Bodycams: Mehr Sicherheit für Zugpersonal der Deutschen Bahn

    EVG-Studie: Übergriffe nehmen zu:Bodycams für mehr Sicherheit beim Zugpersonal

    von Sophie Burkhart
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    Seit Juni setzt die Deutsche Bahn bei Zugbegleitern im Regionalverkehr Bodycams ein. Sie sollen für mehr Sicherheit des Personals sorgen. Dringend notwendig, zeigt eine Umfrage.

    Ein Mitarbeiter der Blankenburger Firma Netco Professional Services GmbH prüft eine Bodycam.
    Bodycams sollen Zugpersonal vor Gewalt und Bedrohung schützen.
    Quelle: dpa

    140 Bodycams sind derzeit in Regionalzügen Deutschlands im Einsatz. Eine von ihnen trägt Andreas Bialas. Er ist Zugbegleiter im Regionalzug von Koblenz nach Frankfurt am Main. Seit Juni fährt bei ihm die Bodycam mit - eine Körperkamera, die in brenzligen Situationen zum Einsatz kommt.
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    Zahl der Körperverletzungen steigt

    Eine Umfrage der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zeigt, dass Mitarbeitende mit Kund*innenkontakt immer häufiger Zielscheibe aggressiven Verhaltens von Fahrgästen werden. Seit 2014 stieg die Zahl der Körperverletzungen von 1.500 auf mehr als 3.000 im Jahr 2023.
    82 Prozent der Befragten berichteten, bereits einen verbalen oder körperlichen Übergriff erlebt zu haben.
    Andreas Bialas ist das nicht fremd. Auch er hat schon Anfeindungen erlebt:

    Zum Beispiel Fahrgast steigt ein, aggressiv alkoholisiert und ist direkt auf Stimmung aus. Da ist man als Mitarbeiter, als Mitarbeiterin chancenlos. Und diese Kamera hat dann schon, je nachdem, eine abschreckende Wirkung.

    Andreas Bialas, Zugbegleiter

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    Bodycam soll eskalierende Situationen aufzeichnen

    Kommt es zu einer Konfliktsituation zwischen Schaffner und Fahrgast, drückt Andreas Bialas den Aufnahmeknopf an der Bodycam. Eine deutliche Ansage seinerseits und ein rotes Licht an der Kamera signalisieren: Jetzt wird aufgezeichnet - nur Bild, kein Ton.
    Das Tragen der Bodycam ist freiwillig. Sie wird beispielsweise im Regionalverkehr in Hessen, Rheinland-Pfalz, im Saarland und Rhein-Neckar eingesetzt. Eine erste Bilanz fällt positiv aus:

    140 dieser Kameras sind schon im Einsatz und bei denen hat es erst einen einzigen Fall eines körperlichen Übergriffs gegeben. Das ist immer noch einer zu viel, aber es zeigt schon, dass hier eine Wirkung entsteht.

    Achim Stauß, Konzernsprecher Deutsche Bahn

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    Kamera-Einsatz ist datenschutzrechtlich erlaubt

    Die Bodycam habe drei entscheidende Vorteile, erklärt Achim Stauß, Konzernsprecher der Deutschen Bahn: Sie wirke vorbeugend, in Konfliktsituationen deeskalierend und liefere für die Strafverfolgungsbehörden das nötige Beweismaterial.
    Der Einsatz ist datenschutzrechtlich abgesichert; das Bildmaterial darf nur von der Bundespolizei ausgewertet werden und muss nach 72 Stunden gelöscht werden. Die meisten Fahrgäste sehen die Bodycams gelassen.

    Ich bin ja eh im Zug, ich werde hier ja auch mit Überwachungskameras an Bahnhöfen gefilmt. Deswegen find ich jetzt nicht, dass das einen großen Unterschied macht.

    Tram Nguyen, Fahrgast

    Kameras für Zugbegleiter erlaubt
    :Bahn: Bodycams wirken "sehr deeskalierend"

    Die Deutsche Bahn erlaubt ihrem Personal seit März, in Regionalzügen eine Körperkamera zu tragen. Nach Bahn-Angaben haben sich diese in Tests als "deeskalierend" bewährt.
    Bodycams sollen verhindern, dass es in Regionalzügen zur Eskalation kommt
    mit Video

    Gewerkschaft fordert mehr Personal in Zügen

    Doch Bodycams allein reichten nicht aus, sagen Arbeitnehmervertreter. Die EVG fordert unter anderem mehr Personal. "Wir brauchen eine Doppelbesetzung im Schienenpersonennahverkehr, weil bei zwei Leuten wissen wir auch, dass die Sicherheit größer ist", sagt Martin Burkert, Vorsitzender der EVG. Zugbegleiter*innen seien in der Regel allein im Zug.
    Der EVG sei bekannt, dass Mitarbeitende, die Übergriffe in Zügen erlebt hätten, den Arbeitgeber gewechselt hätten und heute einen anderen Beruf ausübten.
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    "Gefühl der Sicherheit" durch Technik

    Mehr Personal wünscht sich auch Andreas Bialas. Dank der Bodycam fühle er sich "nicht ganz alleine, obwohl es ja subjektiv Technikgerät ist", sagt der Schaffner. Die Bodycam verleihe ihm "ein Gefühl der Sicherheit".

    Ich habe nicht nur meine Augenpaare, hier guckt noch jemand mit. Und im Zweifelsfall, Notfall oder Extremfall kann man aufs Bildmaterial zurückgreifen.

    Andreas Bialas, Zugbegleiter

    Laut der EVG-Umfrage befürworteten 88 Prozent der Befragten den Einsatz einer Bodycam. Ende 2024 will die Bahn den Einsatz ausweiten.

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