Expertenrat erwartet Verfehlen von Klimaziel für 2030
Gremium widerspricht Habeck:Expertenrat erwartet Verfehlen von Klimaziel
|
Der Klima-Expertenrat der Bundesregierung geht davon aus, dass das für 2030 gesteckte Klimaziel verfehlt wird. Das Gremium sieht dafür vor allem zwei Gründe.
Der Expertenrat rechnet nicht mit dem Erreichen des Klimaziels für 2030.
Quelle: dpa
Anders als Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck sieht das wichtigste Klima-Expertengremium der Bundesregierung Deutschland nicht auf Kurs beim Klimaschutz. Man gehe von einer Verfehlung des Treibhausgas-Minderungsziels für das Jahr 2030 aus, erklärte der Vorsitzende des Expertenrats für Klimafragen, Hans-Martin Henning, in einer Mitteilung.
In einem Sondergutachten hat der Expertenrat die Vorausberechnungen des Umweltbundesamts (UBA) überprüft.
Das sieht der Expertenrat anders. Bis zum Jahr 2030 soll der deutsche Ausstoß an Treibhausgasen laut Klimaschutzgesetz um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Bis 2040 sollen es mindestens 88 Prozent sein und 2050 soll Deutschland klimaneutral sein - also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen, als auch wieder gebunden werden können.
2023 war das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen und kein Kontinent erhitzt sich so schnell wie Europa - das zeigen neue Daten.11.03.2024 | 1:45 min
Warum der Expertenrat pessimistisch ist
Zwar würde laut den von Habeck im März verkündeten UBA-Projektionen Deutschland knapp innerhalb des gesetzlich erlaubten Budgets an Treibhausgas-Emissionen bleiben. Der Expertenrat erwartet aber nicht, dass es so kommt und nennt dafür zwei Gründe.
Erstens fehlten bei den Projektionsdaten Angaben zur Wahrscheinlichkeit, dass sich der Treibhausgas-Ausstoß tatsächlich so entwickelt wie angenommen. Anhand eigener Berechnungen geht der Expertenrat davon aus, dass nicht von einer Erreichung des 2030-Ziels ausgegangen werden sollte - auch wenn zu erwarten sei, dass die Emissionen erheblich sinken. Die vorausberechneten Emissionen in den Bereichen Energie, Gebäude und Verkehr sowie mit Einschränkungen auch in der Industrie wurden nach Einschätzung der Fachleute unterschätzt.
Das Jahr 2023 hat beim Thema Klimakrise zahlreiche Negativ-Rekorde gebrochen. Das zeigt der Jahresbericht der Weltwetterorganisation. 2024 könnte es noch schlimmer kommen.20.03.2024 | 2:09 min
Habecks Prognose ohne Haushaltsanpassung
Das wiederum führt der Expertenrat auf den zweiten Grund zurück: Wichtige Entwicklungen, die in die Berechnungen des Umweltbundesamts nicht eingeflossen sind. Habecks Optimismus beruhte auf teils überholten Annahmen, wie Kritiker schon im März anmerkten. Denn in die Berechnungen waren nur Daten bis zum Oktober 2023 eingeflossen. Doch erst danach wurde - unter dem Sparzwang des Karlsruher Haushaltsurteils - der wichtige Energiewendetopf Klima- und Transformationsfonds zusammengestrichen.
Der Expertenrat verweist auf diese Kürzungen, aber auch veränderte Markterwartungen für Gaspreise und Zertifikatspreise im europäischen Emissionshandel. Im Emissionshandel können Unternehmen mit Rechten zum Ausstoß von Treibhausgasen (Zertifikaten) handeln.
ZDFheute-Klimaradar Dashboard
ZDFheute Infografik
Ein Klick für den Datenschutz
Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Die Wissenschaftler mahnen die Bundesregierung zum Handeln - auch wenn das jüngst vom Bundestag und Bundesrat verabschiedete neue Klimaschutzgesetz erst dann eine politische Nachsteuerung vorsieht, wenn die Daten in zwei Jahren nacheinander eine Verfehlung der Klimaziele erwarten lassen.
Hinzu komme: Nach den Projektionsdaten sei auch für den Zeitraum 2031 bis 2040 mit Zielverfehlungen der dann noch ehrgeizigeren Klimaziele zu rechnen. Auch das Ziel der Treibhausgasneutralität werde weder bis zum Jahr 2045 noch bis 2050 erreicht.
Der Expertenrat ist ein Wissenschaftler-Gremium. Die Mitglieder werden für eine Dauer von fünf Jahren von der Bundesregierung berufen und arbeiten unabhängig. Zu seinen Aufgaben laut Bundesklimaschutzgesetz gehört die jährliche Prüfung der vorläufigen Daten des Umweltbundesamts zum Treibhausgas-Ausstoß des Vorjahres.
Alle zwei Jahre legen die Experten auch ein Gutachten vor, in dem es unter anderem um die Wirksamkeit der Klimaschutzmaßnahmen zur Erreichung der deutschen Klimaziele geht.