Am 1. Juli: Was das neue Klimaanpassungsgesetz bedeutet

    FAQ

    Maßnahmen ab 1. Juli:Was das neue Klimaanpassungsgesetz bedeutet

    von Birgit Hermes
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    Mit dem Klimawandel steht die Gesellschaft vor großen Herausforderungen. Um sich an die veränderten Bedingungen anzupassen, tritt am 1. Juli das Klimaanpassungsgesetz in Kraft.

    Grüne Architektur in der City von Düsseldorf
    Die Begrünung des "Kö-Bogen 2" gedeiht prächtig und soll dafür sorgen, dass sich die Menschen auch bei Klimaveränderungen gern in der Innenstadt aufhalten.
    Quelle: imago/blickwinkel

    Das Treibhausgas Kohlendioxid, das sich bereits in der Atmosphäre befindet, wird noch viele Jahrzehnte lang wirksam sein und das Klima beeinflussen. Eine Anpassung an den Klimawandel ist also dringend nötig, um die Gefahren - wie etwa Starkregen - für Mensch, Tier und Umwelt gering zu halten. Mit dem Bundes-Klimaanpassungsgesetz (KAnG) wird der rechtliche Rahmen geschaffen, diesen Herausforderungen zu begegnen. Prof. Dr. Patrick Hilbert, Inhaber eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Universität Münster, hat sich mit dem Gesetz befasst.

    Was sind die Bausteine des Klimaanpassungsgesetzes?

    Das KAnG fuße auf drei Säulen, so Patrick Hilbert, nämlich der Maßnahmenplanung, der integrierten Klimaanpassung und den informationsbezogenen Ansätzen. Es entspreche damit im Ausgangspunkt rechtlichen Vorgaben, die es bereits gebe. Denn tatsächlich wurde das KAnG nicht in ein rechtsfreies Vakuum hinein geboren.
    So enthielten etwa die UN-Klimarahmenkonvention, das Paris Abkommen und das Europäische Klimagesetz auf internationaler Ebene Vorgaben zur Klimaanpassung, erläutert der Jurist im "Verfassungsblog". National existiere zum Beispiel seit 2008 die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS).

    Was heißt: Maßnahmenplanung?

    Hierbei geht es um Maßnahmen, mit denen das Ziel einer stärkeren Resilienz erreicht werden kann. Diese Maßnahmen reichen von einer den Klimawandeleffekten trotzenden Architektur über die Stadtplanung bis hin zu einer an die Klimarisiken angepassten Landnutzung. Entsprechend adressiert das Gesetz damit den Bund, die Länder und mittelbar Kommunen. Das Umweltbundesamt (UBA) listet 226 beispielhafte Maßnahmen auf, die bestimmte Klimawirkungen reduzieren können. Etwa:
    • Während Hitzeperioden kann das Erhitzen von Innenräumen durch die Begrünung von Dächern und Fassaden von Gebäuden reduziert werden.
    • Das Risiko von Hochwasserschäden an Brücken und anderer Infrastruktur kann durch die Schaffung von Versickerungsflächen verringert werden.
    • Die Waldbrandgefahr ließe sich durch den Umbau von Kiefern- oder Fichtenforsten in Mischwälder senken.

    Sogenannte no-regret-Maßnahmen sind zu bevorzugen. Diese Maßnahmen basieren auf Strategien, die mit oder ohne Folgen des Klimawandels ökonomisch, ökologisch und sozial sinnvoll sind. Dazu gehören etwa:

    • energieeffiziente Gebäudestandards
    • die Erarbeitung von Frühwarnsystemen zum Schutz vor Hochwasserereignissen
    • das Einrichten grüner Oasen in Städten, die an heißen Sommertagen Kühle und Schatten spenden
    • im Bereich der Landwirtschaft die Wiederbelebung von Feldhecken, um der windbedingten Erosion des Ackerbodens zu begegnen. Außerdem der Anbau von an den Klimawandel angepassten Ackerpflanzen.

    Was heißt: Integrierte Klimaanpassung?

    Im wesentlich bedeutet das, dass das Thema Klimaanpassung von Trägern öffentlicher Aufgaben immer mitgedacht werden muss - jedenfalls dort, wo Klimaeffekte zu erwarten sind. Das wichtigste Instrument sei das in Paragraf 8 vorgesehene Berücksichtigungsgebot, so Patrick Hilbert.
    Es verlange, dass "alle Stellen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen (Paragraf 2 Nr. 3), immer dann, wenn ihnen das Recht Entscheidungsspielräume belässt […], prüfen müssen, ob bei der Entscheidung Belange der Klimaanpassung (Schutz und Vorsorge) eine Rolle spielen können und wie weit sie in Abwägung mit anderen Belangen zur Geltung kommen sollen", schreibt er im Verfassungsblog.
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    Das heißt aber auch, dass anderen Belangen Vorrang eingeräumt werden kann. Das könnte etwa dann der Fall sein, wenn eine Kommune einem Bauprojekt, das zu Versiegelung führt, den Vorrang vor dem Erhalt einer Versickerungsfläche gäbe. Dennoch sei die gesetzliche Normierung zu begrüßen, so der Rechtswissenschaftler, weil sie das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Klimaanpassung schärfe.

    Was heißt: Informationsbezogener Ansatz?

    Das heißt: Die Klimaanpassungsstrategien und die integrierte Klimaanpassung sollen auf einer soliden Datengrundlage basieren. Da sind vor allem die Klimarisikoanalysen zu nennen, die vom Bund und von den Ländern erstellt werden müssen.
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    Mit der "Klimawirkungs- und Risikoanalyse" des UBA ist ein solches Instrument auf Bundesebene bereits eingerichtet. Daneben soll ein Monitoringbericht die Folgen des Klimawandels und den Stand der Klimaanpassungsstrategie im Vier-Jahres-Rhythmus abbilden. Die Veröffentlichung der Informationen ermöglicht zudem eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit.
    Das KAnG schaffe einen tauglichen Rahmen für die Klimaanpassung, resümiert Patrick Hilbert. Dessen Auffüllung sei allerdings den politischen Akteuren überlassen.

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