Brief an Pistorius: FDP stellt sich gegen neue Wehrpflicht

    Brief von Lindner und Buschmann:FDP stellt sich gegen neue Wehrpflicht

    Britta Buchholz
    von Britta Buchholz
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    Gerade erst hat Boris Pistorius die Pläne für den neuen Wehrdienst vorgestellt. Schon kommt von der FDP Widerspruch. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht finde keine Akzeptanz.

    Christian Lindner hört Boris Pistorius zu
    Christian Lindner ist gegen die Pläne des Verteidigungsministers Boris Pistorius.
    Quelle: Reuters/Annegret Hilse

    Boris Pistorius mag die E-Mail seiner beiden Kabinettskollegen irgendwo auf seiner Reise geöffnet haben. Gerade hat der Verteidigungsminister Station in Alaska gemacht, beim dortigen Besuch des Artic Defender sagt er:

    Wir sind bereit, Nato-Gebiet zu verteidigen, überall da, wo es bedroht werden könnte.

    Boris Pistorius, Verteidigungsminister

    Nur: Um dieses Versprechen zu halten, bräuchte er Personal. Es gibt zu wenig Soldaten und um das zu ändern, will Pistorius einen neuen Wehrdienst einführen. Seine Idee: Alle jungen Männer ab 18 Jahre werden angeschrieben und müssen einen Fragebogen ausfüllen - und werden dann möglicherweise gemustert.
    So sollen jährlich zunächst 5.000 zusätzliche Wehrpflichtige gewonnen werden. Die machen dann einen freiwilligen Grundwehrdienst von mindestens sechs Monaten. Soweit der Plan - nun kommen die Koalitionspartner.
    ZDF-Hauptstadtkorrespondent Andreas Huppert mit einer neuen Folge von Inside PolitiX zur Wehrpflicht-Debatte
    Wer 18 wird, bekommt künftig Post von Boris Pistorius, mit der Frage, ob er/sie in der Bundeswehr dienen möchte. Ist das nur der Anfang?15.06.2024 | 10:48 min

    Warum die FDP den Wehrdienst ablehnt

    Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann - beide FDP - haben Pistorius ihre Meinung dazu übermittelt. Das Schreiben mit der Nummer 2024/0605819 liegt ZDFheute vor. Zunächst heißt es: "Wir begrüßen daher ausdrücklich die von Ihnen innerhalb der Bundesregierung angestoßene Debatte zur Steigerung der Wehrfähigkeit."
    Um dann ihre Zweifel zu beschreiben. Die "Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht beziehungsweise Dienstpflicht" treffe nicht auf gesellschaftliche Akzeptanz und werde von der FDP ausgeschlossen, heißt es. Und weiter:

    Der mit einer neuen allgemeinen Wehr- oder Dienstpflicht verbundene Aufbau von Strukturen wäre ein langwieriger und extrem kostenintensiver Prozess, der absehbar über Jahre zu weniger statt mehr Handlungsfähigkeit führen würde.

    Brief der FDP an Pistorius

    Bundeswehr
    Die Ampel-Koalition hat sich darauf geeinigt, den Etat der Bundeswehr weniger stark zu erhöhen als von Verteidigungsminister Pistorius gewünscht.09.07.2024 | 1:22 min

    Brandmann: "Wer hat Bock?"

    Die Liberalen sind traditionell gegen jede Form der Pflicht - innerparteilich ist der Widerstand gegen die neue Wehrpflicht groß. Franziska Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, sagt ZDFheute:

    Die Frage darf nicht sein, wer hat Bock, sondern die Frage muss sein, ist die Wehrpflicht wirklich notwendig?

    Franziska Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen

    Sie sieht da eine Affekt-Handlung, zunächst an die Jungen zu denken. Es sei doch eher notwendig, die Attraktivität der Bundeswehr zu stärken. Auch innerhalb der SPD und den Grünen sind Pistorius' Pläne umstritten. CDU und CSU stellen sich dahinter - und auch viele in der Jungen Union sind für einen neuen Wehrdienst.
    Pistorius in Alaska
    Vor dem Nato-Gipfel in Washington ist Verteidigungsminister Pistorius zu Besuch bei deutschen Soldaten in Alaska.08.07.2024 | 0:22 min

    Studie ist skeptisch

    Rückenwind bekommen Lindner und Buschmann aus ihrer Sicht durch eine Studie des ifo-Instituts. Das vom Bundesministerium der Finanzen selbst beauftragte Kurz-Gutachten betrachtet die "volkswirtschaftlichen Kosten einer Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines sozialen Pflichtjahres".
    Demnach sind die Kosten der Wiedereinführung hoch. Vor allem, weil diese jungen Männer dann eben nicht arbeiten würden. Die Studie nennt einen Rückgang des Bruttoinlandseinkommens um 17,1 Milliarden Euro.
    Durchs politische Berlin schwirrt schon länger eine andere Zahl: Über eine Milliarde würde es mindestens kosten, um 5.000 Wehrpflichtige zu bekommen. Rechtfertigen die Kosten den Aufwand?
    Boris Pistorius
    Anstelle des angemeldeten Mehrbedarfs von 6 Milliarden Euro bekommt Pistorius nur 1,25 Milliarden. So reagiert der Verteidigungsminister über die Haushaltseinigung der Ampel. 08.07.2024 | 0:20 min

    Disput in der Ampel

    Die Liberalen finden eine andere Idee: "Ein weiteres Instrument ist die Stärkung der Rolle der Reserve." Also Menschen, die im Verteidigungsfall eingezogen werden könnten. Einen anderen Ansatz verfolgt Generalinspekteur Carsten Breuer. Er fordert für den Fall der Wiedereinführung der Wehrpflicht Gleichberechtigung. Auch Frauen müssten dienen. Und die Bundeswehr brauche nach seinen Worten 100.000 zusätzliche Reservisten.
    Es ist eine Kontroverse zu einem merkwürdigen Zeitpunkt: Pistorius fern der Heimat - und überhaupt soll erst einmal eine Arbeitsgruppe einen gemeinsamen Weg erarbeiten.
    Lindner und Buschmann bauen nun erst einmal vor - sie jedenfalls halten eine allgemeine Wehr- oder Dienstpflicht aus finanziellen, volkswirtschaftlichen und rechtlichen Gründen für nicht realistisch. Ein Disput zwischen den Ampel-Partnern - aber sicherlich auch innerhalb der Gesellschaft.

    Pistorius stellt Pläne vor
    :So soll der neue Wehrdienst aussehen

    Neuer Wehrdienst: Künftig müssen alle jungen Männer einen Fragebogen ausfüllen, im Anschluss kann eine Musterung stehen. Das sind die Pläne von Verteidigungsminister Pistorius.
    von Dominik Rzepka
    Archiv: Bundeswehruniform mit Deutschlandfahne am Arm
    mit Video

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