Flüchtlingsunterkunft: Diskussion über Angst vor Flüchtlingen
Landrat zu Flüchtlingspolitik:Warngau: Kein Grund zu Angst vor Geflüchteten
von Julia Hechler und Pia Hitzer
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Im Landkreis Miesbach, in Warngau, sorgt eine geplante Unterkunft für Geflüchtete für Unruhe. Die Bewohner fürchten um ihre Sicherheit - zu Unrecht sagt der Landrat.
Hinter den Protesten gegen ein geplantes Flüchtlingsheim in Miesbach vermutet der Landrat Ängste, die "wenig mit der Realität" zu tun haben.
Quelle: dpa
Ziegen grasen auf einer saftig grünen Weide vor schneebedeckten Alpen. Eine Kirchturmglocke schlägt Mittag, in der Ferne knattert ein Traktor. Wenig zeigt, wie aggressiv die Stimmung im kleinen Warngau vor Kurzem war - und teilweise immer noch ist.
Drei Monate ist es her, dass Landrat Olaf von Löwis of Menar in einem Gasthaus über die neue Unterkunft für Geflüchtete informieren wollte. Während der Landrat von den Plänen berichtet, wird er von Buhrufen und Trillerpfeifen übertönt. Am Ende verlässt er mit Polizeischutz den Saal.
Etwa 500 Geflüchtete leben hier in einer Turnhalle. Das soll sich ändern: Eine neue Unterkunft soll nahe der kleinen Gemeinde errichtet werden - auf einer Wiese neben einem Wertstoffhof.
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07.03.2024 | 2:18 min
Vorurteile gegenüber Geflüchteten trotz Faktenlage
Viele Bürger lehnen das geplante Containerdorf ab. Ein Bewohner spricht im Gespräch mit ZDFheute von "Dreck, der da nicht hingehört. Bei mir kommt keiner ins Haus von denen. Ich hab' zu denen kein Vertrauen." Woher sein Misstrauen kommt, erklärt er nicht.
"Nichts gegen Schwarze, aber passt das zur Kultur hier?", sagt uns eine andere Bewohnerin aus dem Landkreis. Sie möchte keinen Kontakt zu den Menschen aus den Turnhallen. Persönlich kennt sie offenbar keinen der Geflüchteten.
"Es gibt definitiv rechte und rassistische Tendenzen", erklärt Lena Prieger, Gründerin der Initiative "Warngau ist menschlich". Mit Hilfe einiger Ehrenamtlicher versucht sie, Begegnungen zu schaffen und einen Helferkreis zu organisieren.
Wir haben in Warngau wirklich über Jahre erlebt, dass es keinen Grund gibt Angst zu haben - alles verlief völlig ohne irgendwelche Vorfälle.
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Landrat Olaf von Löwis of Menar
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Landrat: Ängste haben wenig mit der Realität in Miesbach zu tun
Landrat Olaf von Löwis of Menar vermutet, viele haben Angst, Geflüchtete könnten den Frieden im Landkreis stören. Sie seien eine Belastung für die Sozialsysteme, zudem gäbe es die pauschale Befürchtung, junge Männer stellten per sé eine Gefahr dar. "Diese Ängste haben wenig mit der Realität im Landkreis Miesbach zu tun", sagt der Landrat.
"Viele Geflüchtete sind schon seit zwei Jahren bei uns und wir haben bisher kein erhöhtes Gefährdungspotential feststellen können", sagt er. Seines Wissens hat es in der Zeit einen Vorfall gegeben. "Wir können Geflüchteten nicht automatisch eine erhöhte Kriminalität unterstellen".
Koordinatorin: Begegnung zwischen Bürgern und Geflüchteten wichtig
In den drei Turnhallen im Landkreis, in denen Geflüchtete aktuell leben, sind Sicherheitsleute durchgehend präsent. Daran soll sich auch künftig nichts ändern. Aber auch Helferin Lena Prieger hat ein Problem mit der neuen Unterkunft - wegen des Standorts: Das neue Wohnheim soll auf einer Wiese neben dem Wertstoffhof stehen, etwa vier Kilometer außerhalb der Stadt.
"Wir müssen uns Gedanken über das Thema Mobilität machen und wie die Menschen von a nach b kommen", sagt die Ehrenamtskoordinatorin im Landkreis Miesbach, Lisa Richters. Begegnungen zwischen Bürgern und Geflüchteten seien wichtig, um Isolation zu vermeiden und Geflüchteten eine reale Chance zu geben, sich in Deutschland zu integrieren.
"Wie sollen die Geflüchteten denn in die Stadt kommen zum Einkaufen?", fragt ein Anwohner, als wir ihn auf der Straße ansprechen. "Die Flüchtlinge müssen sich doch ein Leben aufbauen und Zugfahrten sind teuer", meint eine Passantin.
Es gibt viele Vorurteile über Geflüchtete, wenn es um den Arbeitsmarkt geht. Wir wollen wissen, wie es wirklich aussieht. Wie viele Geflüchtete arbeiten? Was kann besser laufen?18.04.2024 | 14:38 min
Ängste bei Geflüchteten
Im Gasthaus "Zur Post" sitzt eine Gruppe von Anwohnern in der Mittagsonne. Genau hier ist es vor drei Monaten eskaliert - hier musste ihr Landrat unter Polizeigeleit seine Veranstaltung verlassen.
Zu der Eskalation möchte sich von den Bürgern heute niemand äußern. "Das ist durch. Das interessiert hier keinen mehr", sagen sie. Die Geflüchteten, die schon länger im Landkreis leben, interessiert es schon. Sie haben mitbekommen, was im Gasthaus passiert ist, erklärt Ehrenamtskoordinatorin Lisa Richters. "Die fühlen sich auch nicht besonders willkommen dadurch."
Warngau: Flüchtlingsunterkunft wird kommen
Bis Ende des Jahres sollen etwa 500 Menschen die neue Unterkunft auf der Wiese bei Warngau beziehen. Das Containerdorf soll mehr Platz für jeden Einzelnen haben und das Leben dort menschenwürdiger sein als in einer Turnhalle. Das ist der Plan für die kommenden zwei Jahre.
Julia Hechler und Pia Hitzer berichten aus dem ZDF-Studio in Bayern.
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