Günstig Wohnen in Hamburg: Wie geht das?

    Teures Hamburg:Billiger wohnen - wie geht das?

    Porträt der Studioleiterin des ZDF-Landesstudios Hamburg Britta Hilpert
    von Britta Hilpert
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    Billig wohnen im teuren Hamburg - das geht. Man muss nur Mut haben, anders zu bauen, als normal. In Hamburg trauen sie sich, neue Wege zu gehen. Wird das Schule machen?

    Ein Kran auf einer Baustelle in Hamburg
    Wohnen in Hamburg ist teuer, bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Ist günstigeres Bauen eine Lösung, die sich durchsetzen kann?
    Quelle: dpa

    Valeska Aksungar wohnt billig im teuren Hamburg. Und das meint vor allem erst mal: die Baukosten. Ihr Wohnblock hat keine Keller und Garagen - Tiefbau ist teuer. Die Wohnung hat keine Flure, niedrige Decken, und kein Chichi im Bad. Die Wände sind dünner, Schalldämmung nach Vorschrift, mehr nicht.
    Trotzdem fühlt sie sich wohl: "Beim Heizen macht das keinen Unterschied. Aber es ist ein bisschen hellhöriger als andere Wohnungen, vor allem zwischen unseren Räumen", sagt sie.
    Das nimmt sie hin, denn vier Jahre suchte die vierköpfige Familie nach einer bezahlbaren Wohnung. Hier zahlt sie nun 9,20 Euro pro Quadratmeter. Das ist im teuren Hamburg bei Neubau auch am Stadtrand ungewöhnlich.
    Graffiti mit Slogan "Bezahlbare Mieten"
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    Günstiger Bau für günstige Mieten

    Die Stadt hat dem Immobilieninvestor das Land unter der Auflage verkauft, zu Beginn fünf Jahre günstige Mieten anzubieten und danach nur langsam anzuheben. Die Konsequenz für den Bauherren: Er baute so günstig wie möglich. Valeska Aksungar wusste das.

    Ich fand das eigentlich sehr attraktiv, dass zwar an Baukosten gespart wird, man gewisse Dinge vielleicht nicht so ausbaut wie in anderen Wohnungen, aber dadurch natürlich auch die Miete attraktiver ist.

    Valeska Aksungar

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    Hamburg will neue Baustandards etablieren

    Der Wohnblock soll Schule machen. Denn Hamburg will einen neuen Baustandard etablieren, um Wohnungsbau zu erleichtern. Bausenatorin Karen Pein will ihn zusammen mit Architekten, Bauingenieuren und Immobilienentwicklern bis 2025 erarbeiten.
    "Wir diskutieren intensiv über Standards im Wohnungsbau, weil das ein wichtiger Hebel ist. Ein Beispiel: Muss das Bad immer auf 24 Grad geheizt werden, auch bei minus 10 Grad draußen? Denn das hat Einfluss auf die Größe der technischen Anlagen. Und die haben sich zum Beispiel um 500 Prozent in den Kosten erhöht", sagt sie und ergänzt:

    Oder: Brauchen wir Schallschutz auf Balkonen? Das macht zum Beispiel 65 Euro pro Meter Balkon aus. Jeder einzelne Punkt rettet alleine nicht die Welt, aber wenn sie sich aufsummieren, haben wir schon die Möglichkeit, Kosten zu reduzieren.

    Karen Pein, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen

    Rund 5.000 Bau-Normen gibt es, fast jede steigert Kosten. Nur ein Bruchteil davon ist gesetzlich vorgeschrieben.
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    Experte: Baunormen hinterfragen

    In Deutschland baut man teurer als nötig, meint auch Professor Dietmar Walberg: "Einfacher zu bauen, bedeutet auch: Man muss Normen hinterfragen und mehr kommunizieren, was wirklich nötig ist. Viele scheuen den Aufwand."
    Wer in Immobilien investiert, will gern teuer vermieten und baut lieber normgerecht oder darüber, um Ansprüche zu erfüllen. Doch bundesweit gibt es seit der Pandemie ein wachsendes Überangebot: In Hamburg allein stehen rund fünf Prozent der Büroräume leer. Der Leerstand von Wohnungen dagegen beträgt 0,4 Prozent.

    Büroraum zu Wohnungen machen?

    "Wenn man die Büroflächen zusammenzählt, bei denen der Aufwand technisch konstruktiv nicht so groß ist", so Professor Walberg, "dann ist das allein ein Potenzial von allein zwei Millionen Wohnungen in Deutschland."
    Hamburg sieht das Potential ebenfalls, so Bausenatorin Pein: "Wir haben jetzt schon ein Förderprogramm für den Umbau von Gewerbeimmobilien zu Wohnen, allerdings auch da mit der Verpflichtung zur Belegungs- und Mietpreisbindung." Viele Projekte dieser Art hat Hamburg noch nicht.
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    Baugenossenschaft: Förderung für Umbau nötig

    Eines davon liegt im Norden Hamburgs. Die Hansa Baugenossenschaft will ihr altes Verwaltungsgebäude zu Wohnraum machen. Der Umbau ist ein Versuchslabor für den Genossenschaftsvorstand Dirk Hinzpeter und den Architekten Frank Birwe.
    Können die Fenster drinbleiben? Wie kann man die Räume gestalten, um Förderung zu erhalten? Denn Barrierefreiheit zum Beispiel erfordert eine Flurbreite von 1,20 Meter, eine Schlafzimmergröße von 12,5 Quadratmeter - der alte Bürobau lässt das kaum zu.

    Wir könnten ohne Förderung keine Miete realisieren, die dann für die durchschnittliche Bevölkerung in Hamburg überhaupt finanzierbar wäre. Man merkt aber, dass die Richtlinien immer noch ein bisschen zu festgezurrt sind.

    Dirk Hinzpeter, Hansa Baugenossenschaft

    "Aber wir werden wohl eine Neubauförderung bekommen, obwohl es ja bekanntlich kein Neubau ist", sagt Hinzpeter.
    Häuserfassaden in Berlin
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    Es bewegt sich was, bestätigt Frank Birwe:

    Es muss auf Seiten der Behörden mehr Flexibilität entstehen. Diese Flexibilität kann sich tatsächlich durch solche Projekte entwickeln.

    Frank Birwe, Architekt

    Der Umbau wird wohl rund zehn Prozent billiger als Abriss und Neubau und weil Baumaterial eingespart wird, reduziert das den CO2-Ausstoß des Baus um 25 Prozent.
    Aber es werden keine Wohnungen von der Stange, sagt Birwe, auch die Mieter müssen flexibler werden in ihren Erwartungen. Mehr Wohnraum wollen alle und billige dazu - doch dazu gehört, dass alle neue Wege wagen.
    Britta Hilpert ist Leiterin des ZDF-Studios in Hamburg.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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