Sanktionen für Jobverweigerer:Jusos kritisieren Heils Bürgergeld-Vorstoß
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Arbeitsminister Hubertus Heil will die Sanktionen beim Bürgergeld verschärfen. Kritik an dem Vorstoß kommt nicht nur von den Linken - auch die Jusos zeigen sich empört.
Die Jusos haben Pläne von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kritisiert, die Sanktionen beim Bürgergeld zu verschärfen. Der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation, Philipp Türmer, sagte dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstag):
In einem Rechtsstaat ist es nicht vertretbar, Menschen als Sanktion hungern zu lassen.
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Philipp Türmer, Juso-Vorsitzender
Vorübergehend nur Zahlung für Unterkunft und Heizung
Der Vorschlag, sämtliche Leistungen abseits der Miete zu streichen, sei weder mit der Menschenwürde noch mit dem Grundgedanken des Bürgergelds vereinbar.
SPD-Politiker Heil hatte der Bundesregierung vorgeschlagen, Sanktionen für Bürgergeld-Empfänger zu verschärfen, die immer wieder zumutbare Arbeitsangebote ablehnen. Der Staat soll ihnen vorübergehend nur noch die Kosten für Unterkunft und Heizung zahlen, um Obdachlosigkeit zu vermeiden. Der Bürgergeld-Regelsatz - 563 Euro im Monat für Alleinstehende - soll für zwei Monate wegfallen.
Das Bürgergeld ist die Sozialleistung, die früher als Arbeitslosengeld II oder umgangssprachlich Hartz IV bezeichnet wurde. Es ist eine Grundsicherung für Arbeitssuchende, soll also Menschen den Lebensunterhalt sichern, die arbeiten können, deren Einkommen aber nicht zum Leben reicht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales definiert das Bürgergeld als "Leistung des Sozialstaats zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums".
Seit Anfang 2024 erhalten Alleinstehende 563 Euro pro Monat.
Mit Partnern zusammenlebende Erwachsene erhalten 506 Euro.
Für Jugendliche im 15. Lebensjahr bis unter 18 Jahre fließen 471 Euro.
390 Euro erhalten Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres.
Für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres fließen derzeit 357 Euro.
Arbeitslosengeld steht Menschen zu, die in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben und arbeitslos werden. Es wird maximal 24 Monate ausgezahlt - danach folgt das Bürgergeld. Anders als beim Bürgergeld ist die Höhe des Arbeitslosengelds abhängig vom vorherigen Einkommen.
Laut Bundesagentur für Arbeit erhalten Menschen Bürgergeld, wenn sie erwerbsfähig und leistungsberechtigt sind und damit mindestens folgende Bedingungen erfüllen:
Sie sind mindestens 15 Jahre alt und haben die Altersgrenze für Rente noch nicht erreicht.
Sie wohnen in Deutschland und haben hier ihren Lebensmittelpunkt.
Sie können mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten.
Sie oder Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft sind hilfebedürftig.
Hilfebedürftig bedeutet, dass das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft unter dem Existenzminimum liegt und sie den Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln bestreiten können. Erwerbsfähigbedeutet, dass keine Krankheit oder Behinderung sie hindert, eine Arbeit aufzunehmen. Auch wer nicht erwerbsfähig ist, kann Bürgergeld erhalten, wenn die Person mit einer erwerbsfähigen und leistungsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebt.
Asylbewerber*innen und Geduldete bekommen in der ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland kein Bürgergeld, sondern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Erst nach anderthalb Jahren steht ihnen Bürgergeld zu. Laut neuem Asylbeschluss soll sich das aber ändern: Künftig sollen sie erst nach 36 Monaten Anspruch auf Bürgergeld haben.
Eine Ausnahme wurde für Menschen aus der Ukraine getroffen, die vor Russlands Krieg geflüchtet sind: Sie zählen nicht als Asylbewerber und haben nach der Flucht Anspruch auf eine Grundsicherung - also auch das Bürgergeld.
Kritik kommt neben den Jusos auch von der Linken
Auch die Linke kritisierte Heil. Die Ampel-Regierung saniere auf dem Rücken der Menschen mit wenig Geld den Haushalt, trete nach unten und spiele Menschen gegeneinander aus, sagte Parteichef Martin Schirdewan.
Und das alles nur, weil sie nicht bereit sei, Reiche und Vermögende stärker zu belasten. Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband warnte in der ARD, die Bundesregierung treibe Menschen ins Elend.
Unterstützung von der FDP - unterschiedliche Reaktionen aus SPD
Finanzminister Christian Lindner (FDP) dagegen unterstützte Heils Vorstoß. "Damit setzt der Arbeitsminister nicht nur seinen Beitrag zum Haushaltskonzept 2024 um. Vor allem wird die Akzeptanz des Sozialstaats gestärkt, wenn auch Gegenleistungen gefordert werden", sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. Das erwarteten die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu recht. Im kommenden Jahr müsse weiter in diese Richtung gedacht werden, sagte Lindner.
Das System unserer Sozialleistungen muss daraufhin geprüft werden, dass sich Arbeit stets mehr lohnt als der Verzicht auf einen Job.
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Christian Lindner, Bundesfinanzminister
Aus der SPD kamen unterschiedliche Reaktionen. Der sozialpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Rosemann, betonte, es gehe um eine wirklich sehr kleine Zahl von Menschen, die sich konsequent allen Angeboten verweigerten. "Und genau an dieser Stelle ist es dann vertretbar, die Sanktionsmöglichkeiten zu verschärfen. Das ist am Ende auch eine Frage der Gerechtigkeit", sagte er.
Oppositionspolitiker begrüßen Vorschlag
Sozialpolitiker aus der CDU begrüßten den Vorstoß. Der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Stracke (CSU), sagte den Funke-Zeitungen (Freitagsausgabe): "Wir warnen als CDU/CSU seit langem davor, dass zu lasche Bürgergeld-Sanktionen zu weniger Vermittlung in Arbeit führen."
Wer sich aus Bequemlichkeit jedem Job-Angebot verweigert, darf nicht darauf zählen, dass ihn die Solidargemeinschaft dabei auch noch finanziell unterstützt.
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Stephan Stracke, CSU-Politiker
Der CDU-Sozialpolitiker Stefan Nacke sagte dem "Tagesspiegel": "Die Solidarleistung des Bürgergeldes darf keine Einbahnstraße sein." Sofern es nicht möglich sei, dass Menschen selbst für sich sorgten, erwarte die Gesellschaft zurecht Mitwirkung bei Vermittlungs- und Weiterbildungsangeboten. "Im Empfinden der Bürger waren klare Sanktionen immer schon selbstverständliche Voraussetzungen für den Zusammenhang von Fördern und Fordern", so Nacke.
Aktuell dürfen die Jobcenter nur Sanktionen bis maximal 30 Prozent verhängen. Diese Grenze ist eine Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 2019, das damals geltende Sanktionen als verfassungswidrig eingestuft hatte.
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