Generalbundesanwalt: Gefahr durch IS-Ableger und Hamas

    Bilanz von Generalbundesanwalt:IS-Ableger und Hamas beschäftigen Ermittler

    Jan Henrich
    von Jan Henrich
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    Von IS-Terroristen bis hin zu Reichsbürgern - Generalbundesanwalt Jens Rommel hat die Schwerpunkte seiner Ermittlungen vorgestellt. Die Herausforderungen für die Behörde wachsen.

    SEK-Beamter (Archivbild)
    Die Ermittler haben im vergangenen Jahr über 700 Verfahren neu eingeleitet, deutlich mehr als im Jahr davor.
    Quelle: dpa

    Die Sicherheitslage angespannt, die Bandbreite der Verfahren groß - gleich zu Beginn seiner Amtszeit steht Jens Rommel vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Im März 2024 hatte er das Amt des Generalbundesanwalts übernommen. Seine Behörde ist zuständig für die Verfolgung von Terrorismus und Spionage in Deutschland. Über 700 Verfahren haben die Ermittler im vergangenen Jahr neu eingeleitet, deutlich mehr als im Jahr davor.
    Am Dienstagabend zog Rommel in Karlsruhe eine erste Bilanz und stellte gleichzeitig die Schwerpunkte seiner Arbeit vor. Die Zahlen, so Rommel, würden den Eindruck stützen, dass wir in unruhigen Zeiten leben.
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    Russische Spionage, Rechtsextremismus und Islamismus bilden laut Verfassungsschutzpräsident Haldenwang einen besorgniserregenden "Dreiklang", der die Sicherheitslage gefährde.18.06.2024 | 5:35 min

    ISPK hat Deutschland für Anschläge im Visier

    Mehr als zwei Drittel der Ermittlungsverfahren der Karlsruher Behörde betreffen islamistischen Terrorismus. Insbesondere der sogenannte "Islamische Staat Provinz Khorasan" (ISPK) habe Deutschland für Rekrutierungsversuche und Anschläge im Visier, berichtete der Generalbundesanwalt.
    In mehreren Fällen hatte es im vergangenen Jahr Festnahmen gegeben. Gegen eine Gruppe, die bereits mögliche Tatorte für Anschläge ausgekundschaftet hat, wurde im März Anklage erhoben.

    Die vom islamistisch motivierten Terrorismus ausgehende Gefahr ist nach wie vor hoch.

    Jens Rommel, Generalbundesanwalt

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    Die islamistische Bedrohung sei in den letzten Monaten sehr stark angestiegen, sagt Terrorismus-Forscher Peter Neumann. 06.06.2024 | 4:47 min
    Auch von der Terrororganisation Hamas gehe laut Rommel zunehmend eine Anschlagsgefahr in Deutschland aus. Im Dezember 2023 waren vier mutmaßliche Mitglieder der Organisation aufgeflogen. Sie sollten nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft Waffen aus konspirativ angelegten Erddepots für Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereithalten.

    Mammut-Prozesse gegen Reichsbürger-Szene

    Die Strafverfolgung im Zusammenhang mit der Reichsbürger-Szene bindet derzeit auch umfangreiche Ressourcen der Bundesanwaltschaft. Drei Mammutverfahren zur Gruppe um Heinrich Prinz Reuß mit insgesamt 26 Angeklagten werden aktuell geführt. Diese sollen nach Ansicht der Ermittler konkrete Vorbereitungen getroffen haben, um gewaltsam einen Systemumsturz herbeizuführen.
    Ein Großteil der Angeklagten befindet sich seit Dezember 2022 in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft hatte die Verfahren aufgeteilt und an drei Standorten zur Anklage gebracht, auch um die gerichtliche Aufklärung zu beschleunigen, wie Rommel erklärt.

    Aus unserer Sicht war das Verfahren zu groß und komplex, um es in einer einzigen Hauptverhandlung abzuarbeiten.

    Jens Rommel, Generalbundesanwalt

    Abgeschlossen sind die Ermittlungen jedoch noch nicht. In den vergangenen Wochen haben weitere Razzien im Umfeld der Gruppe stattgefunden. Über 70 Beschuldigte werden dem Komplex mittlerweile zugerechnet. Einen Großteil der Verfahren hat die Bundesanwaltschaft allerdings zwischenzeitlich an die Staatsanwaltschaften der Länder abgegeben.
    Einer der Angeklagten betritt in München das Gericht im Reichsbürger-Prozess, er verdeckt sein Gesicht mit einer Zeitung.
    In München hat der dritte Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder einer Reichsbürger-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß begonnen. 18.06.2024 | 1:40 min

    Kompetenzgerangel um RAF-Ermittlungen

    In den aktuellen Entwicklungen rund um die "Rote Armee Fraktion" (RAF) spielt die Bundesanwaltschaft nur die zweite Geige. Die jahrelang untergetauchte Daniela Klette wurde im Februar in Berlin im Rahmen von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Verden festgenommen. Gegen sie besteht der Verdacht, sich zwischen 1999 und 2016 an mehreren schweren Raubüberfällen beteiligt zu haben.
    Auf Antrag der Bundesanwaltschaft wurde gegen Klette in Zusammenhang mit RAF-Anschlägen zwar ein zusätzlicher Haftbefehl erlassen, die Ermittlungen in Verden könne man aufgrund der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern allerdings nicht an sich ziehen, erläuterte Rommel. In Karlsruhe gehe man deswegen parallel weiterhin Spuren und Ansätzen mit Blick auf Anschläge der sogenannte dritte RAF-Generation nach.
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    Die dritte Generation der RAF, zu der auch die festgenommene Daniela Klette gehörte, sei "im Grunde eine Gruppe von Mördern gewesen", sagt RAF-Experte Stefan Aust im ZDF-Interview.28.02.2024 | 4:48 min

    Spionage mit Verbindungen zu Russland und China

    Zuletzt hatten auch mehrere Spionagefälle Aufmerksamkeit erregt. Rommel betonte, dass die Verfahren verschiedene Bereiche beträfen und nicht nur von Russland, sondern auch von anderen Staaten ausgehen würden - konkret von China.
    Im April war es im Zusammenhang mit Aktivitäten des chinesischen Geheimdienstes in zwei Fällen zu Festnahmen gekommen, bei denen es um den Verdacht der Spionage im Hochschulbereich und im Europäischen Parlament ging. Die Ermittlungen in den Verfahren dauern aktuelle noch an.
    Jan Henrich ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz

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