CSU-Parteitag:Union im Dilemma: Grüne Freunde oder Feinde?
von Mathis Feldhoff
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Markus Söder lässt kaum Zweifel offen: Der bevorstehende CSU-Parteitag wird zum Grünen-Bashing. Kritik daran kommt von CSU-Vize Manfred Weber und großen Teilen der CDU.
Heute Nachmittag beginnt in Augsburg der CSU Parteitag. Dort geht es auch um die Frage nach möglichen Koalitionen. Schwarz-grün hat Parteichef Markus Söder kategorisch ausgeschlossen. An der Parteibasis sehen das manche anders.11.10.2024 | 2:02 min
Es hat schon etwas Obsessives, wenn Markus Söder in diesen Wochen über die Grünen redet. "Schwarz-Grün kommt nicht in Frage", wird der CSU-Chef aus der Fraktionssitzung seiner CSU im bayerischen Landtag zitiert. Wirtschaftsminister Robert Habeck sei "das Gesicht der Krise in Deutschland". Söder hat seine CSU mehrheitlich in totaler Ablehnung zu den Grünen ausgerichtet. Das werde er auch auf dem Parteitag in Augsburg bekräftigen, heißt es.
Einzig Partei-Vize Manfred Weber, der die Europäische Volkspartei in Brüssel führt, erlaubt sich jetzt Kritik daran. In einem Interview für das RND sagt Weber: "Bei den Grünen stellt sich die Frage: Welche Grünen? Es gibt Grüne, die sich bei der Migration schwertun, die Realität zu erkennen. Und es gibt Grüne wie Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg, die einen realistischen Migrationskurs wollen." Allerdings ist Weber damit eine Minderheitenmeinung bei den Christsozialen.
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Große Skepsis bei Union-Wählern
Söder wird in seinem Grünen-Bashing nicht nur von wichtigen CSU-Granden gestützt, sondern kann sich auch auf die Wählerschaft der Union berufen. Dort gibt es derzeit eine große Skepsis gegenüber den Grünen. In jedem Bierzelt bekommt Söder für seine Beschimpfung der Grünen grölenden Applaus.
Daraus leitet der CSU-Vorsitzende ab, nicht nachzulassen. Der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, nennt Webers Sätze deshalb eine "Fehleinschätzung" und der Chef der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, tadelt den Partei-Vize, man dürfe den "linken und zutiefst ideologischen" Grünen kein "bürgerliches Mäntelchen" umhängen.
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Weber dagegen beharrt darauf, dass die Grünen Teil der demokratischen Mitte seien und auch bleiben müssen. "Demokraten müssen immer miteinander sprechen können und versuchen, Wege des Miteinanders zu finden", so der CSU-Politiker mit dem Blick, die Option einer schwarz-grünen Koalition nach der Bundestagswahl 2025 offen zu halten.
Weber: "Bashing ist immer falsch"
Weber spricht damit aus, was auch viele in der CDU-Spitze denken. "Bashing ist immer falsch", sagt einer aus der engeren Parteiführung und warnt vor einer zunehmende Ausschließeritis in der Union. Die Frage wird gestellt, was es bringe, wenn man AfD, BSW, Linke und jetzt auch die Grüne kategorisch als Koalitionspartner ausschließt.
Friedrich Merz selbst hatte genau diesen Gedanken geäußert, den Söder jetzt so vehement bekämpft. Die Kompromissformulierung des CDU-Vorsitzenden lautet inzwischen: "Es gibt im breiten Spektrum der politischen Mitte in Deutschland zurzeit keine Partei, auf die die Bevölkerung so allergisch reagiert, wie die Grünen", so Merz in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
Und er fügt hinzu, dass er eine Zusammenarbeit nicht in jeden Fall ausschließen wolle. Es ist nicht nur ein anderer Zungenschlag, den Merz da ausspricht. Im Gegensatz zu Söder verortet der CDU-Chef die Grünen eben sehr wohl in der politischen Mitte, mit denen man im Grundsatz auch politische Koalitionen schließen können muss.
CDU: "Dann muss Söder sich halt nächstes Jahr korrigieren"
Schließlich, so die Argumentation in der CDU-Spitze, regiere man nicht nur erfolgreich mit den Grünen in NRW, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, sondern es bleibe sonst nur ein möglicher Koalitionspartner übrig - die Sozialdemokraten. Auch keine Lösung, bei der man in der CDU-Führung in heiteren Jubel ausbricht.
So droht der Union im Wahljahr eine unangenehme Debatte, wie man es mit den Grünen hält. Dass Söder sich dabei als harter Antipode der Grünen inszeniert, weckt bei manchen die düstere Erinnerung an den Bundestagswahlkampf 2021, als der CSU-Vorsitzende erst bei der Wahl des Kanzlerkandidaten unterlag und dann einen Sommer lang den Unionskandidaten Armin Laschet vor sich hertrieb.
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Der Unterschied zu heute ist, dass Söder - der ja erneut im Ringen um die Kanzlerkandidatur unterlag - sich nicht am Kandidaten abarbeitet, sondern an einer inhaltlichen Zukunftsfrage. "Dann muss Söder sich halt nächstes Jahr korrigieren", hört man aus den Reihen der CDU-Spitze. Eine Bemerkung, die durchaus mit einem Schuss Häme vorgetragen wird.
Quelle: ZDF
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