Demokratiefördergesetz: Wo sich die Parteien uneining sind

    Demokratiefördergesetz:Wo sich die Ampel-Parteien uneinig sind

    von Alexandra Tadey
    |

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will das Demokratiefördergesetz schnell verabschieden. Warum FDP und CDU den Gesetzesentwurf kritisieren.

    Berlin: Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin, redet bei der Aktuellen Stunde im Bundestag zum Thema "Wehrhafte Demokratie - gegen Demokratiefeinde und Vertreibungspläne".
    Nancy Faeser (SPD) im Bundestag zum Thema "Wehrhafte Demokratie".
    Quelle: dpa

    Bereits Horst Seehofer (CSU) wollte 2021 ein Demokratiefördergesetz in die Wege leiten und scheiterte damals an seiner eigenen Fraktion. Zwei Jahre später hat das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) dazu beschlossen. Im März 2023 gab es die erste Lesung - doch bis heute ist das Gesetz nicht verabschiedet.

    Nach Demos gegen Rechts: Esken drängt auf Gesetz

    Die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie in den vergangenen Wochen haben die Forderungen nach dem Fördergesetz wieder laut werden lassen.
    Darunter ist auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken nach der Präsidiumssitzung ihrer Partei am Montag. Denn Demokratie bräuchte nicht nur engagierte Demonstrationen, sondern auch Initiativen, "die überall im Land existieren, die aber eine Bestärkung des Staates benötigen", erklärte sie.

    Kern des Entwurfs: mehr Planungssicherheit für Demokratieprojekte

    Das Gesetz - so der aktuelle Entwurf - soll unter anderem eine langfristige Förderung von Demokratieprojekten, -vereinen und -initiativen ermöglichen, um diesen mehr Planungssicherheit zu geben. Denn dafür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

    Wir [wollen] die Menschen unterstützen, die sich jeden Tag für unsere Demokratie einsetzen.

    Sönke Rix, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender

    Profitieren könnten durch eine solch langfristige Förderung zum Beispiel die "Bildungsstätte Anne Frank", die sich gegen Antisemitismus und Rassismus einsetzt, und das Projekt "HateAid", das sich gegen Hass im Netz stark macht.
    Grafik ES Anne Frank
    Das Tagebuch der Anne Frank ist weltberühmt.12.06.2024 | 1:38 min
    Für solche Projekte würde das Gesetz bessere rechtliche Bedingungen und größere finanzielle Sicherheit schaffen.

    FDP fordert Nachbesserung am Gesetzentwurf

    Christoph de Vries, Bundestagsabgeordneter der CDU, teilte ZDFheute auf Nachfrage mit, dass seiner Kenntnis nach der Gesetzgebungsprozess vor allem deshalb stockt, weil SPD und Grüne Forderungen der FDP nicht umsetzen wollten, die auch die Union teile.
    Dies sei seiner Meinung nach zum einen die Forderung nach mehr Transparenz und Beteiligung des Parlaments bei der Frage, wer die Förderungen erhält, und zum anderen die Einführung einer Extremismusklausel.

    CDU befürchtet Einflussnahme bei Förderzusagen

    Bislang ist in dem Entwurf vorgesehen, dass oberste Bundesbehörden die Förderrichtlinie erlassen, die die Einzelheiten der Förderung regelt. Dadurch befürchtet Christoph de Vries (CDU) starken Einfluss von Parteien:

    Im Ergebnis ist zu befürchten, dass die Förderzusagen stark von der jeweiligen politischen Agenda abhängen und für die Bürgerinnen und Bürger völlig intransparent sind.

    Christoph de Vries, Bundestagsabgeordneter CDU

    Über die konkreten Förderrichtlinien wird noch weiter verhandelt. Sie sollen erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes endgültig festgelegt werden.

    Teuteberg stellt Demokratiefördergesetz in Frage

    Linda Teuteberg (FDP) geht mit ihrer Kritik noch weiter: Gegenüber ZDFheute stellt sie in Frage, ob eine solche Förderung von zivilgesellschaftlichen Organisationen überhaupt Aufgabe des Bundes ist. Auch wünschenswertes Engagement löse nicht per se einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung vom Staat aus.

    Im Übrigen ist es ein Widerspruch in sich, sich als Zivilgesellschaft zu bezeichnen und dann den Anspruch zu erheben, vom Staat finanziert zu werden.

    Linda Teuteberg, Bundestagsabgeordnete FDP

    FDP fordert Extremismusklausel

    Eine zentrale Forderung der FDP-Fraktion, die seit Jahren diskutiert wird, ist die sogenannte "Extremismusklausel". Das heißt, Initiativen sollen sich vor einer Förderung zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Aufgrund dieser Forderung ist das Gesetz 2021 nicht im Bundestag verabschiedet worden.

    Es muss gewährleistet sein, dass nur solche Akteure an geförderten Projekten beteiligt sind, die die Ziele, Verfahren und Institutionen des Grundgesetzes achten und aktiv fördern.

    Linda Teuteberg, Bundestagsabgeordnete FDP

    Die Diskussion um eine Extremismusklausel zeige ihrer Meinung nach, dass die Einhaltung dieser Grundsätze leider gerade nicht selbstverständlich sei.

    FDP erhält auch hier Zustimmung von der Union

    Nicht alle Feinde des Rechtsextremismus sind automatisch die Freunde unserer Demokratie.

    Christoph de Vries, Bundestagsabgeordneter CDU

    Eine solche "Extremismusklausel" gibt es in dem Gesetzesentwurf bislang nicht. Man wolle die Träger nicht unter Generalverdacht stellen, sondern sie als Partner auf Augenhöhe sehen, so Sönke Rix (SPD) gegenüber dem ZDF.
    Schon heute werde jeder Antrag umfassend geprüft und Mittel könnten zurückgefordert werden, wenn sie unsachgemäß verwendet würden.
    In seiner jetzigen Form ist der Entwurf zum Demokratiefördergesetz noch in vielen Punkten vage. Sollten die Unstimmigkeiten in den Ampel-Fraktionen ausgeräumt werden, könnte das Thema in der nächsten Bundestagssitzungswoche wieder auf der Tagesordnung stehen.

    Mehr über Demokratie