FAQ
Heizen mit Erneuerbaren:Wie Geothermie die Wärmewende sichern soll
von Julian Schmidt-Farrent, München
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In München soll die größte Geothermie-Anlage Europas entstehen - mitten in der Stadt. Kann die Technologie die Wärmewende retten?
Die Stadtwerke München setzen bei der Transformation der Fernwärme vor allem auf Geothermie
Quelle: obs
Bohrungen in Kilometertiefe, noch viel tiefer als die heimische Erdwärmepumpe - die Münchner Anlage soll rund 75.000 Menschen mit Wärme versorgen. Dabei spielt die Technik bislang keine große Rolle in Deutschland. Wieso?
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Was ist Geothermie - und wieso kommt die Wärmewende erst jetzt?
Unmengen warmer Wasserreservoirs schlummern im deutschen Boden. Die Tiefengeothermie will sich die Temperaturen im Untergrund zunutze machen: Mittels Bohrungen wird das Wasser tausende Meter aus der Tiefe hochgepumpt und wärmt ganze Quartiere - und das klimaschonend.
Aktuell dominieren Öl und Gas die deutschen Heizungen. Nur knapp 19 Prozent des Wärmebedarfs stammte im vergangenen Jahr aus erneuerbaren Quellen, so das Umweltbundesamt. Und nur ein Bruchteil davon entfällt auf die tiefe Geothermie. Kein Wunder, erklärt die Geologin Inga Moeck von der Georg-August-Universität Göttingen.
Spätestens seit dem Hochschnellen der Gaspreise vor zwei Jahren hat sich das gedreht - und der deutsche Energiemarkt lechzt nach stabilen Alternativen.
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Welche Vorteile bringt die grüne Energie aus dem Boden?
Eine Menge. Rund ein Viertel des deutschen Wärmebedarfs könnte über tiefe Geothermie abgedeckt werden, schätzt das Fraunhofer IEG. Vor allem im Süden, aber auch in Norddeutschland und am Oberrhein sind die Anlagen vielversprechend.
Im Gegensatz zu Öl und Gas ist Erdwärme zudem ein heimisches Produkt, erklärt Kai Zosseder von der TU München. Keine langwierigen Exporte, keine Abhängigkeiten vom Ausland - das klingt verführerisch. Und einmal installiert sei die Technologie zudem günstig im Betrieb.
Erdbebengefahr: Welches Risiko geht von Geothermie aus?
Im kleinen Ort Staufen bei Freiburg ging das Bohren in der Vergangenheit schief. Risse entstanden an Gebäuden in der Stadt - und die ganze Geothermie-Branche erlitt einen Image-Schaden. Ein Bohrfehler, beteuert Inga Moeck von der Universität Göttingen. Inzwischen sei die Branche gewappnet für solche Fälle.
Die Behörden verlangen mehr Monitoring, und für den Ernstfall seien bereits Versicherung-Pakete im Gespräch, so Zosseder von der TU München. Grundsätzlich seien Erdbeben und andere seismische Vorfälle allerdings unwahrscheinlich und die potenziellen Schäden vergleichsweise gering.
Wird das Heizen jetzt günstiger?
Es bleibt die Preisfrage: Bis zu 12 Millionen Euro könnte eine einzige Bohrung kosten, erklärt Kai Zosseder von der TU München. Dazu kämen noch der Bau der Anlage und des Wärmenetzes. Gerade für Kommunen, die noch wenig über ihren Untergrund wissen, sei das möglicherweise zu riskant - denn nicht jede Bohrung glückt.
Zwar weiß die Wissenschaft, in welchen Regionen Deutschlands die tiefen Wasserreservoirs zu finden sind. Der exakte Ort und die Größe der Quelle sind dagegen schwerer vorherzusagen. Die hohen Anfangsinvestitionen würde allerdings der preiswerte Betrieb wieder wettmachen, so die Expert*innen.
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Was muss passieren, damit weitere Geothermie-Standorte entstehen?
Die Expert*innen sehen Bund und Länder am Zug. Nur mit günstigen Krediten und Subventionen könnten die Kommunen die hohen Investitionskosten stemmen. Für fehlschlage Versuche seien Versicherungen im Gespräch, mit denen Städte und Betreiber den Schaden abdämpfen können, erklärt Zosseder.
Vielleicht wird die Wärme künftig um einige Cent teurer, prognostiziert Inga Moeck. Dafür bliebe der Preis aber stabil - und die heimische Heizung künftig emissionsarm. "Es ist eine unerschöpfliche Energiequelle. Und die müssen wir nur noch anzapfen."
Quelle: ZDF
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