Beim Thema Außenpolitik liegen Union und SPD nah beieinander. (Archivbild)
Quelle: dpa
Schon vor vier Monaten, lange vor dem Wahltag und diesen Koalitionsverhandlungen, prophezeite ein führender Außenpolitiker der Union, dass es in seinem Themenfeld keine größeren Konflikte geben würde. "Das schreiben wir in einer halben Stunde bei einer guten Flasche Rotwein zusammen", so die Voraussage damals.
Heute, am Tag eins nach dem Ende der Arbeitsgruppenphase in den Verhandlungen von Union und
SPD, sieht das interne Koalitions-Papier aus der AG 12, das dem ZDF vorliegt, nach ziemlich viel Harmonie aus. Die Sicherheit sei "so stark bedroht wie seit Jahrzehnten nicht mehr", schreiben die künftigen Koalitionäre.
Eine gemeinsame Bedrohungsanalyse ist schonmal viel wert auf dem Weg zu einem Kompromiss. Ob es jetzt künftig "Nationaler Sicherheitsrat" (
CDU/
CSU) oder weiter "Bundessicherheitsrat" (SPD) heißt, ob man ein "gemeinsames Lagebild" (CDU/CSU) oder eine "gemeinsame Lagebewertung" (SPD) vornehmen will, scheint fast nur semantisch.
Gründlich will man in den Arbeitsgruppen sein und sich nicht unter Druck setzen lassen, heißt es von Union und SPD. Streitpunkte zu Migration und Soziales bleiben ungelöst.24.03.2025 | 2:55 min
Bekenntnis zur Unterstützung der Ukraine - Differenz Israel
Ob es das Ergebnispapier mit den wenigsten blauen oder roten Klammern ist, lässt sich schwer sagen. Dazu müsste man wohl alle Papiere nebeneinander legen. Aber die 14 Seiten aus der Arbeitsgruppe 12 "Verteidigung, Außen, Entwicklung, Menschenrechte" atmen schon bei der Wortwahl der noch offenen Punkte einen Geist des Kompromisses.
Über mehrere Seiten ist gar kein Dissens vermerkt. Die Stärkung der internationalen Organisationen UN,
Nato oder
EU sind genauso Konsens wie das gemeinsame Bekenntnis zur Unterstützung der
Ukraine. Die Beziehungen zu den USA sind trotz
Donald Trump "von überragender Bedeutung". Und "das Vereinigte Königreich ist einer der engsten Partner der EU und Deutschlands", heißt es weiter.
Heute tragen die Arbeitsgruppen von Union und SPD ihre Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen zusammen. Differenzen soll es unter anderem bei den Themen Steuern und Migration gegeben haben.24.03.2025 | 1:20 min
Erst beim Thema
Israel gibt es zarte Risse. Während die Union die "unerschütterliche" Freundschaft beschreibt und die Unterstützung für Israels "eigene Sicherheit" betont, schwingt in der Fußnote der Sozialdemokraten scharfe Kritik an Tel Aviv mit. "Die aktuelle Siedlungspolitik Israels widerspricht geltendem Völkerrecht. Pläne zur Annektierung von palästinensischen Gebieten lehnen wir ab", schreibt die SPD.
Die Zukunft der Wehrpflicht
Im Kapitel Verteidigung tauchen wirklich strittige Fragen auf. Man ist sich zwar einig, die Mittel für die Verteidigung "deutlich und stringent" zu steigern, doch die Union hätte gerne noch die Formulierung "in Richtung 3,5 Prozent des BIP" untergebracht.
Die Themen: 1.) Wer wird was in der neuen Regierung?, 2.) Schwarz-rote Verhandlungen in der Krise, 3.) Hubertus Heil (SPD) im Interview, 4.) Die AfD und ihre Rechte im Parlament.23.03.2025 | 20:26 min
Grundsätzliche Übereinstimmung dagegen auch bei der Erhöhung der Ist-Stärke der
Bundeswehr. Dazu will die Union allerdings, dass "die Aussetzung der Wehrpflicht beendet" wird. Die SPD beharrt auf einem Wehrdienst, der auf Freiwilligkeit beruht.
Boris Pistorius (SPD) hatte schon seit längerem klargemacht, dass er eine sofortige Rückkehr zum alten Modell für unrealistisch hält. Die Bundeswehr habe dafür keine Ausbilder, kein Material, keine Kasernen, so der Verteidigungsminister.
Das Ende des Entwicklungsministeriums
Und auch bei der Aufstellung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gibt es noch größere Differenzen. Die Union schlägt vor, die Hilfe für die schwächsten Länder der Welt neu zu strukturieren und mit der Außen- und Verteidigungspolitik zu koordinieren: "Zu diesem Zweck werden wir das BMZ in das Auswärtige Amt integrieren", heißt es in blauen Klammern.
25.03.25 Friedrich Merz (CDU, Fraktionsvorsitzender CDU/CSU) im Interview bei der konstituierenden Sitzung des 21. Bundestages25.03.2025 | 9:01 min
Die Sozialdemokraten halten dagegen: "Wir werden den integrierten Ansatz durch eine bessere Zusammenarbeit von AA, BMZ und BMVg stärken." Gerade in diesem Punkt scheint ein Kompromiss allerdings schwierig. Aber eine Entscheidung, in die eine oder andere Richtung, ist unter den Koalitionschefs durchaus denkbar.