"Compact"-Magazin: Dokument gibt Einblick in Verbots-Gründe

    Exklusiv

    Rechtsextremes Magazin :Deshalb ist "Compact" verboten worden

    von Anne Herzlieb
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    Auf 79 Seiten listet das Bundesinnenministerium Belege für das Verbot des "Compact"-Magazins auf. Doch das ist unter Juristen und Experten umstritten.

    TN: Was bringt das "Compact"-Verbot?
    Frontal berichtete mehrfach über Jürgen Elsässer und die Rolle seines Magazins Compact für russische Propagandazwecke. Am Dienstag hat das Innenministerium Compact verboten.16.07.2024 | 1:39 min
    "Nur für den internen Dienstgebrauch" steht es auf der 79 Seiten umfassenden Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums. Seit das Dokument durch einen Medienaktivisten in Umlauf gebracht wurde, ist ein genauer Einblick in die Gründe für das Verbot des rechtsextremen Magazins möglich.

    Revolutionsrhetorik und Mordphantasien

    Außerdem gibt die Verbotsverfügung neue Details über die Vernetzung mit rechtsextremistischen Organisationen und Einblick in antisemitische Verschwörungsideologien der Macher des Magazins sowie das Propagieren des "Großen Austauschs" preis: "Die Globalisten betreiben einen planmäßigen Volksaustausch. Hauptangriffsziel ist Deutschland.", zitiert die Verbotsverfügung aus einer Compact-Ausgabe.
    16.07.2024, Bayern, Kempten: Eine Mitarbeiterin einer Bahnhofsbuchhandlung hält eine Ausgabe des Magazins «Compact», um es danach aus dem Sortiment zu nehmen.
    Das Bundesinnenministerium hat das rechtsextremistische Magazin des Publizisten Elsässer verboten. Der Verfassungsschutz beobachtet seit Jahren die Veröffentlichungen des Magazins.16.07.2024 | 3:06 min
    Zentrales Ziel von Compact sei laut Verbotsverfügung "der Erhalt des deutschen Volkes" und der Sturz des Regimes - dafür finden sich mehrere Belege wie zuletzt im Sommer 2023 auf einer Compact-Spendengala. Widerstands- und Revolutionsrhetorik münden aber auch in konkreten Mordphantasien einzelner. Analysiert werden die Inhalte der Leserbriefe und die Online-Kommentare in denen "mitunter indirekt zum Mord an führenden deutschen Politikern und damit Repräsentanten der demokratischen Ordnung aufgerufen" wird.

    Aufwiegelung zu Straftaten

    Ein Beispiel zeigt, wie wirksam das von "Compact" verbreitete Narrativ von der Bundesregierung als Feindbild ist: Ein Mann, der "hausmeisterähnliche Tätigkeiten" für "Compact" erledige und offenbar auch Leser des Magazins sei, habe "gegenüber Jürgen Elsässer im Frühjahr 2023 eine Tötungsabsicht unter Anwendung von Schusswaffengebrauch zum Nachteil des Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz, Herrn Robert Habeck, geäußert". Nach dem Verweis, wenn nicht etwas Drastisches passiere, hätten sie wenige Chancen, um die Menschen aufzurütteln, habe der Mann zu Elsässer gesagt:

    Ich hab schon überlegt, ich hab ja hier die Knarre, ich müsste Habeck mal ein Auge ausschießen.

    Laut dem Oldenburger Staatsrechtler Volker Boehme-Neßler rechtfertigten allerdings selbst Aufwiegelung zu Straftaten kein Verbot des "Compact"-Magazins. "Das hätte strafrechtliche Folgen für den Autor und den Artikel."
    Studiogespräch Sarah Tacke zum Verbot des Compact Magazine
    Das Verbot der Zeitschrift "Compact" wirft juristische Fragen auf. Sarah Tacke zu der Entscheidung der Bundesinnenministerin und den Konsequenzen. 16.07.2024 | 2:32 min
    Das Recht auf freie Meinungsäußerung sei davon jedoch unberührt und decke auch polemische, überzogene, emotionale oder gefährliche Äußerungen, sagte er der Oldenburger "Nordwest"-Zeitung. "Freie geistige Auseinandersetzungen sind die wirksamste Waffe gegen totalitäre Ideologien", sagte der Jurist. Er geht davon aus, dass das Verbot bei einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht keinen Bestand hätte.

    Das Gericht hat immer wieder festgestellt: Ohne Pressefreiheit gibt es keine Demokratie.

    Volker Boehme-Neßler, Jurist

    Kritik an dem Verbot

    Das Bundesinnenministerium hatte das Verbot am Dienstag ausgesprochen. Das "Compact"-Magazin darf seither nicht mehr erscheinen. Webseiten wurden gesperrt. Bei Durchsuchungen in mehreren Bundesländern wurden unter anderem Datenträger und Exemplare des Magazins beschlagnahmt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verbot auch die Conspect Film GmbH.
    TN: "Gerichte werden sehr genau hinschauen"
    Das Bundesinnenministerium bediene sich beim "Compact"-Verbot eines "kleinen Umwegs", erklärt ZDF-Rechtsexperte Jan Henrich. Man habe ein Vereinigungsverbot ausgesprochen.16.07.2024 | 8:20 min
    Der emeritierte Politikwissenschaftler und Extremismusforscher Hajo Funke von der Freien Universität Berlin kritisiert das Verbot als autoritäres Mittel des Staates:

    Eine wahrhaft wehrhafte Demokratie arbeitet nicht mit Verboten.

    Hajo Funke, Politikwissenschaftler und Extremismusforscher

    Viel entscheidender sei es, dass die Menschen das Gefühl hätten, gesellschaftliche Probleme werden von der Politik gelöst. Lorenz Blumenthaler, Sprecher der Amadeo Antonio Stiftung wiederum betonte, das Verbot sei richtig. Die Rolle von "Compact" für den Aufstieg der AfD dürfe "nicht nur wegen der rechtsextremen Hetze, sondern auch aufgrund der internationalen Vernetzung mit Antidemokraten in Russland oder den USA nicht unterschätzt werden".
    Die Behörden müssten nun auch die internationale Vernetzung und die "mutmaßliche ausländische Finanzierung des Medienunternehmens" aufklären und beleuchten. Ansonsten werde "ein reines Verbot zahnlos" bleiben. Absehbar ist, dass die Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums angefochten wird - und es dürfte nun voraussichtlich mindestens das Bundesverwaltungsgericht wenn nicht auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigen.
    Mit Material von dpa und epd.

    "Compact"-Magazin
    :Wie können Zeitschriften verboten werden?

    Zwischen wehrhafter Demokratie und Pressefreiheit: Das Verbot des als rechtsextremistisch eingestuften "Compact"-Magazins löst Diskussionen aus. Eine rechtliche Einordnung.
    von Jan Henrich
    Ausgaben des Compact-Magazins
    Analyse
    Quelle: Mit Material von dpa

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