Baustelle Barrierefreiheit:Erste Gehörlose im Bundestag angekommen
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Sie ist die erste Gehörlose im Bundestag: Heike Heubach nimmt an ihrer ersten Bundestagssitzung teil. Schon im Vorfeld macht sie auf Probleme bei der Barrierefreiheit aufmerksam.
Mit Heike Heubach zieht die erste gehörlose Abgeordnete in den deutschen Bundestag ein. Die 43 Jahre alte SPD-Politikerin wird zukünftig von Gebärdensprachdolmetschern begleitet.21.03.2024 | 0:43 min
Die erste gehörlose Bundestagsabgeordnete Heike Heubach macht zu ihrer ersten Teilnahme an einer Bundestagssitzung auf Probleme in Sachen Barrierefreiheit aufmerksam - und beklagt einen Mangel an Dolmetschern für die Gebärdensprache.
80.000 taube Menschen in Deutschland
Es gebe rund 80.000 taube Menschen in Deutschland und darüber hinaus weitere Personen, die die Gebärdensprache nutzten, etwa Schwerhörige, sagte Heubach der "Augsburger Allgemeinen". Die SPD-Politikerin aus Stadtbergen bei Augsburg erklärte: "Dem stehen zu wenige Dolmetschende gegenüber. Wenn ich an meine Heimat Augsburg denke, dann gibt es im weiteren Umfeld nur 13 Dolmetschende. München ist größer und hat 69 Dolmetschende." Es gebe wesentlich mehr Anfragen und Bedarfe, als abgedeckt werden könnten.
Angekommen: Abgeordnete begrüßen Heike Heubach (Mitte vorn) in Gebärdensprache
Quelle: dpa
Heubach - 44 Jahre alt, Industriekauffrau, verheiratet und zweifache Mutter - zieht als Nachrückerin in den Bundestag ein, nachdem der SPD-Abgeordnete Uli Grötsch zum Polizeibeauftragten des Bundes gewählt worden war. Heubach vertritt den Wahlkreis Augsburg-Land, sie ist auf beiden Ohren taub. Im Parlament wird Heubach von Dolmetschern begleitet. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sagte: "Wir stellen die Gebärdendolmetschung im Plenarsaal sicher. Ein Dolmetscher wird umgekehrt ihre Reden im Plenarsaal übersetzen."
Heubachs Dolmetscherin im Bundestag
Quelle: dpa
Heubach nutzt Dolmetsch-Service am Laptop
Heubach fügte hinzu: "Das führt leider dazu, dass manche Menschen gar nicht mehr nach Dolmetschenden fragen, wenn sie kurzfristig jemanden benötigen. Ich kenne viele, die diese Strategie wählen. Das bedeutet, dass die tatsächlich gestellten Anfragen keinen Aufschluss über den tatsächlichen Bedarf geben." Die Dunkelziffer sei extrem hoch.
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Zu ihrer Bundestagsarbeit erklärte Heubach: "Wenn ich telefoniere, nutze ich über meinen Laptop einen Dolmetsch-Service. In ganz Deutschland verteilt, sitzen 100 bis 150 Dolmetschende, die für diesen Service arbeiten. Wenn ich also mit Ihnen telefonieren will, dann gebe ich Ihre Telefonnummer an und, wenn nötig, zusätzliche Hintergrundinformationen, mit welchem Ziel ich dieses Telefonat führe." Die dolmetschende Person rufe Sie dann an.
Gehörlose Abgeordnete Heubach: "Noch viel zu tun im Bereich Barrierefreiheit"
Zum Thema Barrierefreiheit sagte Heubach, diese habe viele Facetten. "Barrierefreies Wohnen ist nur ein Teil davon, hier geht es beispielsweise um rollstuhlgerechte Wohnungen. Für mich wäre eine Lichtklingel, als visuelles Signal der Klingel, wichtig. In Deutschland ist schon einiges erreicht worden, es gibt aber auch noch viel zu tun im Bereich Barrierefreiheit."
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Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hatte den Einzug der ersten gehörlosen Abgeordneten in das Parlament im Vorfeld bereits als starkes Signal für Inklusion gewertet. "Die Bundestagsverwaltung hat sich seit Monaten intensiv darauf vorbereitet, Heike Heubach eine weitgehend barrierefreie Wahrnehmung ihres Mandats zu ermöglichen", sagte Bas den Funke-Zeitungen. Heubach müsse genau wie alle anderen Abgeordneten ihren Wahlkreis vertreten, in den Ausschüssen ihre Arbeit leisten und im Plenum an den Debatten teilnehmen können.
Hier finden sie barrierefreie Angebote mit Gebärdensprache.
Gehörlosen-Bund sieht "bedeutenden Schritt für Gebärdensprachgemeinschaft"
Der Präsident des Deutschen Gehörlosen-Bundes, Helmut Vogel, nannte Heubachs Nachrücken in den Bundestag "einen bedeutenden Schritt für die Gebärdensprachgemeinschaft" in Deutschland. Vogel sagte den Funke-Zeitungen:
Dies sei eine "Zäsur", mit der sich der lang gehegte Wunsch der Gehörlosengemeinschaft erfülle, dass eine taube Person "im Herzen der deutschen Demokratie" vertreten ist. Bisher seien erst auf kommunaler Ebene einzelne gehörlose gewählte Abgeordnete aktiv.