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Ex-Kanzler wird 80:Gerhard Schröder: Basta, Gedöns, Putin-Freund
von Lars Bohnsack
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Ex-Kanzler Gerhard Schröder feiert heute seinen 80. Geburtstag. Eine Feier der SPD, die er mal als Vorsitzender führte, gibt es nicht. Seine Partei hat mit ihm gebrochen.
Gerhard Schröder war von Oktober 1998 bis November 2005 Bundeskanzler.
Quelle: dpa
Kurz vor seinem 80. Geburtstag teilt Gerd, wie sie ihn früher liebevoll nannten, kräftig aus gegen seine Partei. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa und einem langen Fernseh-Porträt der ARD.
Darin erklärt Gerhard Schröder, er nehme die Parteiführung nur begrenzt politisch ernst, und nennt die SPD-Vorsitzenden armselige Gestalten, den Generalsekretär einen armen Wicht. Er brauche für sein Lebenswerk nicht die Zustimmung der SPD-Führung. Das klingt nach Selbstgerechtigkeit. Aber entgegen seinen Beteuerungen spricht da auch ein tief gekränkter Altkanzler.
Unverstanden: Schröder-Freundschaft zu Putin
Seit dem 24. Februar 2022, seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine, schauen politische Beobachter, schaut aber auch die SPD nochmal anders auf Schröder als zuvor. Hatte man seine Aufsichtsratsmandate bei Gazprom über Jahre, wenn auch widerwillig, geduldet, fehlt heute den allermeisten in und außerhalb der Partei das Verständnis für seine immer wieder beteuerte Freundschaft zu Wladimir Putin.
Seit der Invasion in der Ukraine hat sich im Westen das Bild von Präsident Putin und seiner Politik verändert - bei vielen.22.03.2022 | 44:10 min
Ihn aus der SPD rauszuschmeißen, ist an den Statuten der Sozialdemokratie gescheitert. Alle Forderungen, die Partei freiwillig zu verlassen - wie erst vergangene Woche von Gesundheitsminister Karl Lauterbach - prallen an ihm ab. Schröder gibt seinen Kritikern zurück:
Provokante Reden und Kampf für Chancengleichheit
"Acker" nannten sie ihn beim TuS Talle, wo er in seiner Jugend Fußball spielte. Sein Motto bereits damals: "Über den Kampf zum Spiel finden". Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen lernt Gerhard Schröder früh, sich durchzusetzen.
Auf dem zweiten Bildungsweg gelingt ihm der Aufstieg vom Lehrling im Einzelhandel zum Rechtsanwalt. In der SPD gilt er als Rebell, der gerne mal in Reden provoziert und vor allem für mehr Chancengleichheit kämpft.
„Von ganz unten“
Gerhard Schröder wird am 7. April 1944 im Dorf Mossenberg in Nordrhein-Westfalen geboren. Sein Vater stirbt im Krieg. Mit Mutter, Großmutter und Halbgeschwistern wächst er in einfachsten Verhältnissen auf.
Quelle: Privatarchiv G. Schröder/Prof. G. Schöllgen
Acht Jahre ist Schröder Ministerpräsident in Niedersachsen, doch er will mehr. 1998 wird er erster Kanzler einer rot-grünen Koalition, später auch Parteivorsitzender.
Kosovo-Einsatz der Bundeswehr und Agenda 2010
Dieser Machtwechsel war auch ein Gezeitenwechsel. Die 68er waren bei ihrem Marsch durch die Institutionen auf den Chefsesseln angekommen - mit Themen wie Atomausstieg, Homo-Ehe, neues Staatsbürgerrecht.
Und: Schröder führte Deutschland zum ersten Mal in der Nachkriegszeit im Kosovo in einen Kriegseinsatz. Im Irak aber verweigerte er eine deutsche Beteiligung.
Schröders bedeutsamste Reform war die Agenda 2010. Sie führte Deutschland mittelfristig zu wirtschaftlicher Stärke, die Sozialdemokratie aber in die Krise. 19 Jahre hat die SPD am Ende gebraucht, um Hartz IV, wie sie selber sagt, "zu überwinden".
"Basta"-Kanzler und Selbstinszenierer
Von Anfang an gehörte zur Politik Gerhard Schröders auch die Selbstinszenierung. Geschickt wusste er, die Medien zu nutzen. Seine Pressekonferenzen hatten häufig etwas von einem Hochamt.
Seine politische Rauflust übertrug sich in solchen Begegnungen auch auf einige Journalisten. Damit war der Unterhaltungswert deutlich höher als bei seinen Nachfolgern.
Legendär wurden sein Basta zur "Riesterrente", seine Abwertung von Familienpolitik als "Gedöns" - oder die Spitzen gegen den "Heidelberger Professor" Paul Kirchhof. Äußerungen eines politischen Machos, der bis heute hauptsächlich Männerfreundschaften pflegt.
Schröders Rauflust und sein Image
Und so versucht Gerhard Schröder das gesteigerte mediale Interesse rund um seinen 80. Geburtstag erneut zu nutzen. Ganz offenbar will er sein Bild in der Öffentlichkeit korrigieren. Doch es gelingt ihm nicht. Seine Rauflust steht ihm mittlerweile selbst im Weg.
Seine jüngsten Kommentare, dass es beim Krieg in der Ukraine nicht um eine moralische Frage gehe, dass es in Russland freie Wahlen gegeben habe, dass seine unverbrüchliche Freundschaft zu Putin Gesprächskanäle offenhalte, finden allenfalls in Moskau Beifall. Nicht in Deutschland. Und auch nicht in der SPD.
Er ist und bleibt ein politischer Outlaw. Im sehenswerten Porträt der ARD konstatiert Gerhard Schröder am Ende: "Ich bin manchmal ein bisschen anders als andere." Fürwahr.
Lars Bohnsack ist ZDF-Hauptstadtkorrespondent.
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