Climate Risk Index: Hunderttausende Tote durch Wetterextreme

Climate Risk Index:Hunderttausende Tote durch Wetterextreme

Andreas Ewels
von Andreas Ewels
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Vor der Münchener Sicherheitskonferenz legt die Organisation Germanwatch dramatische Zahlen vor. In den letzten 30 Jahren starben demnach fast 800.000 Menschen durch Wetterextreme.

China, Peking: Ein traditionelles Tor wird am 1. August 2023 von Hochwasser umgeben.
Überschwemmungen in Peking: China ist laut Germanwatch eines der Länder, das am verheerendsten von extremen Wetterereignissen betroffen ist. (Archivbild)
Quelle: dpa

Schon die Überschrift des Pressetextes von Germanwatch zum Thema "Sicherheitsrisiko Klimakrise" liest sich wie ein Horrorszenario. Mehr als 765.000 Tote und 4,2 Billionen US-Dollar an Schäden hat es, so die Organisation, in den letzten 30 Jahren durch Wetterextreme gegeben.
Seit 2006 analysiert der Climate Risk Index die durch Extremwetter verursachten Todeszahlen und die volkswirtschaftlichen Schäden - sowohl die absoluten Zahlen als auch in Relation zur Einwohnerzahl bzw. dem Bruttoinlandsprodukt. Als Grundlage dienen Daten der International Disaster Database (EM-DAT) zu Extremwetterereignissen sowie die sozioökonomischen Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Dabei hat die Organisation ihre Methodik nach 15 Jahren verändert und bezieht nun auch betroffene Menschen, also verletzte oder obdachlos gewordene Personen, als Indikator mit ein.
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China im Fokus

Dabei rückt der Index besonders drei Länder in den Fokus. China, Honduras und der Inselstaat Dominica sind laut Germanwatch am verheerendsten von extremen Wetterereignissen betroffen. Immer wieder machen Stürme, Hitzewellen und Überflutungen den Ländern zu schaffen. Der Langfrist-Index mit Blick auf die vergangenen 30 Jahre zeigt diese Länder an der Spitze des Negativ-Rankings.
Vera Künzel ist Senior-Referentin bei Germanwatch und Co-Autorin des sogenannten Climate Risk Index, der die klimabedingten Verluste und Schäden weltweit auflistest. Da die Klimakrise Frieden und Stabilität rund um den Globus beeinflusst, kommt die Veröffentlichung für sie genau zum richtigen Zeitpunkt:

Die Staats- und Regierungschefs auf der Münchener Sicherheitskonferenz können nicht über sicherheitspolitische Herausforderungen diskutieren, ohne den Klimawandel anzugehen.

Vera Künzel, Germanwatch

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Klimaforscher: "Keine Panikmache"

Insgesamt ist eine Zunahme solcher Ereignisse weltweit zu beobachten. Keine neue und keine exklusive Meldung, aber eine Bestätigung der besorgniserregenden Entwicklung. Dies sieht auch Professor Tobias Sauter so. Er ist Klimaforscher an der Humboldt-Universität Berlin und hält die Einschätzungen von Germanwatch für richtig:

Dies ist keine Panikmache, sondern durchaus eine sachliche Zustandsbeschreibung.

Tobias Sauter, Klimaforscher an der HU Berlin

Kritisch sieht der Wissenschaftler allerdings die Tatsache, dass der Index nur vergangene Ereignisse berücksichtigt und langfristige Folgen wie den Anstieg des Meeresspiegels oder Veränderungen der Umwelt nicht einbezieht.
Dies bestätigt Vera Künzel: "Es lassen sich keine Trends oder Prognosen ableiten, gleichzeitig sollen die Länder, die weit oben gerankt sind, den Index als Warnhinweis verstehen - insbesondere jene, die über den Zeitraum von 30 Jahren weit oben stehen.
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Dramatische Zahlen auch aus Deutschland

Dafür lenkt der Index den Blick auch auf Deutschland. An die dramatischen Bilder aus dem Ahrtal kann sich noch jeder erinnern, doch auch hier werden durch den Index die letzten 30 Jahre ins Visier genommen. Mehr als 18.000 Todesopfer, über 500.000 Betroffene und rund 125 Milliarden Dollar Schäden durch Extremwetter sind hier die erschreckenden Zahlen. Damit liegt Deutschland im Zeitraum von 1993 bis 2022 an 48. Stelle.
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Dabei hat auch dieser Index seine Lücken. "Wären die Daten aus Ländern des globalen Südens genauso umfassend dokumentiert, würde möglicherweise eine noch größere Betroffenheit sichtbar", so Germanwatch.

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Germanwatch: Brauchen ambitionierteren Klimaschutz

Für Vera Künzel ist mit der Veröffentlichung der Zahlen auch eine Botschaft verbunden: "Wir brauchen dringend deutlich ambitionierteren Klimaschutz, um die Folgen weitestmöglich zu minimieren. Auch ein besseres Klimarisikomanagement kann die Folgen für die Menschen deutlich abmildern. Ärmere Länder müssen hierbei finanziell unterstützt werden."
Ob und in welcher Form man sich während der Sicherheitskonferenz um diesen Index kümmert, wird sich zeigen. In das Programm wurde eine geplante Präsentation nicht aufgenommen.

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