CSD Berlin: Zehntausende feiern, Polizei stoppt Rechte

    Gegen Homophobie, für Toleranz:Hunderttausende feiern bei CSD in Berlin

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    Ausgelassen haben Hunderttausende beim Berliner Christopher Street Day Vielfalt und Toleranz gefeiert - und angesichts wachsender Queerfeindlichkeit mehr Schutz gefordert.

    Politische Forderungen beim CSD in Berlin
    Hunderttausende ziehen beim Christopher Street Day (CSD) durch Berlin. Die Forderung der Demo-Veranstalter: Der Schutz queerer Menschen soll ins Grundgesetz aufgenommen werden.27.07.2024 | 1:57 min
    Mit Glitzer und Regenbogen geschmückt demonstrieren Zehntausende Menschen beim 46. Berliner Christopher Street Day (CSD) unter dem Motto "Nur gemeinsam stark - für Demokratie und Vielfalt". "Die Stimmung ist großartig", teilten die Veranstalter der Deutschen Presse-Agentur mit. "Wir haben mehr Menschen für queere Rechte auf die Straße gebracht als erwartet."
    Laut Schätzungen der Polizei vom späten Abend nahmen mindestens 250.000 Menschen teil. Auch in Stuttgart und anderen deutschen Städten zogen am Samstag Zehntausende bei der Parade zum CSD durch die Straßen.
    Demonstranten auf dem Cristopher Street Day in Berlin auf der Straße des 17. Juni vor dem Brandenburger Tor.
    Zehntausende Menschen demonstrieren mit einer Parade im Rahmen des Christopher Street Days in Berlin für die Gleichberechtigung aller Menschen.27.07.2024 | 0:20 min

    Berliner CSD einer der größten in Europa

    Nach einem verregneten Start wurden in der Hauptstadt die Schirme gegen Sonnenbrillen getauscht. Gut gelaunte, tanzende Menschen dominierten das Bild. "Der Regenbogen ist ein Naturphänomen" und "Pride not prejudice" (zu Deutsch: Stolz, nicht Vorurteil) war auf Schildern der Demo-Teilnehmer zu lesen. "Happy Pride" hörte man vielerorts.
    Menschen auf einem der Wagen bei dem 46. Berlin Pride Umzug zum Christopher Street Day (CSD).
    75 Wagen sind beim 46. Christopher Street Day dabei.
    Quelle: dpa/Jörg Carstensen

    Der CSD in Berlin gilt als eine der größten Veranstaltungen der lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans-, intergeschlechtlichen und queeren Community in Europa. Die 75 Wagen und Dutzende Fußgruppen, die sich zu Lady Gagas "Born this way" in Bewegung gesetzt hatten, zogen bis zur Siegessäule.
    Von dort ging es zu Fuß weiter zur Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor. Sänger Herbert Grönemeyer spielte als Special Guest des Christopher Street Day am Abend vor dem Brandenburger Tor. "Zur Zeit werden Demokratien weltweit auf perfide Art und Weise durch fundamentalistische, faschistische Kräfte attackiert", sagte der Sänger auf der Bühne zum Abschluss der Veranstaltung. Rechte Kräfte arbeiteten gegen andere Lebensmodelle. "Lassen wir das nicht zu", rief Grönemeyer. "Kämpfen wir für eine progressive Welt, jeden Tag und Seite an Seite."

    Polizei stoppt Gruppe Rechter - insgesamt kaum Zwischenfälle

    Die Polizei zeigte sich zufrieden. Ein Sprecher sagte der dpa, die Beamten blickten in "viele fröhliche und freundliche Gesichter". 1.200 Menschen waren im Einsatz. Zwischenfälle gab es bis zum Nachmittag kaum. Eine Gruppe Rechter in szenetypischer Kleidung habe versucht, zum Aufzug zu kommen, sagte der Sprecher. Die Gruppe sei von Polizisten am Weiterlaufen gehindert worden. Die Überprüfungsmaßnahmen liefen noch.
    Regenbogenfahne an Kirche in Pirna
    Zum Christopher Street Day im sächsischen Pirna dürfen am Rathaus keine Regenbogenfahnen wehen – das entschied der AfD-nahe Bürgermeister Tim Lochner. Tausende CSD-Unterstützer wollen deshalb ein Zeichen für Toleranz setzen.12.07.2024 | 2:10 min
    Die Veranstalter des CSD appellieren an die Politik, den Schutz queerer Menschen ins Grundgesetz aufzunehmen. Die Änderung von Artikel 3 des Grundgesetzes müsse noch in dieser Wahlperiode kommen, forderte Aktivistin Sophie Koch in der Eröffnungsrede in Berlin.
    In Artikel 3 heißt es unter anderem: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Hier solle ergänzt werden, dass außerdem niemand "wegen seiner sexuellen Identität" diskriminiert werden dürfe.
    Unterstützung erhielten die Aktivistinnen und Aktivisten von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), die ein Grußwort hielt. "Europaweit erleben wir einen gesellschaftspolitischen Backlash: immer mehr Gewalt gegen LSBTIQ*, auch hier in Deutschland", hatte die Ministerin vorab mitgeteilt. "Die Antwort darauf muss lauten: mehr Solidarität mit LSBTIQ*."

    Keine Eröffnungsrede von Berlins Bürgermeister Wegner

    Hinter den Kulissen hatte es zuvor Streitigkeiten gegeben: Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte bei der Eröffnung des CSD im vergangenen Jahr angekündigt, sich für eine entsprechende Bundesratsinitiative einzusetzen. Aus Sicht der CSD-Organisatoren ist seitdem nicht genug passiert. Wegner hielt deshalb nicht, wie es für den Regierenden Bürgermeister üblich ist, die Eröffnungsrede. Am Rande des CSD sagte Wegner dem RBB. Er setze sich für eine schnelle Änderung ein, "am besten vor der Bundestagswahl". Es gebe aber bisher keine Mehrheit dafür.
    Karl Lauterbach bei CSD in Köln
    Der Christopher Street Day in Köln war in diesem Jahr besonders politisch. Rund 1,2 Millionen Menschen zogen für Toleranz und Vielfalt durch die Stadt.21.07.2024 | 1:01 min

    Hasskriminalität gegen queere Menschen nahm zuletzt zu

    In Stuttgart stand der CSD unter dem Motto "Vielfalt leben. Jetzt erst recht!" Nach Angaben der Veranstalter sollten 150 Gruppen durch die Straßen zum zentralen Schlossplatz ziehen - der CSD wäre damit der bisher größte in Stuttgart nach 131 Gruppen im vergangenen Jahr.
    2023 habe die Hasskriminalität unter anderem gegen lesbische, schwule, bisexuelle und queere Menschen deutlich zugenommen, kritisieren die Veranstalter in einer Erklärung.
    Der Christopher Street Day wird weltweit gefeiert. Die Bewegung geht auf Ereignisse im Juni 1969 zurück. Nach einer Razzia der Polizei in der Szenebar "Stonewall Inn" kam es damals zum Aufstand von Schwulen und Lesben. Hauptschauplatz von Straßenschlachten war die Christopher Street im Künstler-Viertel Greenwich Village.
    Quelle: dpa, AFP

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