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FAQ
Islamisten-Aufzug am Samstag:Warum wurde die Hamburg-Demo nicht verboten?
von L. Hruschka, D. Rzepka
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Eine Demo der Islamisten-Szene in Hamburg sorgt für Empörung. Über 1.000 Menschen haben gegen in ihren Augen islamfeindliche Politik protestiert. Warum wurde das nicht verboten?
Eine islamistische Demonstration in Hamburg schlägt Wellen: Das politische Berlin reagiert verstört und empört auf öffentliche Rufe nach dem Kalifat. Und nun?29.04.2024 | 2:38 min
Was ist passiert?
Am Samstag haben im Hamburger Stadtteil St. Georg mehr als 1.000 Menschen demonstriert. Sie skandierten islamistische Parolen. Auf den Plakaten waren Slogans wie "Deutschland = Wertediktatur" und "Kalifat ist die Lösung" zu lesen.
Nach Informationen des Hamburger Verfassungsschutzes steht der Anmelder der Demonstration der Gruppierung "Muslim Interaktiv" nahe. Sie wird als gesichert extremistisch eingestuft.
Sehen Sie hier mehr zur Initiative "Muslim Interaktiv". Sie gehört zu den islamistischen Gruppierungen, die dafür sorgen, dass die Gräben im Land wachsen.27.10.2023 | 13:16 min
Hätte die Demo verboten werden können?
Das ist nicht so einfach. Denn in Deutschland gilt Versammlungsfreiheit, so steht es in Artikel 8 des Grundgesetzes. Eine extremistische Gesinnung reicht nicht aus, um eine Demonstration zu verbieten, sagt der Hamburger Polizeipräsident, Falk Schnabel, im ZDF:
Um eine Demonstration im Vorfeld zu verbieten, braucht es konkrete Anhaltspunkte, dass es zu Straftaten während der Versammlung kommt. Entsprechend zurückhaltend äußert sich CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: "Ich wäre vorsichtig, grundsätzlich an das Versammlungsrecht ranzugehen. Da verlasse ich mich auf die Justiz", sagt er ZDFheute.
Es fordern verschiedene Politiker strafrechtliche Konsequenzen. Doch auch extreme Meinungsäußerung ist geschützt.29.04.2024 | 1:43 min
Unterschätzt Innenministerin Faeser die Gefahr?
Streit gibt es eher grundsätzlicher Natur. Carsten Linnemann sagt, Deutschland habe ein grundlegendes Problem mit Islamismus. Die Demonstration in Hamburg sei nur die Spitze des Eisbergs und ein Staat dürfe sich "das nicht bieten lassen". Linnemann greift Innenministerin Nancy Faeser (SPD) an:
Linnemann fordert unter anderem ein Verbot des sogenannten Islamischen Zentrums Hamburg. Es dient laut Hamburger Verfassungsschutz als Außenposten des iranischen Mullah-Regimes.
Es wird sowohl Meinungs- und Versammlungsfreiheit als auch die Härte des Rechtsstaates gegen Islamisten gefordert. Wie das zusammenpasst, erklärt ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke.29.04.2024 | 1:09 min
Was entgegnet die Bundesregierung?
Innenministerin Faeser nennt die Demonstration in Hamburg ebenfalls "schwer erträglich". Den Vorwurf, sie nehme das Thema nicht ernst, weist sie aber zurück. Ihr Sprecher sagt am Montag in Berlin:
Wenn es zu Straftaten wie Terrorpropaganda für die radikalislamische Hamas komme, muss es ein sofortiges, hartes Einschreiten geben. Das sei die rote Linie, hier ende die Versammlungsfreiheit.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagt, Faeser habe seine "volle Unterstützung". Allerdings schließt Scholz Konsequenzen nicht aus: "Gegen islamistische Aktivitäten muss vorgegangen werden", so Scholz. "Alle Straftaten müssen verfolgt werden."
Der Islamisten-Demo "nachzugehen und das zu hinterfragen ist sicherlich die Aufgabe des Verfassungsschutzes", so Falk Schnabel, Polizeipräsident Hamburg. "Ich persönlich finde es einigermaßen unerträglich".29.04.2024 | 5:36 min
Soll "Muslim Interaktiv" verboten werden?
Das zumindest hat die Hamburger CDU bereits vergangenen Mittwoch gefordert. Einen entsprechenden Antrag in der Hamburgischen Bürgerschaft hatten SPD und Grüne abgelehnt, CDU und AfD hatten dafür gestimmt.
CDU-Fraktionschef Thering kündigte an, seine Fraktion werde zu dem Thema nun eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragen. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sören Schumacher, entgegnete, die Gruppierung sei bereits fest im Blick der Verfassungsbehörden. Für ein Verbot spricht sich Polizeipräsident Schnabel aus.
Ein Kalifat ist eine frühere Regierungsform des Islam. Es bezeichnet das Amt sowie das Reich des Herrschers, der Kalif genannt wird. Ursprünglich waren Kalifen die Nachfolger des Propheten Mohammed, der als Gründungsvater des Islam gilt.
Radikal islamistische Gruppen verwenden den Begriff Kalifat, um ihre undemokratischen Vorstellungen von Herrschaft zu legitimieren. Die in Deutschland verbotene islamistische Bewegung Hizb ut-Tahrir beispielsweise fordert die Errichtung eines islamischen Staats mit einem Kalifen an der Spitze. Dieser soll die Scharia, also Gesetze, die aus dem Koran hervorgehen, als Grundlage für staatliches Handeln durchsetzen. Demokratische Prinzipien, wie die Gewaltenteilung und freie Wahlen lehnt die Bewegung ab.
Quelle: ZDF
Radikal islamistische Gruppen verwenden den Begriff Kalifat, um ihre undemokratischen Vorstellungen von Herrschaft zu legitimieren. Die in Deutschland verbotene islamistische Bewegung Hizb ut-Tahrir beispielsweise fordert die Errichtung eines islamischen Staats mit einem Kalifen an der Spitze. Dieser soll die Scharia, also Gesetze, die aus dem Koran hervorgehen, als Grundlage für staatliches Handeln durchsetzen. Demokratische Prinzipien, wie die Gewaltenteilung und freie Wahlen lehnt die Bewegung ab.
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