Abschluss des TV-Wahlkampfs: Die Schlussrunde im Check
Faktencheck
Abschluss des TV-Wahlkampfs:Die Schlussrunde zur Bundestagswahl im Check
von K. Belousova, M. Hugo, N. Metzger, H. Koberstein, O. Klein, N. Niedermeier, J. Schneider
|
Endspurt im Wahlkampf: Bei der ZDF-Schlussrunde der Parteien ging es unter anderem um Gesundheit, Bildung, Verteidigung, Klimaschutz. Welche Aussagen stimmten - und welche nicht.
Wer wird Deutschland künftig regieren - und wie? Kurz vor der Wahl kamen die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien noch einmal zusammen.20.02.2025 | 90:28 min
Die "Schlussrunde" von ARD und ZDF war das Ende eines kurzen aber intensiven Wahlkampfs im TV. Alle acht Parteien, die um den Einzug in den Bundestag kämpfen, konnten nochmal die Werbetrommel für sich und ihre Kandidaten rühren.
Nicht alle Aussagen konnten dabei bis ins letzte Detail ausdiskutiert werden, manche Behauptungen waren irreführend. ZDFheute hat den Faktencheck gemacht.
Europas Verteidigungsausgaben höher als russischer Staatshaushalt?
Für Sahra Wagenknecht (BSW) ist die europäische Aufrüstung übertrieben:
Wir haben aktuell Verteidigungsetats in Europa, nur der europäischen Nato-Staaten, die sind zusammen höher als der ganze russische Staatshaushalt.
„
BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht
In absoluten Zahlen gibt der russische Staat tatsächlich weniger für sein Militär aus als Europa. Was Wagenknecht hierbei jedoch unterschlägt, ist der Faktor Kaufkraftparität - die Kosten für Militärgeräte und Löhne sind in Russland deutlich niedriger. Das heißt, Russland kann für das gleiche Geld deutlich mehr aufrüsten.
Europa gebe mehr Geld für Verteidigung aus als Russland, meint BSW-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht. Europäische Truppen in der Ukraine oder Taurus-Lieferungen seien abzulehnen.20.02.2025 | 2:52 min
Rechnet man diesen Faktor mit ein, stellt sich das Bild ganz anders dar. Der jüngste Military Balance Bericht des Forschungsinstituts IISS zeigt, dass die russischen Militärausgaben 2024 so stark angestiegen sind, dass sie kaufkraftbereinigt mit 461,6 Milliarden Dollar die der europäischen Staaten (457 Milliarden Dollar) sogar übertreffen. Betrachtet man nur die europäischen Nato-Staaten, so beziffert die Militärallianz selbst die kaufkraftbereinigten Ausgaben für 2024 auf rund 406 Milliarden Dollar. Im Vergleich zum Vorjahr habe Russland seine Militärausgaben um 41,9 Prozent gesteigert, so das IISS. Es sind darum nicht nur die Ausgaben selbst, sondern auch dieser Trend, der Experten Sorge bereitet.
Dazu kommt: Geld allein bedeutet noch keine militärische Schlagkraft. Hohe Betriebsausgaben, viel Bürokratie, geringe Einsatzbereitschaft beim Großgerät - solche Ineffizienzen sind nicht nur in der Bundeswehr das Ergebnis von zwei Jahrzehnten struktureller Unterfinanzierung. "Man muss auch an die Beschaffungsstrukturen heran. Einfach nur mehr Geld in ein wenig effizientes System zu geben, das macht keinen Sinn", so Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Wirtschaft (IW) Köln, in der "Zeit". Auch bei der Personalgewinnung stehen viele Streitkräfte Europas vor Herausforderungen.
Im Bundestagswahlkampf sind sich fast alle Spitzenkandidaten einig, dass für die derzeit kaum einsatzbereite Bundeswehr mehr Geld ausgegeben werden muss.11.02.2025 | 8:46 min
Sobald die 100 Milliarden Euro Sondervermögen 2028 aufgebraucht sind, entsteht laut IW eine Lücke im Verteidigungshaushalt von geschätzt über 26 Milliarden Euro jährlich. Wird die nicht gefüllt, kann die Bundeswehr Aufgaben nicht erfüllen, die sie der Nato fest zugesagt hat. Moderne Streitkräfte bis hoch zu den Verteidigungsplänen der Nato sind dabei wie komplexe Räderwerke, in denen Fähigkeiten aufeinander aufbauen. Ein Weglassen zieht Kaskadeneffekte nach sich. Ein weiteres Ansteigen der Verteidigungsausgaben ist darum wahrscheinlich.
Sind Geflüchtete schuld an steigenden Kassenbeiträgen?
Alice Weidel (AfD) behauptete, schuld an steigenden Beiträgen bei den Krankenkassen seien Schutzsuchende:
Die Ursache, dass die Beiträge stetig steigen, sind diese Parteien, wie sie hier sitzen, weil sie Millionen von Menschen in die Kassen reingelassen haben, die dort nie eingezahlt haben.
„
AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel
Weidel präzisiert ihren Vorwurf dann noch: "Dementsprechend müssen wir die illegale Migration unterbinden und auch die Einwanderung in unsere Sozialsysteme. Das kann niemand mehr bezahlen."
Diese Aussage ist irreführend. Ursachen für die Finanzprobleme der Kassen sind in viel größerem Maß der demografische Wandel, Kostensteigerung für Medikamente und Löhne und nicht zuletzt politische Entscheidungen: So verpflichtete der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die gesetzlichen Krankenkassen, ihre Reserven abzubauen. Letzteres benennt Weidel in ihrer Aussage auch korrekt.
Es wird 2025 deutlich teurer für gesetzlich Versicherte. Der TK-Chef wirft Ex-Gesundheitsminister Spahn "Beschiss" vor. Die Rücklagen seien "weg", Beiträge stiegen "ungebremst".
von Britta Spiekermann
mit Video
Asylsuchende fallen zunächst unter das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und sind in dieser Phase nicht Teil der gesetzlichen Krankenversicherung. Die medizinische Versorgung wird in dieser Zeit über die Kommunen finanziert, nicht über die Krankenkassen. Eine Besonderheit stellen ukrainische Geflüchtete dar, die seit Beginn des Krieges 2022 direkten Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung erhalten.
Nach 36 Monaten (bis Februar 2024 bereits nach 18 Monaten) Aufenthalt oder bei anerkanntem Schutzstatus haben Geflüchtete ein Anrecht auf sogenannte Analogieleistungen, die den Leistungen nach SGB II oder SGB XII (Bürgergeld bzw. Sozialhilfe) entsprechen und damit auch die Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung beinhalten. Studien des Robert-Koch-Instituts (RKI) und des Bundesamts für Migration zeigen, dass Geflüchtete dann oft spezifische Gesundheitsbedarfe haben (besonders psychische Gesundheit), aber insgesamt tendenziell gesünder als der Durchschnitt der Bevölkerung sind. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2020 geht sogar davon aus, dass die Krankenkassenbeiträge ohne Zuwanderung höher wären.
Drei Tage vor der Bundestagswahl haben die Spitzenpolitiker in der finalen Schlussrunde erneut über die wichtigsten politischen Themen diskutiert.21.02.2025 | 2:55 min
Schließt das Grundgesetz Frauen von der Wehrpflicht aus?
Während einer Debatte zur Wehrpflicht wurde Alexander Dobrindt (CSU) gefragt: "Wollen Sie Männer und Frauen mustern?" Dobrindts Anwort: "Es geht darum, dass wir Männer mustern - etwas anderes lässt das Grundgesetz überhaupt nicht zu."
Damit hat Dobrindt Recht. In Artikel 12a des Grundgesetzes steht: "Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden." Frauen sind hier bislang ausgenommen. Aber: Mit einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat ließe sich das ändern. Nach einer Grundgesetzänderung könnten Frauen auch bei der Wehrpflicht mit einbezogen werden.
Der Bundesverteidigungsminister erwägt einen “Neuen Wehrdienst”. Dabei rückt eine Frage in den Fokus, falls die Dienstpflicht doch noch kommt: Sollte sie auch für Frauen gelten?
von K. Belousova, N. Metzger, U. Stoll, M. Strompen
mit Video
Hat der Staat zu wenig Geld für ein Freiwilliges Soziales Jahr?
Jan van Aken von den Linken merkte in der Diskussion um eine Wehrpflicht oder einen verpflichteten Ersatzdienst an, dass schon jetzt das Geld für ein freiwilliges Soziales Jahr nicht ausreiche:
Die Bundesregierung stellt nicht genug Geld dafür bereit. Die Menschen, die freiwillig einen Dienst machen wollten, mussten abgewiesen werden.
„
Linken-Chef Jan van Aken
Die Anmerkung ist zutreffend: Die Bundesmittel für Freiwilligendienste werden im Haushalt 2025 um etwa 40 Millionen Euro (zwölf Prozent) gekürzt, was direkte Auswirkungen auf das Platzangebot hat. Der Paritätische Wohlfahrtsverband reduziert die Plätze für ein Freiwilliges Soziales Jahr von 5.660 auf 5.217, die AWO kürzt um 15 Prozent auf 2.100 Stellen. Dem "Spiegel" erklärten sie, dass sie motivierte Bewerber schon hätten ablehnen müssen. Beide Verbände schließen keine neuen Bundesfreiwilligendienstverträge mehr ab.
Auch im Haushalt von 2024 hatte die Ampel-Koalition für diese Dienste weniger Geld zur Verfügung gestellt. Der Paritätische Wohlfahrtsverband rechnete damals damit, dass durch die geplanten Kürzungen bundesweit bis zu 30.000 Stellen wegfallen würden.
Noch mehr Hintergründe und Analysen zu den einzelnen Themen in unserem Liveblog:
Gesundheit, Bildung, Verteidigung, Klimaschutz: Zu allen Themen der Schlussrunde gibt es hier mehr Kontext.
von C. Harz, T. Schneider, K. Schubert, K. Schuster
Liveblog
Kostet der Liter Sprit ab 2027 einen Euro mehr?
Eine hitzige Diskussion um Klimaschutzgesetze gab es zwischen Alice Weidel und Alexander Dobrindt. Weidel sagte: "Die CDU hat im Übrigen das Heizungsgesetz eingeführt" - und weiter in Richtung Union: "Sie haben die CO2-Abgabe eingeführt. Und Sie haben sie gerade im Januar noch erhöht. Was dazu führt, dass wir eine Kostenexplosion von Energiepreisen 2027 haben werden." Dann werde der Liter Sprit einen Euro mehr kosten, so Weidel.
Daraufhin entgegnete Dobrindt: "Was Sie erzählen ist schlichtweg falsch, bei der CO2-Bepreisung - das ist Ihre freie Erfindung, mit der Sie zur Zeit Stimmung machen wollen, dass es ins Unendliche explodieren wird. Das tut es nicht, das ist entsprechend reguliert."
Der CO2-Preis steigt Anfang kommendes Jahres. Das könnte auch die Preise beim Tanken und Heizen beeinflussen. Die Zukunft des Klimagelds bleibt ungewiss. 25.12.2024 | 1:33 min
Wer hat Recht? Richtig ist, dass der CO2-Preis auf Benzin, Diesel, Gas und Heizöl von der großen Koalition aus SPD und Union beschlossen wurde und seit 2021 umgesetzt wird. Gesetzlich festgelegt sind seitdem auch die Preissteigerungen. Im Januar erhöhte sich der Preis auf 55 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2. So war es auch bereits in der Gesetzesfassung der großen Koalition vorgesehen.
Ab 2027 geht die deutsche Bepreisung in ein europäisches Emissionshandelssystem (ETS 2) über, in dem sich der Preis nach dem Handel mit Zertifikaten richtet. Wie hoch er dann sein wird, kann im Moment noch niemand sagen - das hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von der Menge der ausgegebenen Zertifikate und vom Bedarf.
Bezahlen müssen zwar die Anbieter, die aber geben diese Kosten üblicherweise an die Kunden mit der Tank- und Heizrechnung weiter. Um eine Wirkung zu haben, müsste der CO2-Preis auf 200 bis 300 Euro pro Tonne steigen, sagt Prof. Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Aber auch dann läge die Preissteigerung an der Tankstelle wohl unter einem Euro.
Von diesem Preisniveau ist der CO2-Preis allerdings weit entfernt. 2026 soll er 55 bis 65 Euro pro Tonne CO2 betragen, so ist es geplant. Marktbeobachter gehen davon aus, dass der Preis im Jahr 2027 sich nicht deutlich erhöht. Die Beratungsfirma Clear Blue Markets rechnet etwa mit einem CO2-Preis von 55 Euro 2027, was nach Berechnungen des Umweltbundesamtes einem Preisaufschlag von 13,2 cent pro Liter bei Benzin und 14,7 Cent pro Liter bei Diesel bedeuten würde. Also deutlich weniger als der von Alice Weidel angenommene Aufpreis von 1 Euro pro Liter 2027.
Ab dem Jahr 2027 könnte es an der Tankstelle deutlich teurer werden, warnt der ADAC. Grund sei der steigende CO2-Preis. Dafür müsse dringend ein Ausgleich beschlossen werden.
Zudem drängen viele Parteien in ihren Wahlprogrammen auf eine soziale Entlastung als Ausgleich zum steigenden CO2-Preis, finanziert aus den Einnahmen des Emissionshandels. Wie genau und in welcher Höhe diese ausfallen werden, das ist ebenfalls noch offen und wird wohl eine kommende Bundesregierung entscheiden.
Auch das Gebäudeenergiegesetz wurde ursprünglich unter der schwarz-roten Merkel-Regierung beschlossen und trat 2020 in Kraft. Es regelt zum Beispiel Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden oder die Verwendung von Energieausweisen. Die Ampel-Regierung beschloss 2023 Änderungen des Gesetzes. Wichtigste Neuerung: Ab Januar 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent Erneuerbarer Energie betrieben werden.
Die Nato: Ein Club ohne Werte?
Jan van Aken von der Linken kritisierte die Nato sehr grundsätzlich:
Die Nato hat ein Problem: dass sie keine Wertegemeinschaft ist. (…) Die Nato ist eigentlich ein Verein von Ländern, die mit militärischen Mitteln egoistische Machtinteressen durchsetzen.
„
Linken-Chef Jan van Aken
Die Nato selbst beschreibt sich explizit als "Wertegemeinschaft" und hält das auch in offiziellen Dokumenten fest. In der Präambel des Nordatlantikvertrags bekennen die Mitgliedsstaaten, "die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivilisation ihrer Völker, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Freiheit der Person und der Herrschaft des Rechts beruhen, zu gewährleisten." Eine Aufnahme in die Nato ist an Bedingungen geknüpft, darunter eine demokratische und marktwirtschaftliche Ordnung, der Schutz von Minderheiten im Land und eine zivile Kontrolle über das Militär.
Vor dem Treffen der NATO-Verteidigungsminister stößt die Strategie von Trump bei Ukraine-Gesprächen mit Kremlchef Putin bei den europäischen Verbündeten auf Kritik und Skepsis.13.02.2025 | 1:48 min
Tatsächlich hielt das in der Vergangenheit einzelne Nato-Staaten aber nicht immer davon ab, umstrittene Militärinterventionen durchzuführen. Auch die Benachteiligung der kurdischen Minderheit in der Türkei wird im Bündnis seit Jahrzehnten ausgeblendet. Die meisten der völkerrechtlich umstrittenen Militärkampagnen erfolgten aber nicht im Rahmen von Nato-Missionen; Mitglieder können weiterhin souverän über den Einsatz ihrer militärischen Mittel entscheiden.
Dass ein einzelnes Land wie die USA die Nato instrumentalisiert, um ihre Interessen gegen den Willen anderer Mitglieder durchzusetzen, ist auch nur schwer möglich. Entscheidungen im Nordatlantikrat, insbesondere solche über Krieg und Frieden, müssen einstimmig getroffen werden. Die 2023 und 2024 beigetretenen Staaten Finnland und Schweden gingen diesen Schritt, um sich im Kollektiv besser vor Russland schützen zu können.
Trotz Problemen in einzelnen Mitgliedsstaaten ist die Nato also ein von liberalen politischen Werten geprägtes System kollektiver Sicherheit. All das steht und fällt jedoch mit dem Engagement ihrer Mitglieder.
Auf der Sicherheitskonferenz wurde erneut klar: Europa muss sich selbst um Verteidigung kümmern. Auch Deutschland wird investieren müssen. Mit Folgen für Haushalt und Wirtschaft.
von Richard Luttke
mit Video
Was bringt Deutschlands schon 2045 anvisierte Klimaneutralität?
Christian Lindner (FDP) sagte, dass Deutschland sein Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden, aufgeben müsse. "Für das Weltklima ist nichts erreicht", so Lindner, weil die EU erst 2050 klimaneutral werden wolle.
Wenn Deutschland fünf Jahre schneller ist, dann wird es für andere günstiger, andere können länger CO2 emittieren.
„
Christian Lindner, FDP
Zum Hintergrund: In der EU gilt für CO2 der sogenannte Emissionshandel (ETS - Emission Trading Scheme). Große Industriebetriebe, Kraftwerke und künftig auch Fluggesellschaften müssen sich dort CO2-Zertifikate kaufen, wenn sie CO2 emittieren. Die Menge der ausgegebenen CO2-Zertifikate reduziert sich über die Jahre, der CO2-Preis steigt, was für weniger CO2-Emissionen der Industrie sorgen soll. Ende 2050 sollen keine CO2-Zertifikate mehr ausgegeben werden. Christian Lindner argumentiert, dass für die anderen EU-Staaten umso mehr CO2-Zertifikate übrig bleiben, wenn Deutschland schon 2045 klimaneutral ist und keine CO2-Zertifikate mehr braucht.
Bei der UN-Klimakonferenz in Baku haben sich fast 200 Staaten auf eine Reihe von Grundregeln für den globalen Emissionshandel geeinigt. Seit Paris 2015 wurde daran gearbeitet.12.11.2024 | 0:23 min
Der Blick auf die bisherige Praxis zeigt aber, dass es dazu wahrscheinlich nicht kommen wird. Ein Mitgliedsland kann etwa für die vorzeitige Stilllegung von Kohlekraftwerken die entsprechende CO2-Zertifikatsmenge löschen, so dass sie auch in anderen EU-Ländern nicht mehr zur Verfügung steht.
Nach dieser Methode wollte die Bundesregierung beim Kohleausstieg vorgehen. Die Löschung wurde von der EU-Kommission allerdings wegen der angewandten Berechnungsmethode nicht akzeptiert. Die Bundesregierung erklärte auf Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion, nunmehr für Kraftwerksstillegungen ab dem Jahr 2022 eine Löschung von CO2-Zertifikaten zu beantragen. Dieses Mal auf Grundlage der geforderten Berechnungsmethode.
Seit Beginn des Emissionshandels 2005 hat sich herausgestellt, dass viel zu viele CO2-Zertifikate im ETS ausgegeben worden sind. Deshalb hat die EU-Kommission 900 Millionen CO2-Zertifikate aus dem Markt genommen, um den CO2-Preis zu stützten, damit der höhere CO2-Preis Unternehmen zu Klimaschutz anreizt. Wenn der CO2-Preis zu hoch steigt, will die EU-Kommission aus dem Markt genommene CO2-Zertifikate in den Markt zurückschießen, um den Preisanstieg zu dämpfen. Der Emissionshandel ist also weniger ein Instrument zur Steuerung der CO2-Menge für das Ziel Klimaneutralität 2050, sondern eher Instrument zur Steuerung des CO2-Preises, der langsam aber sicher ansteigen soll, so dass es sich für immer mehr Industriebereiche lohnt, auf CO2-Emissionen zu verzichten.
Hinweis 21.02.2025, 13:30 Uhr: Der Faktencheck zur Entwicklung beim Spritpreis wurde um eine weitere Einschätzung zur wahrscheinlichen Veränderung des CO2-Preises erweitert. Zur Berechnungsmethode von CO2-Zertifikaten bei Kraftwerksstilllegungen wurde eine Information aktualisiert.
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.