Garnisonkirche in Potsdam: Der umstrittene Wiederaufbau
Wiederaufbau der Garnisonkirche:Potsdam und der Streit um Hitlers Erbe
von Jan Meier, Potsdam
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Über wenig geraten die Potsdamer so in Streit wie über die Architektur in ihrer Stadt. Dieses Mal geht es um die Garnisonkirche und ihr historisches Erbe um Adolf Hitler.
Nach sieben Jahren Rekonstruktion soll der wiedererrichtete Turm der Garnisonkirche am 22. August eingeweiht werden.
Quelle: epa
Leidenschaftlicher Protest begleitet den Wiederaufbau des Turms der zerstörten Garnisonkirche. Die Kritiker wollen einen "neuen Anziehungspunkt für Rechtsextremisten" verhindern.
Doch Schirmherr Bundespräsident Steinmeier wird am Donnerstag den wiederaufgebauten Turm in Potsdam einweihen - trotz seiner düsteren Geschichte.
Symbol für die Machtergreifung der Nationalsozialisten
Am 21. März 1933 kam es hier zum Handschlag des neu ernannten Reichskanzlers Adolf Hitler mit Reichspräsident Paul von Hindenburg. Mit dem "Tag von Potsdam" wurde der Ort zum unheilvollen Symbol. 35 Jahre später ließ die DDR die Kriegsruine sprengen.
Vor sieben Jahren begann die Rekonstruktion des Turmes. Die Kosten von über 40 Millionen Euro tragen der Bund, die evangelische Kirche und Spender aus ganz Deutschland, darunter Angela Merkel. Kritiker vermuten Spenden aus rechtsnationalen Kreisen. Nachweisen können sie bislang nichts.
Kritik: Garnisonkirche steht für "reaktionäres Potsdam"
Für Kulturmanagerin Sara Krieg von der Bürgerinitiative "Potsdam ohne Garnisonkirche" steht der Turm "für Militarismus, Nationalismus, für die unheilige Allianz von Kirche, Staat und Militär und für ein reaktionäres Potsdam, in dem ich nicht leben möchte".
Quelle: AP
Potsdam war Residenz der preußischen Könige und deutschen Kaiser. Am 21. März 1933 wurde dort der erste Reichstag nach Machtübernahme der Nazis eröffnet. An diesem Tag verneigte sich Reichskanzler Adolf Hitler vor Reichspräsident Paul von Hindenburg.
Im Schloss des letzten deutschen Kronprinzen in Cecilienhof besiegelten die Siegermächte 1945 Deutschlands Schicksal. Nach Zerstörungen in den letzten Kriegstagen erlitt die Stadt Verwüstungen in den Jahrzehnten der DDR. Seit dem Mauerfall ist Brandenburgs Landeshauptstadt zu großen Teilen UNESCO-Weltkulturerbe.
Seitdem setzten sich meist die Traditionalisten durch, das alte Stadtschloss wurde wiederaufgebaut und ist nun Sitz des Brandenburger Landtags. Anhänger der DDR-Moderne wie der Mäzen Hasso Plattner retteten dagegen die Gaststätte Minsk aus den 70er Jahren am Brauhausberg. Auch das 1969 errichtete Mercure-Hotel gleich neben dem Landtag blieb bis heute vom Abriss verschont.
Pfarrer: Keine Spenden von Rechtsextremisten
Turmpfarrer Jan Kingreen lehnt ausdrücklich Zuwendungen von Rechtsextremisten ab. Doch nicht alle Spendernamen sind bekannt. Der gebürtige Oldenburger will, dass aus dem historisch belasteten Bau nicht nur ein Aussichtspunkt in 57 Metern Höhe mit einem einmaligen Blick auf Potsdam wird, sondern ein Ort des Lernens.
Hier sind 300 Jahre deutsche und preußische Geschichte sehr eng miteinander verwoben. Wir arbeiten die wissenschaftlich-historisch sauber auf. Wir zeigen das in unseren Bildungsveranstaltungen, in unserer Ausstellung und in unseren Gottesdiensten.
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Jan Kingreen, Turmpfarrer
Garnisonkirche als Lernort für Demokratie und Frieden
Über der Kapelle im Erdgeschoss gibt es Räume für Seminare, die Geschichte der Garnisonkirche wird im 3. Obergeschoss des Turms auf 280 Quadratmetern thematisiert - unter den Stichworten "Glaube, Macht und Militär".
Für Bischof Christian Stäblein ist die Kirche ein Studienobjekt für deutsche Geschichte in all ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit. Er sieht - wie andere Befürworter - die städtebauliche Bedeutung der 1735 errichteten Kirche, die einmal das höchste Bauwerk der Stadt und ein herausragendes Beispiel für norddeutschen Barock war. Auch der Bischof will, dass der Turm "ein Lernort wird für Demokratie und Frieden in dieser so unfriedlichen, von Hass und Populismus erfüllten Welt".
In der Stadtverordnetenversammlung sind wie in der Einwohnerschaft entgegengesetzte Positionen vertreten. Die Stadt hält sich deshalb bei der Mitfinanzierung zurück. Doch Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), ein Traditionalist im Architekturstreit, begrüßt den Wiederaufbau: "Es ist kein Ort, den man unkritisch sehen darf und dennoch ist es ein Ort, der in unsere Stadt gehört und mit dem man sich auseinandersetzen sollte."
Wie gingen die Deutschen in Ost und West nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Schuld um? Und wie kann gelungene Aufarbeitung heute aussehen? 01.01.2022 | 12:20 min
Online-Petition an Bundespräsidenten: Weiterbauen aufgeben
Wenn es nach dem Willen der Förderer geht, wird weitergebaut. Geplant ist, dass die sogenannte Turmhaube, eine 30 Meter hohe Konstruktion aus Holz, Stahl und Kupfer, wieder die berühmte Wetterfahne und ein neues Glockenspiel trägt. Sie würde den Bau dann mit 88 Metern Höhe wieder zum höchsten Gebäude Potsdams machen. Offen bleibt die Wiedererrichtung des gesamten Kirchenschiffs.
Auch gegen diese Pläne regt sich entschiedener Widerstand. Der frühere Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, Philipp Oswalt, und weitere Kritiker fordern in einer Online-Petition den Bundespräsidenten auf, "endgültig und bedingungslos" auf Turmhaube und Kirchenschiff zu verzichten.
Diese Doku-Reihe beschäftigt sich mit dem baulichen Erbe aus der NS-Zeit. Die sperrigen, verstörenden Baudenkmale sind ein Teil unserer Geschichte, die nicht zu verdrängen ist.
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