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IT-Lizenzen von Behörden:Bund zahlt Milliarden an Microsoft und Oracle
von Dominik Rzepka
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Sechs Milliarden Euro zahlt der Bund für IT-Produkte von Microsoft und Oracle. Obszön viel, findet Linken-Politikerin Domscheit-Berg. Der Bund mache sich abhängig von US-Konzernen.
Microsoft
Der Bund zahlt den beiden US-Konzernen Microsoft und Oracle für IT-Leistungen insgesamt rund sechs Milliarden Euro. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Linken-Abgeordneten Anke Domscheit-Berg hervor, die ZDFheute vorliegt.
Demnach zahlt der Bund für Microsoft-Lizenzen bis 2025 etwa 1,28 Milliarden Euro. Microsoft stellt unter anderem die Software Office her, mit der zum Beispiel bei der Bundeswehr, in Ministerien oder Behörden wie der Bundesagentur für Arbeit gearbeitet wird.
Oracle produziert unter anderem die Datenbanksoftware Oracle Database. Mit Oracle hat der Bund Rahmenverträge über 4,8 Milliarden Euro abgeschlossen, der Vertrag läuft bis ins Jahr 2030. Die Linken-Abgeordnete Anke Domscheit-Berg kritisiert die Summe als "obszön hoch". Sie sagt ZDFheute:
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Nur ein Zehntel der Aufträge an deutsche Konzerne
Insgesamt haben die IT-Rahmenverträge des Bundes mit den zehn größten Vertragspartnern ein Volumen von rund 13,6 Milliarden Euro. Die meisten Vertragspartner kommen aus den USA, einige wenige aus Japan, Indien und China.
Für Produkte deutscher Unternehmen zahlt der Bund nur knapp 1,2 der rund 13,6 Milliarden Euro, also nur etwa ein Zehntel. Der mit Abstand größte Anteil davon fließt an das IT-Sicherheitsunternehmen Secunet in Essen. SAP aus Baden-Württemberg erhält 1,9 Millionen Euro, ein Kleinunternehmen aus Deutschland weniger als 20.000 Euro.
Abhängigkeit von US-Konzernen
Domscheit-Berg kritisiert, dass sich der Bund abhängig mache von US-Konzernen. Dabei habe die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag eigentlich digitale Souveränität versprochen, wollte also unabhängiger werden von Konzernen wie Microsoft und Oracle, unter anderem durch den Einsatz europäischer Software und IT-Lösungen.
Durch die Zahlungen an Microsoft und Oracle zeige die Ampel aber, dass ihr das Thema nicht besonders wichtig sei, so Domscheit-Berg. Sie kritisiert, dass durch die Nutzung von Software US-amerikanischer Hersteller auch das Risiko einhergehe, dass Daten über eingebaute Hintertüren an US-Geheimdienste abfließen könnten.
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Ampel verspricht eigentlich "Open Source"
Der Einsatz von Microsoft-Produkten widerspricht noch einem weiteren Versprechen der Ampel: der Förderung von sogenannter Open-Source-Software. Damit ist Software gemeint, die transparent ist und eine offene Programmiersprache hat. Sie kann von Dritten eingesehen und bearbeitet werden. Prominentes Beispiel dafür war im Jahr 2020 die offen entwickelte Corona-Warn-App.
Die Software von Microsoft ist hingegen geschlossen. Damit behält der Konzern die Kontrolle über die Funktionen der Software. Dabei heißt es im Koalitionsvertrag der Ampel eigentlich:
Ampel räumt Abhängigkeit von US-Konzernen ein
Allerdings verfehlt die Ampel dieses Ziel, kritisiert Domscheit-Berg. Digitalminister Volker Wissing (FDP) etwa habe von 22 Millionen Euro nur 0,5 Prozent in die Entwicklung von Open Source gesteckt. "Ich kann mich an keine Regierung erinnern, bei der digitalpolitische Ankündigungen und ihre Umsetzung derart eklatant auseinanderklafften", sagt sie.
In ihrer Antwort räumt die Bundesregierung ein, dass die Bundesverwaltung nach wie vor abhängig ist von einzelnen Software-Anbietern. Abhängigkeiten bestünden "grundsätzlich weiter", heißt es. Zwar bemühe man sich um mehr Open-Source-Software, aber:
Im Klaretxt: Wann der Bund weniger abhängig wird von Microsoft und anderen US-Konzernen kann die Bundesregierung nicht sagen. Noch jedenfalls ist das nicht der Fall. Auch nicht nach zwei Jahren Ampel.
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