Gewalthilfegesetz:Häusliche Gewalt: Das plant die Regierung
von Maria Leidinger
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Häusliche Gewalt nimmt weiter zu. Die Ministerinnen Lisa Paus und Nancy Faeser wollen Frauen besser schützen. "Endlich, endlich, endlich", sagt der Verein Frauenhauskoordinierung.
Es gibt zu wenig Frauenhaus-Plätze - das könnte sich durch Pläne der Regierung ändern. (Symbolbild)
mehr Plätze in Frauenhäusern und mehr Hilfsangebote sowie
verpflichtende Anti-Gewalttrainings für potenzielle Täter.
Gewalthilfegesetz soll kommen
Laut Paus soll noch in dieser Wahlperiode ein Gewalthilfegesetz mit einem Anspruch auf Schutz und Beratung umgesetzt werden. Dieses solle die Grundlage für ein verlässliches und dem Bedarf entsprechendes Hilfesystem schaffen, das in Städten und auf dem Land erreichbar sei.
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Die bundesweit 350 Frauenhäuser, 100 Schutzwohnungen und mehr als 600 Beratungsstellen reichten nicht aus, sagt sie. Der Bund werde mit dem Gesetz in die gemeinsame Finanzierung der Anlaufstellen einsteigen, so Paus.
Frauenhäuser schöpfen Hoffnung
"Endlich, endlich, endlich", reagiert Sibylle Schreiber, Geschäftsführerin des Vereins Frauenhauskoordinierung (FHK) auf diese Ankündigung. "Es ist jetzt schon mehrere Jahre her, dass sie das im Koalitionsvertrag versprochen haben". Frauenhäuser würden "seit Jahren" darauf warten, dass "sich der Bund endlich mehr beteiligt".
Mehr Unterstützung durch Bundesgesetz erhofft
Bisher existiert kein bundesweiter, einheitlicher oder verbindlicher Rechtsrahmen für die Finanzierung von Frauenhäusern. Deshalb unterscheiden sich auch die Finanzierungsbeiträge von Bundesland zu Bundesland. Mit dem angekündigten Gesetz erhoffen sich die Frauenhäuser, dass "endlich mehr Geld ins System kommt", erklärt Sibylle Schreiber.
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Eine große Hoffnung liegt außerdem auf dem angekündigten Rechtsanspruch für Beratung und Schutz. "Die Länder werden quasi verpflichtet, Schutz und Beratung wirklich vorzuhalten", sagt Schreiber. Denn - so stelle sie sich das vor - Betroffene, die keine Beratung oder keinen Schutz bekämen, könnten dann klagen. "Wir hoffen, dass das eine Motivation ist für die Länder dann auch wirklich dafür zu sorgen."
Frauenhäuser: zu wenige und schlecht finanziert
Die bisherige Situation in Frauenhäusern sei "so nicht mehr haltbar", berichtet Sibylle Schreiber. "Es muss endlich wahrgenommen werden, dass das so nicht geht". Frauenhäuser seien "chronisch unterfinanziert".
Zudem seien die Mitarbeiterinnen "sehr, sehr ausgelastet". Die Arbeit sei psychisch anstrengend, auch weil immer wieder Frauen abgewiesen werden müssten. Laut der Istanbul-Konvention, einer EU-Vereinbarung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, fehlen in Deutschland um die 14.000 Frauenhaus-Plätze.
Neben dem Gewalthilfegesetz plant die Regierung noch weitere Maßnahmen. In den Augen der Innenministerin Nancy Faeser ist es besonders wichtig, die Gewaltspirale der Täter zu stoppen. Sie müssten ihr aggressives Verhalten beenden und sich selbst verändern, fordert Faeser. Dazu seien nach dem Vorbild Österreichs verpflichtende Anti-Gewalttrainings nötig, mit empfindlichen Strafen bei Nicht-Teilnahme. Kontaktverbote müssten zudem wirkungsvoller werden.
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Mit den Ländern sei sie auch in Beratungen über eine Überwachung mit elektronischen Fußfesseln, so die Innenministerin. Dies sei aber voraussichtlich nicht schnell umsetzbar, weil nicht in allen Bundesländern die benötigten Vorrichtungen vorhanden seien. Die Bundespolizei baue zudem rund um die Uhr zugängliche Anlaufstellen vor allem an Bahnhöfen auf, sagt Faeser.
Dass sich gleich zwei Ministerinnen für den Schutz von Frauen einsetzen und "sehr deutlich nebeneinanderstehen", begeistert die Geschäftsführerin des Vereins Frauenhauskoordinierung. Trotzdem wird es Jahre dauern, bis die geplanten Maßnahmen helfen werden, das weiß auch Sibylle Schreiber.
Für die Deutsche Kinderhilfe kommen die geplanten Maßnahmen viel zu spät. Ein bundesweiter Rechtsrahmen zum Schutz von Frauen und Kindern sei aufgrund der von Deutschland schon 2018 ratifizierten Istanbul-Konvention lange überfällig. Dies sei von Regierung und Behörden bislang ignoriert worden. Ähnlich äußerten sich unter anderem Arbeiterwohlfahrt und die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen. Sibylle Schreiber schaut nach vorn, wird aber nicht müde zu fordern: