Vorzeitiges Aus für Klimaschutzprojekte der Ölkonzerne
Ölkonzerne im Ausland:Aus für fragwürdige Klimaschutzprojekte
von Hans Koberstein, Nathan Niedermeier, Marta Orosz
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Die Bundesregierung verbietet umstrittene Klimaschutzprojekte der Mineralölkonzerne im Ausland. Zuvor hatte ZDF frontal über Betrugsverdacht in Milliardenhöhe berichtet.
Mineralölkonzerne in Deutschland müssen in Zukunft mehr auf die Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe setzen.
Quelle: dpa
Das Kabinett hat heute das vorzeitige Aus sogenannter "Upstream Emission Reduction"-Projekte (UER) beschlossen. Ab 2025 dürfen Mineralölkonzerne demnach ihre gesetzlichen Klimaschutzvorgaben nicht mehr mit CO2-Reduktionsprojekten im Ausland erfüllen.
ZDF frontal deckte Anfang Mai auf, dass einige dieser jeweils millionenschweren UER-Projekte nur vorgetäuscht waren. Derzeit prüft das Umweltbundesamt den Betrugsverdacht.
UER-Projekte waren erst 2020 eingeführt worden, als zusätzliche Option für die Mineralölindustrie, die gesetzlichen Klimaschutzvorgaben zu erfüllen. Ölkonzerne konnten bisher CO2-Einsparsprojekte aus anderen Ländern auf ihre vorgeschriebene Treibhausgas-Quote anrechnen lassen. Damit ist nun Schluss.
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Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums teilte auf ZDF-Nachfrage dazu mit:
Die Regierung wolle in Zukunft stärker als bisher "Biokraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen und grünen Wasserstoff" fördern.
"Schmiermittel für Mineralölunternehmen"
Mineralölkonzerne in Deutschland müssen in Zukunft mehr auf die Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe setzen, um ihre gesetzlichen Klimaschutzvorgaben zu erfüllen.
Kritik an UER-Projekten gab es von Anfang an, vor allem aus der Biokraftstoff-Branche: "Die wirkten wie ein Schmiermittel für Mineralölunternehmen für eine leichtere Quotenerfüllung", sagt Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Für Mineralölkonzerne waren UER-Projekte oft günstiger, als Biokraftstoff einzukaufen.
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Keine CO2-Einsparungen mehr mit fragwürdigen Projekten
Nun fällt diese Option für die Ölkonzerne zukünftig weg: Neue Anträge für UER-Projekte können nur noch vier Wochen nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung eingereicht werden. Nach 2025 werden auch keine, mit UER-Maßnahmen eingesparten CO2-Mengen, mehr angerechnet.
Zudem verschärft die Gesetzesreform die Anforderungen der Verifizierung solcher Klimaschutzprojekte: So müssen etwa künftig immer zwei Personen vor Ort die Projekte kontrollieren.
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Nach Recherchen von ZDF frontal befinden sich fast alle UER-Projekte in China, die sich Konzerne wie Shell, Rosneft Deutschland oder OMV zu Nutze machten. Geschätzter Gesamtwert, mehr als 1,7 Milliarden Euro. Die Kosten dafür werden auf den Verkaufspreis umgelegt, es bezahlen die Verbraucher, wenn sie tanken oder Heizöl kaufen.