Landtagswahlen 2024: Wie gefährlich ist KI im Wahlkampf?

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    Landtagswahlen 2024:So gefährlich ist KI im Wahlkampf

    Marie Scholl
    von Marie Scholl
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    78 Prozent der 25- bis 34-Jährigen befürchten, dass Wahlentscheidungen durch KI beeinflusst werden könnten. Das ist unbegründet, meinen Experten. KI könne sogar eine Chance sein.

    Symbolbild: Datenordner über unscharfen Menschengesichtern
    Die Angst, dass Wahlentscheidungen durch die Verbreitung von KI-generierten Fake-News beeinflusst werden könnten, ist laut einer Umfrage am höchsten. Doch ist das in Deutschland möglich?
    Quelle: imago/aal.photo

    2024 ist das erste Wahljahr, in dem nahezu jeder Mensch in Deutschland Zugang zu KI-Werkzeugen hat. Aber kann man mit diesen Werkzeugen auch Wahlen beeinflussen?
    Zumindest die Sorge davor ist bei jungen Erwachsenen verbreitet. Das ist das Ergebnis der repräsentativen ZDF-Umfrage "KI - die neue Realität?" unter 25- bis 34-Jährigen in Deutschland. 78 Prozent haben demnach die Befürchtung, dass mit KI Wahlentscheidungen beeinflusst werden könnten.
    KI-Umfrage zu Wahlen
    ZDFheute Infografik
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    "Diese Angst ist unbegründet", kontert Politikwissenschaftler Prof. Andreas Jungherr von der Universität Bamberg. Das Ergebnis sage stattdessen "viel darüber aus, wie wir über KI denken", ergänzt er. KI werde in Debatten oft mit Jobverlust, Lüge und Desinformation in Verbindung gebracht.



    Bei KI denken viele gleich an Fakes

    Konkret denken bei KI viele an KI-generierte Fake-Fotos, - Videos oder -Sprachaufnahmen. Wie vor der Parlamentswahl in der Slowakei 2023, als gefälschte Tonaufnahmen eines Kandidaten aufgetaucht waren. Darin ging es um angeblich gekaufte Stimmen.
    Mit KI Inhalte fälschen und Fake News erzeugen: Junge Erwachsene in Deutschland bewerten das als das mit Abstand größte Risiko im Zusammenhang mit KI. Auch das hat die ZDF-Umfrage ergeben. Auf Platz zwei und drei liegen "Außer Kontrolle geratene KI" (33 Prozent) und "Verlust von Arbeitsplätzen" (32 Prozent).
    KI-Umfrage
    ZDFheute Infografik
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    KI macht Fake News einfacher

    "Die Gefahr, dass KI-Fake-Videos oder Tonaufnahmen die Menschen in Deutschland in ihrer Wahl beeinflussen, ist verschwindend gering", ist sich Jungherr aber sicher. "Zumindest solange es eine funktionierende Presse gibt, die so etwas schnell einordnet."

    Künstliche Intelligenz bezeichnet meist Anwendungen auf Basis maschinellen Lernens, bei denen eine Software große Datenmengen nach Übereinstimmungen durchforstet und daraus Schlussfolgerungen zieht. Damit können menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität imitiert werden. Damit können Maschinen beispielsweise ihre Umwelt wahrnehmen und auf sie reagieren.

    KI wird schon jetzt in vielen Bereichen eingesetzt. Zum Beispiel können solche Programme Aufnahmen von Computertomografen schneller und mit einer höheren Genauigkeit als Menschen auswerten. Selbstfahrende Autos wiederum versuchen, das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer vorherzusagen. Und Chatbots oder automatische Playlists von Streaming-Diensten arbeiten ebenfalls mit KI.

    Auch abseits vom Wahl-Kontext gelte: KI mache es zwar einfacher, Fake News zu erstellen. Aber im Prinzip seien Fake News kein neues Phänomen.

    Fake News funktionieren als Bestärker, nicht als Überzeuger.

    Andreas Jungherr, Politikwissenschaftler an der Uni Bamberg

    Was der Politikwissenschaftler damit meint: Es gebe immer Menschen, die partout nicht von ihrer Meinung oder ihrem Weltbild abrücken wollen. Die wollen Fake News glauben, denen passen sie ins Weltbild. Aber die Mehrheit in Deutschland sei doch empfänglich für die Wahrheit.
    Airbus Defence and Space Flugzeug
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    Fake News in Deutschland: Wenig Chance auf Erfolg

    Desinformation fielen hier auf viel weniger fruchtbaren Boden als etwa in den USA, so Jungherr. Auch, weil es hierzulande im Vergleich zu den USA nicht so viele und weniger einflussreiche  sogenannte alternative Medien gibt, die Fake-Posts aufgreifen, verbreiten und ihnen einen seriöseren Anstrich geben.
    Video-Fakes wie etwa von Tagesschau-Sprechern, die sich für vermeintliche Lügen in der Pandemie entschuldigen, verfangen also nicht wirklich in der breiten Bevölkerung.
    Thumbnail Die Spur: Kann KI Wahlen beeinflussen?
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    Der US-amerikanische KI-Experte Prof. David Evan Harris von der Universität Berkeley äußert sich besorgter: Im Wahljahr 2024 gebe es frei verfügbare KI-Tools, die Inhalte erstellen, die aussehen, als wären sie von Menschen gemacht. Das hält er für "wirklich gefährlich für die Demokratie“.

    Politikberater: KI-Fakes bringen Parteien nichts

    Parteien nutzen schon jetzt auch generative KI – bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen bisher eher im kleineren Umfang, wie eine Anfrage von ZDFheute ergibt.
    Auch irreführende Experimente mit generativer KI sind bekannt. So hat etwa im Mai ein AfD-Landespolitiker von ChatGPT eine vermeintliche Pressemitteilung von Nancy Faeser schreiben lassen, diese als Satire gekennzeichnet und auf X hochgeladen. Alice Weidel nahm die Pressemitteilung versehentlich, wie sie sagt, für bare Münze.
    Dass Parteien in Deutschland systematisch mit generativer KI falsche Videos, Schriften oder Tonaufnahmen ihrer Gegner erstellen, kann sich Politikberater Mathias Richel nicht vorstellen: Das sei "fernab jeglicher Realität". Richel hat die SPD in der Vergangenheit in verschiedenen Funktionen bei Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen beraten.

    KI als Möglichkeit, den Wahlkampf zu erleichtern

    KI-Werkzeuge können Parteien helfen, ihren Wahlkampf schneller, effizienter und günstiger zu machen, so Jungherr.
    Die AfD und die FDP in Sachsen bieten Chatbots an, denen man Fragen zu den Inhalten der Parteien stellen kann. In solchen Chatbots sieht Jungherr grundsätzlich eine Chance, politische Inhalte barrierefreier und für alle verständlicher zu machen.
    KI ermögliche künftig vor allem noch zielgenauere und schneller anpassbare Wahlwerbung. Darin sieht Politikberater Richel ein Risiko. KI ist in den Augen beider Experten aber zumindest aktuell in Deutschland keine Gefahr für die Demokratie. 

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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