machen dürfen. Was spricht dagegen?
    Von der Decken: Die Länder haben sich nie dagegen ausgesprochen, dass man spezialisiert und bündelt. Ganz im Gegenteil.
    Aber wir haben neben der Spezialisierung auch immer unsere Hauptaufgabe im Auge, die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung. Und hier sehen wir den Fokus der Reform zu sehr auf Spezialisierung und nicht auf das, was für uns Länder wichtig ist, Grund- und Notfallversorgung.
    ZDFheute: Die Länder wollen sich nicht vorschreiben lassen, wie die Krankenhauslandschaft auszusehen hat. Lauterbach argumentiert dagegen, der Bund gebe nur den Rahmen vor, mehr nicht.
    Von der Decken: Wenn wir nun vom Bund Strukturvorgaben bekommen, die nicht mit der Realität übereinstimmen oder die zu eng und korsetthaftig, zu theoretisch gestaltet sind, dann können wir mit diesen Vorgaben nicht mehr so planen, wie wir es gerade in der Fläche auch brauchen.
    Pfleger und Arzt im Besprechungszimmer eines Krankenhauses
    Die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Lauterbach sieht Kompetenzzentren vor.12.04.2024 | 2:31 min
    Es ist richtig, wir werden weiterhin entscheiden, wo beispielsweise eine 'Stroke Unit' (eine auf Schlaganfall spezialisierte Abteilung, Anm. der Redaktion) gebraucht wird und wo diese dann auch geschaffen werden soll.
    Das Problem ist, dass der Bund uns jetzt Vorgaben macht, wie zum Beispiel genau eine 'Stroke Unit' auszusehen hat und uns Vorgaben macht, dass neben der 'Stroke Unit' auch noch andere Leistungsgruppen parallel angeboten werden müssen. Und je nachdem, wie streng sie das ausgestalten, engen sie de facto den Handlungsspielraum der Länder ein und das führt insbesondere in dünn besiedelten Regionen zu großen Problemen.
    ZDFheute: Es gibt auch Streit darüber, ob das Gesetz zustimmungspflichtig ist. Lauterbach meint, seinem Entwurf müssten die Länder nicht zustimmen.
    Von der Decken: Ein Gutachten, das vier Bundesländer in Auftrag gegeben haben, kommt aber genau zu dem gegenteiligen Ergebnis.

    Es ist zustimmungspflichtig, weil es in die Krankenhausplanungsfreiheit der Länder eingreift und auch finanzielle Auswirkungen mit sich zieht.

    Kerstin von der Decken, Vorsitzende der GMK

    Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Bundesgesundheitsminister in den Gesprächen mit den Ländern seit eineinhalb Jahren uns immer gesagt hat, es werde ein zustimmungspflichtiges Gesetz werden, weil ihm bewusst sei, dass es nur mit den Ländern gemeinsam ginge.

    Dieses Versprechen ist gebrochen worden.

    Kerstin von der Decken, Vorsitzende der GMK

    Wir haben hier eine unterschiedliche rechtliche Bewertung. Bei unterschiedlichen rechtlichen Bewertungen kann es durchaus sein, dass am Ende das Bundesverfassungsgericht entscheidet.
    Das Interview führte Ines Trams, Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.

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