Holocaust-Gedenken: Steinmeier warnt vor Demokratiefeinden

    Holocaust-Gedenken im Bundestag:Steinmeier warnt vor Rückkehr "in dunkle Zeit"

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    Vor 80 Jahren wurde das KZ Auschwitz befreit: Im Bundestag erinnerten Politiker und Holocaust-Überlebende an die NS-Opfer. Bundespräsident Steinmeier warnte vor Demokratiefeinden.

    Holocaust-Gedenken im Bundestag
    Sehen Sie die Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Plenarsaal des Deutschen Bundestages hier in voller Länge.29.01.2025 | 70:00 min
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat beim Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus an die Verantwortung Deutschlands für die eigene Geschichte erinnert. Die Gedenkstunde im Plenarsaal des Bundestages stand im Zeichen des 80. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz.
    Steinmeier betonte, es gebe "kein Ende der Erinnerung und deshalb auch keinen Schlussstrich unter unsere Verantwortung."

    Die Shoah ist ein Teil deutscher Geschichte. Sie ist, ob wir wollen oder nicht, Teil unserer Identität.

    Frank-Walter Steinmeier.

    "Gehen wir nicht zurück in eine dunkle Zeit. Wir wissen es besser. Machen wir es besser", sagte Steinmeier weiter.
    Roman Schwarzman und Baerbel Bas bei der Gedenkstunde des Deutschen Bundestages aus Anlass des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
    80 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz hat der Bundestag an die Verbrechen erinnert - und an Deutschlands Verantwortung für den Frieden in Europa.29.01.2025 | 2:23 min

    Steinmeier: Feinde der Demokratie ernst nehmen

    Steinmeier sagte, die deutsche Demokratie sei "die Antwort auf Rassenwahn und Nationalismus". Damit wandte sich der Bundespräsident auch an jene Menschen, die den Holocaust "verdrängen, verharmlosen oder vergessen" wollen. Damit werde das Fundament erschüttert, auf dem die Demokratie gewachsen sei. Steinmeier mahnte: "Nehmt die Feinde der Demokratie ernst."

    Wer heute die Demokratie lächerlich macht, verachtet, angreift, der ebnet eben auch den Weg zu Hass, Gewalt und Menschenfeindlichkeit.

    Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident

    Es dürfe nicht zugelassen werden, dass "Antisemitismus Alltag ist in unserem Land, auf unseren Straßen und Plätzen, in unseren Schulen und Hochschulen", so Steinmeier.

    ... leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet "Brandopfer". Er wird heute vor allem für den systematischen Völkermord an den europäischen Juden im Zweiten Weltkrieg durch die Nationalsozialisten verwendet.

    Juden sprechen oft auch von der Schoah, so lautet der hebräische Begriff für den Holocaust.

    Ukrainer Schwarzman überlebte Ghetto

    Der Holocaust-Überlebende Roman Schwarzman berichtete von Gräueln, die er als Kind im Ghetto der ukrainischen Stadt Berschad erleben musste. "Meine Geschichte ist die Geschichte von Millionen von Menschen, die ihre eigene Geschichte nicht mehr erzählen können", sagte der 88-Jährige vor den Abgeordneten im Plenarsaal.
    Häftlinge im Konzentrationslager Auschwitz am Tag der Befreiung und Landkarte
    In den Konzentrationslagern von Auschwitz werden über eine Million Menschen ermordet. Eine Kurz-Chronologie zu den Ereignissen. 22.01.2025 | 1:28 min
    Er habe mit seinen Geschwistern zweieinhalb Jahre hinter Stacheldraht verbracht. "Zweieinhalb Jahre voller Erniedrigung, Schmerzen, Läuse und mit ständigem Hunger." Auch nach 80 Jahren könne er sich daran erinnern, wie das Wasser im Ghetto geschmeckt habe.
    Schwarzman erinnerte an 25.000 Opfer des Nationalsozialismus, die in seiner Heimatstadt Odessa 1941 bei lebendigem Leib in Lagerhallen verbrannt worden seien. Er setze sich weiterhin dafür ein, ein Denkmal für sie zu errichten. Der Bau sei wegen Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine unterbrochen worden. Schwarzman zog in seiner Rede Parallelen zum Ukraine-Krieg:

    Damals wollte Hitler mich töten, weil ich Jude bin. Heute versucht Putin mich zu töten, weil ich Ukrainer bin.

    Roman Schwarzman

    Schwarzman dankte Deutschland für die Unterstützung beim Verteidigungskrieg seines Landes in Form von Waffen. "Die Ukraine wird alles tun, damit der Krieg nicht zu Euch kommt."
    Holocaust-Überlebende erzählen ihre Lebensgeschichten
    Es sind Botschaften gegen Ausgrenzung, Hetze und Gewalt - und es ist ein Appell an die Jugend: In dem Projekt "ZEUGNISSE" teilen 15 Holocaust-Überlebende ihre Erinnerungen.26.11.2024 | 2:04 min

    Bas warnt vor Verschwörungsmythen

    Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) warnte, "im analogen und im digitalen Raum grassieren Verschwörungsmythen und Propaganda". Daher sei historisches Bewusstsein gerade heute "besonders wichtig". Deutschland dürfe sich seiner historischen Verantwortung "niemals entziehen".

    Gedenkstunde im Parlament seit 1996

    Der Bundestag gedenkt seit 1996 jährlich der Opfer des Nationalsozialismus - Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, queere Menschen oder Opfer von Euthanasie-Programmen. Diesmal stand die Gedenkstunde im Zeichen des 80. Jahrestages der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Die UN haben 2005 den 27. Januar als Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust ausgerufen.
    Steinmeier betonte im Bundestag, es gebe immer weniger Überlebende der Shoah, die von ihren Erfahrungen berichten könnten. "Wir werden besonders für die jungen Menschen neue Formen des Erinnerns finden müssen", sagte er. Es sei eine "Aufgabe unserer Generation, überall in Europa gegen das Vergessen zu arbeiten".
    Beitrag von Lessmeister 80 Jahrestag Auschwitz
    Am 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau erinnern die verbliebenen Zeitzeugen an die Shoa und den Terror der Nazis. Und warnen eindringlich.27.01.2025 | 2:41 min

    Befreiung von Auschwitz jährt sich zum 80. Mal

    Am 27. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz durch die Rote Armee der Sowjetunion befreit. Die Nationalsozialisten hatten während ihrer Herrschaft von 1933 bis 1945 etliche Bevölkerungsgruppen verfolgt. Insbesondere Juden und Jüdinnen wurden zur Flucht getrieben, deportiert und ermordet.
    Mehr als sechs Millionen jüdische Menschen aus ganz Europa wurden getötet, nur wenige in den von Nazis beherrschten Gebieten überlebten. In Auschwitz starben etwa 1,1 Millionen Menschen.
    ZDFinfo-Doku-Reihe "Auschwitz - Überleben in der Hölle":




    Am Montag, dem 80. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung, hatten sich auf der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau Überlebende sowie hochrangige Staatsgäste aus vielen Ländern, auch Bundespräsident Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Gedenken getroffen.

    Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz. Der Ort gilt heute als Synonym für den Holocaust. Rund um den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus widmet sich das ZDF den Themen Judenhass, NS-Diktatur und Erinnerungskultur.

    Quelle: ZDF, epd, dpa, AFP, KNA

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