Erfurt: Wie der Katholikentag um Zukunftswege rang

    Gläubige in Erfurt:Wie der Katholikentag um Zukunftswege rang

    von Jürgen Erbacher, Erfurt
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    Politik, Kirchenvertreter und Gläubige ringen fünf Tage um Wege für eine Zukunft in Frieden und Gerechtigkeit sowie die Reformen der Kirche. 20.000 kommen zu dem Glaubensfest.

    Priester verfolgen den Schlussgottesdienst des 103. Deutschen Katholikentages auf dem Domplatz in Erfurt.
    Der Katholikentag in Erfurt wurde mit einem Appell zur Demokratiestärkung beendet. Es wurde dazu aufgerufen, die Würde aller Menschen gegen Angriffe zu verteidigen.02.06.2024 | 0:20 min
    Die einen haben für die Seele getankt, die anderen über Reformen in der Kirche und die Zukunft der Demokratie diskutiert. Der Katholikentag in Erfurt war einerseits ein buntes Glaubensfest. Auf der anderen Seite waren die großen Herausforderungen für Politik und die katholische Kirche überall zu spüren.
    Meist blieb es friedlich in den Debatten. Eine der wenigen Ausnahmen war beim Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz, der von Klimaaktivisten lautstark gestört wurde.
    Nachdem die Veranstaltung einige Minuten unterbrochen werden musste, überstimmten die Zuschauenden mit einem geistlichen Friedenslied die Protestierenden und die Diskussion konnte fortgesetzt werden.
    Anika sitzt mit drei Ordensleuten auf einer Bank in der Erfurter Innenstadt vor einer Kirchentür.
    Die meisten Erfurter hatten ihr Leben lang nicht viel mit Kirche am Hut. Bis jetzt.03.06.2024 | 29:30 min

    Kirchentage weiterhin politisch bedeutsam

    Neben Scholz waren zahlreiche Bundes- und Landespolitiker nach Erfurt gekommen. Das hat auch bei Evangelischen Kirchentagen Tradition und zeigt, dass die Politik trotz Krise der Kirchen diesen nach wie vor eine wichtige Bedeutung beimisst.
    Wirtschaftsminister Robert Habeck sprach in Erfurt von der besonderen Funktion der Kirchen als Hoffnungsgeber dafür, dass der Aufbau einer besseren Welt möglich sei.

    Steinmeier beklagt Vertrauensverlust in die Kirchen

    Zum Auftakt des Katholikentags hatte Bundespräsident Frank Walter Steinmeier das klare Eintreten der katholischen Kirche gegen Rechtsextremismus begrüßt und an die Erklärung der Bischöfe vom Februar erinnert mit dem Titel "Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar".
    Zugleich beklagte der Bundespräsident den Vertrauensverlust in die großen Kirchen und stellte einige kritische Fragen, etwa ob die Kirchen zu wenig Anstoß böten, zu blass oder zu wenig profiliert seien. Ob Menschen, die ernsthaft Sinn suchten, überzeugende Antworten, geistliche Kompetenz oder empathische Begleitung in den Kirchen fänden?
    Bischof von Limburg Bätzing in lilanem Gewand.
    Die Bischofskonferenz hat sich gegen Rechtsextremismus positioniert. Zudem riefen die katholischen Geistlichen dazu auf, Widerstand zu leisten, wenn Menschenrechte in Gefahr sind.22.02.2024 | 1:45 min

    Reformdebatte in der katholischen Kirche im Fokus

    Die innerkirchlichen Debatten um Reformen in der katholischen Kirche wurden bei vielen Veranstaltungen thematisiert. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zeigte sich zuversichtlich, dass Veränderungen kommen werden etwa mit Blick auf mehr Mitbestimmung der Gläubigen, auch wenn es aktuell aus dem Vatikan viel Gegenwind gebe.
    Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, erklärte wiederholt, längst überfällige Reformen für eine vielfältige, geschlechtergerechte und generationengerechte Kirche seien überfällig.

    Meine Ungeduld ist groß, und nicht nur meine. Es ist genug geredet. Es muss gehandelt werden!

    Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken

    Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz eröffnet die Konferenz
    Die katholische Kirche will mit Reformen gegen massenhafte Austritte ankämpfen – dabei soll der Synodale Weg helfen. Doch dem Papst gehen die Pläne der deutschen Bischöfe zu weit.19.02.2024 | 1:37 min

    Teilnehmer kritisieren überfüllte Events

    Die Reduzierung der Veranstaltungen von weit über 1.000 beim letzten Katholikentag in Stuttgart auf jetzt 500 wurde unterschiedlich bewertet. Die Veranstalter, das ZdK und das Bistum Erfurt, sahen darin die Chance einer inhaltlichen Fokussierung und Profilierung.
    Unter Teilnehmenden waren auch kritische Stimmen zu hören. Viele Veranstaltungen seien überfüllt gewesen und die Auswahl gerade großer Podien zu aktuellen Themen zu gering. Die Frage, ob es gelungen ist, die lokale, meist konfessionslose Bevölkerung für das kirchliche Großereignis zu begeistern, wird unterschiedlich beantwortet.
    Baden-Württemberg, Freiburg im Breisgau: Ein Kreuz ist an der Fassade des Freiburger Münsters zu sehen, dahinter ein Turm des Münsters.
    Eine Studie der Evangelischen und Katholischen Kirche hat ergeben, dass Kirchenbindung und Religiosität in Deutschland abnehmen. Auch das Vertrauen in die Institution schwindet.14.11.2023 | 1:44 min

    AfD-Vertreter auf Podien unerwünscht

    Auf der Kirchentagsmeile, wo sich die kirchlichen Verbände und Institutionen mit Ständen präsentierten, wurden wenige Erfurter gesichtet, dafür vor allem die angereisten Katholiken. ZdK-Vizepräsident Thomas Söding zeigte sich dennoch überzeugt, dass der Brückenschlag gelungen sei. Viele der kulturellen und religiösen Angebote seien so offen gestaltet worden, dass sie das Interesse der Bürgerinnen und Bürger geweckt hätten.
    Extreme Positionen aus Politik und Kirche waren in Erfurt nicht präsent, AfD-Vertreter auf Podien ausdrücklich nicht erwünscht. Der Katholikentag bot der breiten Mitte einen Ort für Dialog und Gespräche. 2026 findet das nächste große Katholikentreffen statt: in Würzburg.

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