Ampel-Aus: Hat die FDP den Bruch seit Wochen vorbereitet?

    Medienberichte zu Koalitionsende:FDP soll Ampel-Aus lange vorbereitet haben

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    Laut Medienberichten soll die FDP wochenlang einen gezielten Bruch der Ampel-Koalition vorbereitet haben. SPD und Grüne reagieren empört.

    Bundeskanzler Olaf Scholz (r/SPD) schaut auf Christian Lindner (FDP), ehemaliger Bundesminister der Finanzen im Schloss Bellevue
    Medienberichte über einen von langer Hand geplanten Bruch der Ampel-Koalition durch die FDP-Spitze haben bei den ehemaligen Koalitionspartnern SPD und Grünen Empörung ausgelöst. 16.11.2024 | 2:36 min
    Die FDP hat sich laut Berichten der Wochenzeitung "Die Zeit" und der "Süddeutschen Zeitung" schon seit Wochen akribisch auf das Ampel-Aus vorbereitet. Ende September entstanden demnach Überlegungen für das Ende der Regierungsbündnisses mit SPD und Grünen. Daraus habe sich das Projekt "D-Day" für den Tag des Koalitionsbruchs entwickelt.
    In mehreren Treffen seien verschiedene Szenarien für das Ende der Ampel-Koalition durchgespielt worden. Teilgenommen hätten unter anderen die damaligen FDP-Minister. Die "Zeit" beruft sich auf Schilderungen mehrerer Personen, die mit den Vorgängen vertrauen seien. Zudem habe die Redaktion Dokumente eingesehen, die in diesen Wochen entstanden seien.
    Screenshot aus Video: Christian Lindner spricht im Bundestag
    Im Bundestag lieferten sich die Parteien nach dem Ampel-Aus einen heftigen Schlagabtausch. Bundeskanzler Scholz verteidigte dabei die Entlassung von Finanzminister Lindner. 13.11.2024 | 2:20 min

    FDP-Politiker äußern sich nicht direkt zu Berichten über geplantes Ampel-Aus

    Die Beteiligten wollten sich auf Anfrage der "Zeit" nicht dazu äußern. Der frühere Justizminister Marco Buschmann erklärte demnach, dass er die zitierten Äußerungen weder bestätigen noch dementieren wolle. Ex-Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, FDP-Fraktionschef Christian Dürr und der inzwischen aus der FDP ausgetretene Verkehrsminister Volker Wissing ließen demnach ausrichten, dass sie grundsätzlich nicht aus internen Sitzungen berichteten.

    Lindner: Empörung ist Wahlkampf

    FDP-Chef Christian Lindner sieht in den Berichten derweil keine Neuigkeit. "Es ist Wahlkampf. Wo ist die Nachricht?", erklärte der frühere Bundesfinanzminister am Samstag. Schließlich habe Kanzler Scholz "eingeräumt, dass er bereits im Sommer über meine Entlassung nachgedacht hat".
    "Und selbstverständlich hätte die FDP ohne Wirtschaftswende die Koalition verlassen müssen", erklärte Lindner mit Blick auf den monatelangen Streit in der Ampel-Koalition um den richtigen Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik. "Deshalb hatte ich Olaf Scholz ja auch einen gemeinsamen, geordneten Weg zu Neuwahlen vorgeschlagen.

    Wo ist die Nachricht?

    Christian Lindner, FDP-Chef

    Die "Zeit" zitierte zudem einen Parteisprecher mit den Worten, es habe in den vergangenen Monaten "immer wieder und in verschiedenen Runden eine Bewertung der Regierungsbeteiligung" stattgefunden. "Selbstverständlich wurden immer wieder Szenarien erwogen und Stimmungsbilder eingeholt."
    Lindners Rede nach seinem Rauswurf aus der Ampel
    FDP-Chef Christian Lindner machte nach dem Scheitern der Ampel-Koalition Bundeskanzler Scholz verantwortlich. 06.11.2024 | 4:01 min

    SPD und Grüne reagieren empört

    Führende SPD-Politiker reagierten empört auf die Medienberichte. "Verantwortung als Fremdwort, Bösartigkeit als Methode: Ich bin tief erschüttert über dieses Verhalten der FDP", schrieb Arbeitsminister Hubertus Heil auf der Plattform X. Gesundheitsminister Karl Lauterbach nannte den von der "Zeit" und der "Süddeutschen" Zeitung geschilderten Vorgang eine "unfassbare Enttäuschung". Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt quittierte die "bemerkenswerten" Berichte mit einem knappen "aha".

    X-Post von Arbeitsminister Hubertus Heil

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    SPD-Chef Lars Klingbeil warf der FDP vor, vor dem Koalitionsbruch ein "unwürdiges Schauspiel" aufgeführt zu haben. Wenn es stimme, dass die FDP-Spitze einen Bruch des Ampel-Bündnisses bereits seit Ende September in mehreren Strategietreffen vorbereitet haben, wäre das eine "Verhöhnung der Demokratie", sagte Klingbeil bei einer Dialogveranstaltung der SPD in Essen. Den Parteimitgliedern rief Klingbeil zu:

    Ich finde, das gehört sich nicht und das zeigt auch, dass die FDP in diesem Land keine Verantwortung tragen darf.

    Lars Klingbeil, SPD-Chef

    Topleute von Grünen und SPD: Keine neue Koalition mit FDP

    Ähnlich wie SPD-Chef Klingbeil äußerte sich auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic: "Diese Truppe braucht wirklich niemand. Sie schadet unserem Land", sagte sie dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Die Fraktions-Co-Vorsitzende Katharina Dröge sagte den Sendern RTL und NTV. "Mein Fazit ist, mit der FDP kann man aktuell nicht regieren."
    Die scheidende Politische Geschäftsführerin der Grünen, Emily Büning, reagierte ebenfalls mit Unverständnis auf die Berichte. "Wir machen so nicht Politik", sagte Büning am Rande des Bundesparteitags in Wiesbaden. "Wir sind in die Regierung gegangen, um Verantwortung zu übernehmen und nicht, um Spielchen zu spielen und Theaterszenen zu planen." Sie fügte hinzu: "Der Plan ist ja auch nicht ganz so aufgegangen."

    Frühere Koalitionspartner werfen sich gegenseitig Koalitionsbruch vor

    SPD und FDP hatten sich in den vergangenen Tagen wechselseitig vorgeworfen, das Ende der Ampel-Koalition provoziert zu haben. FDP-Chef Christian Lindner warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach seinem Rauswurf aus der Koalition eine "Entlassungsinszenierung" vor.

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    Quelle: ZDF

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    Quelle: dpa

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