Gelbhaar-Affäre: Grüne Lokalpolitikerin tritt aus Partei aus

    Affäre um Stefan Gelbhaar:Grüne tritt aus Partei aus, rbb gibt Fehler zu

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
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    Neue Entwicklung im Fall Gelbhaar: Die grüne Bezirkspolitikerin Kreße tritt aus der Partei aus. Sie soll in dem Fall eine zentrale Rolle gespielt haben. Der rbb räumt Fehler ein.

    Shirin Kreße, aufgenommen am 16.11.2024
    Die Grünen-Bezirkspolitikerin Shirin Kreße ist nun zurückgetreten (Archivfoto)
    Quelle: Imago

    Vor dem Hintergrund der Diskussionen über eine mögliche Intrige gegen den Grünen-Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar ist eine Berliner Bezirkspolitikerin aus der Partei ausgetreten: Shirin Kreße, bisher die Fraktionschefin der Berliner Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Mitte, verließ die Partei und legte zugleich ihre Ämter nieder. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur. Zuerst hatte darüber der "Tagesspiegel" berichtet. Gründe für den Rücktritt nannte Kreße nicht.
    Zuvor hatte die Parteispitze der Grünen, Felix Banaszak und Franziska Brantner, Konsequenzen zu den offenbar erfundenen Anschuldigungen gegen Gelbhaar angekündigt: "Sobald die Person, gegen die sich dieser schwere Verdacht richtet, uns namentlich bekannt wird und der schwerwiegende Verdacht nicht unverzüglich ausgeräumt wird, werden wir ein Parteiausschlussverfahren einleiten."
    Stefan Gelbhaar, aufgenommen am 20.10.2023 in Berlin
    Stefan Gelbhaar verzichtete auf eine Kandidatur für Platz zwei der Landesliste für die Bundestagswahl (Archivfoto)
    Quelle: Imago

    rbb räumt Fehler bei der Recherche ein

    In den vergangenen Tagen hatte der rbb detailliert über mutmaßliche Fälle berichtet, in denen Gelbhaar Frauen belästigt haben soll. Dem Sender lagen sogar eidesstattliche Versicherungen der angeblich betroffenen Frauen vor. Am Freitag zog der rbb Teile seiner Berichterstattung dazu zurück - es gab Zweifel an der Identität der Person, die die Vorwürfe erhoben hatte.
    Inzwischen räumte der Sender Fehler ein. Der Chefredakteur des Senders, David Biesinger, teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit:

    Uns ist als rbb in der Recherche ein Fehler unterlaufen. Journalistische Standards sind nicht vollumfänglich eingehalten worden.

    David Biesinger, rbb-Chefredakteur

    Hauptbelastungszeugin gegen Gelbhaar existiert wohl nicht

    Der Sender geht nach eigenen Angaben mittlerweile fest davon aus, dass die Hauptbelastungszeugin in Wirklichkeit gar nicht existiert. Denn der "Tagesspiegel" hatte enthüllt: An der Adresse, die in der eidesstattlichen Versicherung von Anne K. angegeben war, ist niemand mit dem Namen gemeldet, auch Nachbarn können sich nicht an eine Anne K. erinnern.
    Nach Recherchen des "Tagesspiegel" soll Kreße die Frau sein, die unter dem falschen Namen "Anne K." eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte. Sie soll dem Bericht zufolge in der Gelbhaar-Affäre ohnehin eine zentrale Rolle gespielt haben: Laut Tagesspiegel hatte sie auch zuvor schon Belästigungsvorwürfe gegen Gelbhaar erhoben.

    Gelbhaar sieht sich als Opfer einer Intrige

    Gelbhaar hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen, nannte den Vorgang sogar "schlichtweg kriminell". Am Freitagabend sprach er gegenüber der "Berliner Zeitung" von einem "unfassbaren Vorgang". In seiner Partei werten es manche als ein Indiz für eine Intrige gegen Gelbhaar, dass die Vorwürfe kurz vor der umkämpften Listenaufstellung zur Bundestagswahl bekannt geworden waren.
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    Bei einer ersten Wahlversammlung im November war Gelbhaar noch mit 98,4 Prozent der Stimmen zum Direktkandidaten gewählt worden. Nachdem Mitte Dezember die Vorwürfe wegen Belästigung gegen ihn bekannt wurden, setzte der Kreisverband eine Wiederholung an. Als neue Direktkandidatin gewählt wurde dann Julia Schneider. Gelbhaar verzichtete unter dem Druck der Vorwürfe auf eine Kampfkandidatur um den aussichtsreichen Listenplatz zwei.
    Obwohl ein großer Teil der Vorwürfe gegen ihn mit den neuen Erkenntnissen wohl hinfällig ist: Der Kreisverband Pankow will offenbar nicht erneut über das Direktmandat für den Bundestag abstimmen, wie "ntv" berichtet. Damit würde Gelbhaar sein Bundestagsmandat nach der kommenden Wahl verlieren.
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    Kreße bei Instagram: "Autistisch, links, chronisch wütend"

    Die zurückgetretene Shirin Kreße war in der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin Mitte zuletzt Fraktionschefin der Grünen und Sprecherin für Queerpolitik und Gesundheit der Fraktion. "Besonders wichtig ist ihr hierbei ihre intersektionale, feministische Perspektive", hieß es auf der Webseite der Grünen Jugend Berlin-Mitte. Ihr Eintrag dort ist nun verschwunden.
    Online ist noch ihr Profil bei Instagram. In ihrer Biografie standen zuletzt drei Attribute, die sie offenbar umschreiben sollen: "Autistisch, links, chronisch wütend".
    Screenshot: Instagram - Shirin Kreße
    Screenshot: Instagram - Shirin Kreße
    Quelle: ZDF/Instagram

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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    Quelle: mit Material von dpa, AFP

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