Lauterbach plant mehr finanzielle Freiräume für Hausärzte
Gesundheitsminister Lauterbach:Hausärzte: Mehr finanzielle Freiräume geplant
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Nach Plänen von Gesundheitsminister Lauterbach sollen Hausärzte künftig mehr finanziellen Spielraum für die Patientenversorgung erhalten. Es gibt Lob und Kritik an den Zusagen.
Krisengipfel mit dem Gesundheitsminister: Deutsche Hausärzte schlagen Alarm. Zu viele Patienten, zuviel Bürokratie. Karl Lauterbach verspricht Abhilfe.09.01.2024 | 2:46 min
Hausärzte sollen nach Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mehr finanzielle Freiräume bekommen, um Wartezeiten und Engpässe zu vermeiden. "Wir wollen auch die Hausarztpraxen entökonomisieren", sagte der SPD-Politiker am Dienstag nach einem Gespräch mit Vertretern von niedergelassenen Medizinern und gesetzlichen Krankenkassen in Berlin.
Im Vordergrund stehen solle nicht mehr, wie oft ein Patient einbestellt werden müsse, damit Praxen das volle Honorar auslösen können. Zudem soll sich der bürokratische Aufwand verringern. Es werde damit weniger Patienten im Wartezimmer geben, sodass sich Praxen auf jene konzentrieren könnten, die medizinisch versorgt werden müssten. Lauterbach kündigte an:
Budget-Obergrenzen sollen für Hausärzte aufgehoben werden
Konkret sollen für Hausärzte - wie schon für Kinderärzte - Budgets mit Obergrenzen bei der Vergütung durch die Kassen aufgehoben werden. Dadurch sollen Hausärzte künftig für alle erbrachten Leistungen bezahlt werden. Er werde noch im Januar einen Gesetzentwurf vorlegen, um die bisherigen Honorarobergrenzen aufzuheben, sagte Lauterbach.
Honorarobergrenzen führen bisher dazu, dass Ärzte, die noch vor Quartalsende ihr Behandlungsbudget ausgeschöpft haben, für weitere Patienten nicht mehr bezahlt werden.
"Wir wollen zum Beispiel die Hausärzte entbudgetieren, wir wollen entbürokratisieren", so Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im ZDF-Morgenmagazin.09.01.2024 | 6:53 min
Vereinfachungen bei Versorgung chronisch Kranker geplant
Vereinfachungen kommen sollen auch bei erwachsenen Versicherten mit chronischen Erkrankungen, die kontinuierlich Arzneimittel benötigen. Für sie sollen Hausärzte künftig nur noch einmal jährlich eine Versorgungspauschale beim ersten Kontakt abrechnen - unabhängig von folgenden weiteren Terminen. Dies soll die Zahl vermeidbarer Praxisbesuche deutlich senken und mehr Behandlungszeit ermöglichen.
Wenn Praxen bestimmte Kriterien wie Hausbesuche oder eine Mindestzahl an Versicherten in Behandlung erfüllen, sollen sie eine gesetzlich geregelte "Vorhaltepauschale" bekommen können. Dies soll Praxen eine Förderung bringen, die besonders zur Versorgung beitragen. Einmal pro Jahr sollen Hausarztpraxen auch eine qualifizierte Hitzeberatung für Risikogruppen mit der Kasse abrechnen können.
Der Hausärzteverband begrüßte die Zusagen Lauterbachs. Mit der Entbudgetierung bei den Honoraren würden die Ärzte künftig "eins zu eins bezahlt", sagte Verbandspräsident Markus Beier bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Lauterbach. Die Zusagen seien aber nur "ein erster Schritt", um die Lage in der ärztlichen Versorgung zu verbessern. Denn das System platze "aus allen Nähten".
Viele Hausarztpraxen sind am Rande der Überlastung - von der Politik fordern sie u.a. einen Abbau der Bürokratie. 09.01.2024 | 1:30 min
Der Ärzte-Verband Virchowbund, der sowohl Haus- als auch Fachärzte vertritt, kritisierte die Zusagen des Gesundheitsministers als "unvollständig und viel zu vage". Lauterbachs Vorgehen, "einseitig die hausärztliche Versorgung zu fördern und die Fachärzte weiterhin zu ignorieren", sei ein "Versuch, die Ärzteschaft zu spalten", erklärte der Virchowbund-Vorsitzende Dirk Heinrich. Daher sei für den Verband "klar, dass die Proteste weitergehen müssen".
GKV: Protest "auf dem Rücken der Patienten" darf sich nicht wiederholen
Lauterbach räumte seinerseits ein, dass schon durch seine bisherigen Reformpläne "Mehrausgaben auf die Krankenkassen zukommen". Langfristig werde das Vorhaben aber zu einer Stabilisierung des Systems und einer besseren Versorgung führen.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) betonte, schon jetzt sei "die finanzielle Situation der niedergelassenen Ärzteschaft gut". 2024 stiegen ihre Honorare demnach bereits um rund zwei Milliarden Euro.
"Die Situation in den Arzt-Praxen verschlimmert sich immer mehr", so Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender vom Virchowbund, zuletzt im ZDF-Morgenmagazin.27.12.2023 | 5:05 min
GKV-Vorständin Stefanie Stoff-Ahnis äußerte die Erwartung, "dass Ärzteschaft und Politik mit dem heutigen Treffen wieder zum konstruktiven Dialog zurückgekehrt sind". Es dürfe "sich keinesfalls wiederholen, dass Ärzteverbände ihren Protest auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten austragen."
Zum Jahresende streiken viele niedergelassene Ärzte gegen Kostendruck und Gesundheitsminister Lauterbach. Was sind ihre Forderungen? Wie stehen Ärzte finanziell wirklich da?