Übergang ins Gymnasium: Wenn volle Schulen zum Problem werden
Elternwunsch Gymnasium:Wenn volle Schulen zum Problem werden
von Marie Scholl
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Gymnasien können sich teilweise vor Anmeldungen kaum retten. Eltern hoffen auf die beste Bildung für ihr Kind. Doch der Run auf die Schulen hat auch Schattenseiten.
Viertklässler in Baden-Württemberg: In den Bundesländern ist der Zugang zum Gymnasium unterschiedlich geregelt.
Quelle: Marijan Murat
Wie geht es nach der Grundschule weiter? Für Eltern und Kinder oft eine schwierige Entscheidung. Nicht in jedem Bundesland ist die Empfehlung der Schule bindend. Wenn die Familien selbst wählen können, fällt die Entscheidung oft aufs Gymnasium.
Deutschlandweit besuchten im Schuljahr 2023/2024 knapp 45 Prozent der Schüler auf weiterführenden Schulen - und damit die meisten - ein Gymnasium.
So ist der Zugang zum Gymnasium geregelt
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Zum Problem wird das vor allem dort, wo viele Menschen auf engem Raum leben: in den Innenstädten. Zum Beispiel in Kassel. Hier komme einiges zusammen, heißt es vom Deutschen Lehrerverband Hessen: Eine steigende Geburtenrate, viele Kinder aus geflüchteten Familien und eine Schulpolitik, die den Fokus in den letzten Jahren eher auf den Ausbau von Gesamtschulen und integrierten Schulen statt auf den von Gymnasien gelegt hat.
Aber auch im hessischen Hochtaunuskreis, wo viele Akademiker leben, gibt es Probleme mit übervollen Gymnasien: Am Gymnasium Oberursel werden aktuell rund 1.750 Schüler unterrichtet. Laut Schulentwicklungsplan des Hochtaunuskreises soll die Schule ab dem Schuljahr 2028/2029 über 2.000 Schüler aufnehmen. Dabei ist sie nur für rund 1.500 ausgelegt.
Eine Folge: Sportunterricht kann teilweise weder in den Sporthallen noch auf Sportplätzen stattfinden, berichtet die Elternbeiratsvorsitzende Stefanie Linder - denn die sind im Kreis sowieso schon knapp.
Bundesweit fehlen Lehrkräfte. Weil kaum neue Lehrer zu finden sind, will Sachsen die verfügbaren Lehrer mehr arbeiten lassen. Der Lehrerverband warnt vor Überlastung.08.04.2025 | 1:40 min
Volle Klassen, langsameres Lerntempo
Boris Krüger ist Lehrer an der Albert-Schweitzer-Schule in Kassel und Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbandes Hessen. An seinem Gymnasium werden regelmäßig mehr Schüler angemeldet als es Plätze gibt.
Das Los entscheidet, ob ein Grundschüler den Platz bekommt, der Rest wird an andere Schulen und Schulformen verteilt. "Das ist unfair", meint Krüger. Denn so landeten teilweise Schüler, die in der Grundschule Dreien und Vieren geschrieben haben, auf seinem Gymnasium, während Schüler mit Einsen und Zweien auf andere Schulformen ausweichen müssten.
Die hessische Landesregierung erlaubt auf dem Gymnasium maximal 30 Schüler pro Klasse. Diese Größe wird an der Albert-Schweitzer-Schule oft voll ausgereizt und teilweise überschritten. Im laufenden Schuljahr nahm die Schule statt 150 Fünftklässlern 180 neue auf.
Sechs Wochen lang hat die Klasse 7a am Gymnasium Plochingen ein neues Gleitzeit-Modell ausprobiert. Der Unterricht beginnt spätestens um 9.00 Uhr, davor machen die Schüler eigenständig Aufgaben.16.05.2024 | 2:02 min
Hessen: Gymnasium wird zur de-facto-Gesamtschule
Für den Lehrer heißt das: viele Schüler mit ganz unterschiedlichem Lerntempo unterrichten. "Die ersten sind dann nach fünf Minuten mit einer Aufgabe fertig, während die anderen gerade erst anfangen", erzählt Krüger. Eltern könnten die Kompetenzen ihrer Kinder nicht immer gut einschätzen, meint er.
Bei überforderten Schülern bemerkt er die Auswirkungen: "Immer wieder Vieren und Fünfen schreiben, das frustriert und macht Druck. Teilweise wechseln dann welche auf eine andere Schulform und haben plötzlich Erfolgserlebnisse." Auch deshalb fordert er:
Nicht jeder sollte ungebremst aufs Gymnasium gehen können.
„
Boris Krüger, Lehrer
Er schlägt vor, wie man gegensteuern könnte: Die Leistung aus der Grundschule solle bei der Aufnahme ans Gymnasium zumindest mit einbezogen werden. Er verweist auf den Ländervergleich: Schüler aus Ländern mit bindender Grundschulempfehlung wie Sachsen oder Bayern landeten bei Leistungsvergleichen oft auf den oberen Plätzen.
Wie erreichen wir endlich eine Chancengleichheit in der Bildung?04.09.2024 | 34:07 min
Gymnasien sind voll, Gesamtschule hat noch freie Plätze
Wer für sein Kind das Abi will, muss es nicht unbedingt aufs Gymnasium schicken. Auch nach der Real- oder Gesamtschule kann man die allgemeine Hochschulreife bekommen. Die Integrierte Gesamtschule Hegelsberg in Kassel hat im Gegensatz zu Krügers Gymnasium noch freie Plätze, Klassenräume stehen leer.
"Ich glaube, das liegt daran, dass das Gymnasium als renommierter angesehen wird", meint Andreas Rubisch, stellvertretender Schulleiter. Dabei bereitet seine Gesamtschule auf alle Abschlüsse vor, auch aufs Abitur. Und:
Wie gut ein Kind lernt, kommt am Ende auf uns Pädagogen an. Und da gibt es an jeder Schulform gute und schlechte.
Die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen hängen stark vom Wohnort ab. In Berlin und Brandenburg ist die Chancengleichheit laut einer Studie am größten.
Quelle: dpa
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