Hitzige Debatte: Schutz von Juden als Staatsziel?

    Gemischte Reaktionen:Debatte: Schutz von Juden als Staatsziel?

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    Den Schutz jüdischen Lebens als Staatsziel im Grundgesetz verankern - der Vorstoß des bayerischen Antisemitismusbeauftragten löst gemischte Reaktionen aus.

    Symbolbild: Polizistin gibt Polizeischutz für Synagoge in Düsseldorf
    Mehr antisemitische Vorfälle: Polizeischutz vor Synagoge (Symbolbild)
    Quelle: imago images

    Die Initiative des bayerischen Antisemitismusbeauftragten Ludwig Spaenle (CSU), den Kampf gegen Antisemitismus und den Schutz jüdischen Lebens als Staatsziel im Grundgesetz und in den Landesverfassungen zu verankern, löst in der Politik gemischte Reaktionen aus.
    SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese betonte, dass der Schutz jüdischen Lebens eine gemeinsame Aufgabe sei, der mit Entschlossenheit begegnet werden müsse. Allerdings kritisierte er, dass Gespräche über Verfassungsänderungen bisher gescheitert seien, da die CDU/CSU eine solche Anpassung ablehne.
    Student Lahav Shapira
    Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel hat sich in Deutschland die Zahl antisemitischer Vorfälle deutlich erhöht.14.08.2024 | 10:11 min

    Notwendige Zweidrittelmehrheit

    Die Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann und Katharina Dröge, äußerten ihre Besorgnis über die anhaltende Bedrohung durch Antisemitismus. Sie signalisierten grundsätzliches Interesse an einer Verfassungsänderung, bedauerten jedoch die fehlende Unterstützung: Für die notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundestag seien auch die Stimmen der Opposition erforderlich. 
    Friedrich Merz, Vorsitzender der stärksten Oppositionsfraktion (CDU/CSU) im Bundestag, äußerte sich skeptisch über eine Grundgesetzänderung. Er betonte, dass die bestehende Verfassung bereits ausreichenden Schutz biete und eine zusätzliche Klausel keine nennenswerten Verbesserungen mit sich bringen würde.

    Skepsis bei Union und Linken

    Auch Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag, äußerte Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit einer solchen Änderung. Er unterstützte zwar den Kampf gegen Antisemitismus, stellte jedoch infrage, ob eine Verfassungsänderung in der Praxis tatsächlich zu mehr Schutz führen würde.
    Thomas Haldenwang
    Seit dem Überfall der Hamas auf Israel und dem Gaza-Krieg beobachtet der Verfassungsschutz in Deutschland neue Allianzen zwischen Gruppen, die sonst wenig Schnittmengen haben.15.07.2024 | 4:03 min
    Die Linke im Bundestag vertrat die Ansicht, dass das Grundgesetz bereits umfassenden Schutz vor Diskriminierung biete, einschließlich des Antisemitismus. Eine spezifische Hervorhebung im Grundgesetz könne den Eindruck erwecken, dass andere Diskriminierungsformen weniger ernst genommen würden.
    Ilse Aigner, Präsidentin des Bayerischen Landtags, lobte hingegen Spaenles Vorstoß und bezeichnete Antisemitismus als eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Sie begrüßte die Idee einer Ergänzung des Grundgesetzes und sicherte zu, den Vorschlag in die weitere politische Diskussion einzubringen.

    Positive Erfahrungen in anderen Bundesländern

    Ludwig Spaenle hatte im Mai vorgeschlagen, den Kampf gegen Antisemitismus und den Schutz jüdischen Lebens als Staatsziel im Grundgesetz und den Verfassungen aller Bundesländer zu verankern. 
    Israel-Flagge spiegelt sich in Scheibe der FU Berlin
    Wegen des Krieges in Gaza ist die Stimmung auch an vielen deutschen Universitäten angespannt. Die FU Berlin will angehende Lehrer mit Kursen besser vorbereiten.28.05.2024 | 1:34 min
    In seinem Schreiben, das unter anderem an führende Politiker verschiedener Bundestagsfraktionen gerichtet war, verwies er auf positive Erfahrungen in Bundesländern wie Brandenburg, Bremen, Hamburg und Sachsen-Anhalt, die bereits entsprechende Verfassungsänderungen vorgenommen haben. Spaenle regte an, dass Bayern und andere Bundesländer diesem Beispiel folgen sollten.
    Quelle: dpa

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