Migrationspolitik: Grüne ringen um den eigenen Kurs

    Analyse

    Kurs in der Migrationspolitik:Wie die Grünen mit sich selbst ringen

    Patricia Wiedemeyer
    von Patricia Wiedemeyer
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    Zurückweisungen an Grenzen, Abschiebungen in unsichere Herkunftsländer - eigentlich No-Gos für die Grünen. Die Basis rebelliert, die Partei ist im Dilemma.

    Kleiner Parteitag Grüne Brandenburg
    In Umfragen kriseln die Grünen, die Migrationsfrage stellt die Partei auf die Probe
    Quelle: dpa

    Für die Basis der Grünen war eigentlich schon das europäische Asyl-Abkommen GEAS zu viel. Nur mit Müh und Not setzten sich Parteispitze und Regierungsmitglieder im Juni letzten Jahres am Ende durch. Es gab hitzige Diskussionen auf dem kleinen Parteitag in Bad Vilbel, mit relativ knapper Mehrheit wurde dann doch zugestimmt.
    Schon damals sagten die Kritiker, dass die Ergebnisse eine Verschlechterung der Rechte für Menschen seien, die sich auf der Flucht befinden. Und heute?
     Ricarda Lang und Nancy Faeser bei Maybrit Illner
    Ricarda Lang bei "maybrit illner" zu den Vorschlägen in der Migrationspolitik von Innenministerin Faeser (SPD) 12.09.2024 | 1:15 min

    Verschärfung der Migrationspolitik: Grüne Basis rebelliert

    Jetzt, mehr als ein Jahr später, ist es wieder die grüne Basis, die nicht mitgehen will, die rebelliert gegen die Politik der Ampel. In einem offenen Brief von Europa-, Bundes- und Landtagsabgeordneten kritisieren sie die von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) angeordneten Grenzkontrollen. Diese entsprächen nicht dem Schengener Grenzkodex, heißt es in dem Brief unter anderem. Und sie fordern EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf, für eine rechtskonforme Einhaltung zu sorgen.
    Freie Grenzen, Wahrung der Menschenrechte - das gelte auch für Flüchtlinge, sagen sie. Für die grüne Parteiführung mal wieder ein Balanceakt. Innerhalb der Ampel müssen sie mitgehen, stehen eh zu oft als Blockierer da oder als Verhinderer. Ob es nun stimmt oder nicht, der Ruf ist da und wird noch verstärkt durch ständiges Wiederholen von Seiten der Union. Immer mehr Unionspolitiker warnen vor einer Koalition mit den Grünen, obwohl in vielen Ländern recht geräuschlos zusammen regiert wird, etwa in Nordrhein-Westfalen oder in Schleswig-Holstein.
    sgs nouripour
    Die Union habe das Spitzentreffen zur Migration "nicht besonders ernst gemeint", sagt der Co-Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour. Die Tür bleibe aber offen für Gespräche.11.09.2024 | 4:37 min

    Migration: Es geht um die DNA der Grünen

    Doch es geht wieder mal um die grüne DNA, die grüne Basis will Asyl gewähren, Menschenrechte achten, Abschiebungen nur in sichere Herkunftsländer erlauben.
    Der voraussichtliche Kanzler- oder Spitzenkandidat Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock sind kompromissbereit - man mag es auch realistisch nennen - machen mit bei der Linie der Innenministerin. Wohl wissend, dass es genau die Themen Migration und Sicherheit sind, die derzeit die Bürger vor allem beschäftigen und die auch wahlentscheidend sind. Und die Wahl in Brandenburg steht bevor, die Grünen sind laut Umfragen bei etwa 5 Prozent: Der Einzug in den Landtag, geschweige denn erneut in die Regierung, ist damit ungewiss.

    Zerreißprobe: Basis- oder Ampel-Politik

    Doch es ist genau dieser Spagat, der zu großen Problemen bei den Grünen führen kann: Inwieweit macht man Kompromisse, ignoriert die Meinung der grünen Basis, um eben an der Macht zu bleiben, um eben nicht wieder als der Störfaktor in der Ampel zu gelten?
    Vorsitzende von Partei und Fraktion verweigern konkrete Antworten beim Thema Zurückweisung an den Grenzen, verweisen immer wieder darauf, dass die Vorschläge von Friedrich Merz (CDU) rechtlich nicht zulässig seien. Alle Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan nicht mehr reinlassen -abgelehnt, rechtlich nicht möglich. Grenzen für drei Monate einfach dicht machen - abgelehnt, auch rechtlich nicht möglich. In diesen Fällen war es noch einfach zu argumentieren, es stimmt ja.
    Aber jetzt, bei temporären Grenzkontrollen, wie Innenministerin Faeser sie angeordnet hat, wird es schwierig. Die Grünen reden daher lieber über Sicherheit, die verbessert werden müsste, sind bereit das Waffenrecht zu verschärfen, fordern mehr Geld für Polizei und Sicherheitsbehörden. Auch für Integration müsse mehr getan werden, damit sich vor allem junge Männer gar nicht erst radikalisieren. Doch dafür fehle das Geld, beklagen grüne Spitzenpolitiker.
    von links: Ricarda Lang, Nancy Faeser, Maybrit Illner, Carsten Linnemann, Dagmar Rosenfeld, Tina Hildebrandt
    Es müsse vorübergehend Zurückweisungen aller Asylbewerber an den deutschen Grenzen geben, fordert CDU-Chef Friedrich Merz. Kanzler und Ampel sind empört. Wie geht es jetzt weiter? 12.09.2024 | 63:36 min

    Das Dilemma der Grünen - und das der FDP

    Schön und gut, aber Antworten auf die eigentliche Frage, ob illegale Migranten an der Grenze zurückgewiesen werden dürfen, gibt es kaum bei den Grünen, schließlich will man die Basis nicht verprellen. Aber Wähler aus der Mitte bekommen sie so auch kaum, es ist ein Dilemma.
    Dass auch die FDP in den letzten Tagen in ihrer Haltung schwankt, macht die Lage nicht einfacher: So schlägt sich Generalsekretär Bijan Djir-Sarai auf die Seite der Union, sagt im Bundestag, dass es bei der Migrationsfrage keine Ampel gebe, während Justizminister Marco Buschmann am Tag vorher sehr einig mit der Innen- und Außenministerin die Vorschläge der Union kritisierte. Zwei Parteien innerhalb der Ampel ringen um ihren Kurs in der Migrationspolitik, keine guten Aussichten.
    Brandenburger Landtag
    In Brandenburg könnte die AfD stärkste Kraft werden, die bisherige Koalition aus Grünen, SPD und CDU aber möglicherweise weiterregieren. 13.09.2024 | 1:33 min

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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