Studie: Deutschlands CO2-Ausstoß sinkt auf Rekordtief

    Studie zu Emissionen:Deutschlands CO2-Ausstoß sinkt auf Rekordtief

    von Carsten Meyer
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    Der CO2-Ausstoß ist deutlich gefallen, besagt eine neue Studie. Damit hätte Deutschland seine selbstgesteckten Ziele vorerst erreicht. Vermutlich aber nicht auf Dauer.

    Frank Bethmann
    Eine Studie der Denkfabrik Agora Energiewende zeigt: Der Ausstoß an Treibhausgasen ist so gering, wie seit 70 Jahren nicht mehr. Frank Bethmann berichtet, wo der Haken ist. 04.01.2024 | 1:16 min
    Die CO2-Emissionen sind in Deutschland auf den niedrigsten Stand seit 70 Jahren gesunken. Zu diesem Ergebnis kommt die Denkfabrik Agora Energiewende in einer aktuellen Studie. Demnach fiel der Ausstoß von Treibhausgasen zwischen den Jahren 2022 und 2023 um 73 Millionen Tonnen CO2 auf nunmehr 673 Millionen Tonnen. Gegenüber dem Referenzjahr 1990 liegt der Rückgang bei 46 Prozent.
    Damit wäre das im Klimaschutzgesetz für 2023 gesteckte Ziel erreicht. Die Autoren der Studie warnen jedoch vor der Schlussfolgerung, der Weg zur Klimaneutralität sei ein Selbstläufer. Denn nur 15 Prozent des Rückgangs im vergangenen Jahr seien als "dauerhaft" anzusehen. Besonders in den Sektoren Gebäude und Verkehr habe es praktisch keine Fortschritte gegeben.
    Ökostrom-Anteil in Deutschland

    ZDFheute Infografik

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    Anteil der Erneuerbaren über 50 Prozent

    Immerhin: Der Ausbau der erneuerbaren Energien nimmt Fahrt auf. Der Anteil von Wind, Solar, Wasser und Biomasse am deutschen Strommix lag erstmals bei mehr als 50 Prozent. Der Zubau bei der Photovoltaik erreichte mit 14,4 Gigawatt (GW) einen neuen Rekordwert (nach 8,2 GW in 2012), überwiegend Kleinanlagen auf deutschen Dächern. Simon Müller, Deutschland-Direktor von Agora Energiewende, kommentiert:

    Die Energiewirtschaft verzeichnete mit dem historischen Hoch bei den erneuerbaren Energien einen klimapolitischen Erfolg.

    Simon Müller, Deutschland-Direktor von Agora Energiewende

    Der Ausbau bei der Windkraft bleibt mit 2,9 GW neuer Kapazität hingegen deutlich hinter dem erforderlichen Ausbaupfad zurück. Um die selbst gesteckten Klimaziele bis 2030 zu erreichen, müssten jährlich 7,7 GW errichtet werden. Immerhin zeichnet sich eine Trendwende ab: Die Genehmigungen für neue Windkraftanlagen verdoppelten sich zuletzt auf 7,7 GW.
    Ein Windrad oberhalb einer großflächigen Solaranlage auf einem Feld.
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    Bezogen auf den gesamten Energiebedarf, also nicht nur Strom, sondern auch Verkehr und Wärme, ist der Weg zur Klimaneutralität noch weit. Zum deutschen Primärenergiebedarf von 2.997 Terrawattstunden im Jahr 2023 steuerten Erneuerbare erst 588 TWh bei.

    Weniger Kohlestrom

    Gleichwohl trägt der Stromsektor laut Agora-Studie den Löwenanteil zur Minderung des CO2-Ausstoßes bei: um 46 auf nunmehr 177 Millionen Tonnen. Davon seien aber lediglich 6 Millionen Tonnen auf den Ausbau der Erneuerbaren zurückzuführen.
    26 Millionen Tonnen - und damit gut ein Drittel der gesamten in 2023 erreichten CO2-Vermeidung - ergeben sich aus dem europäischen Stromhandel: Es wurde in Deutschland einfach weniger Strom aus Kohle erzeugt und exportiert und dafür mehr im Ausland sauber erzeugter Strom nach Deutschland importiert, der wiederum zur Hälfte aus Erneuerbaren und zu einem Viertel aus der Kernkraft stammt. Insgesamt lag der Nettostromimport bei 2,3 Prozent des heimischen Bedarfs.
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    Der Treibhauseffekt ermöglicht Leben auf der Erde. Gelangen zu viele Treibhausgase in die Atmosphäre, entsteht ein gefährlicher Kreislauf und die Temperatur auf der Erde steigt.14.11.2023 | 1:13 min

    Rückgang bei energieintensiver Industrie

    Den zweitgrößten Beitrag zur CO2-Reduktion lieferte die Industrie: minus 20 auf 144 Millionen Tonnen, gut ein Viertel der insgesamt vermiedenen 73 Millionen Tonnen. Aber auch hier betrachten die Studienautoren lediglich 3 Millionen Tonnen als langfristige Treibhausgasreduktion. 17 Millionen Tonnen seien auf Produktionsrückgänge vor allem in der energieintensiven Industrie zurückzuführen.
    Das ist freilich kein Grund zum Jubeln, wie Agora-Direktor Müller, betont:

    Der krisenbedingte Produktionseinbruch schwächt den Industriestandort Deutschland. Wenn in der Folge Emissionen lediglich ins Ausland verlagert werden, ist auch für das Klima nichts gewonnen.

    Simon Müller, Deutschland-Direktor von Agora Energiewende

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    Ähnlich äußert sich Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne), der sich zwar über den Fortschritt im Stromsektor freut ("Der Energiebereich liefert wirklich!"), aber auch Besorgnis ausdrückt ob des Produktionsrückgangs in der deutschen Wirtschaft.
    Gleichzeitig sieht er bei einem Wiederanziehen der Konjunktur nicht zwangsläufig einen Wiederanstieg der CO2-Emissionen:

    Die Wirtschaft selbst ist ja voll auf dem Klimaschutzpfad.

    Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck

    Man könne gut produzieren und trotzdem Energie sparen.

    Sorgenkinder Gebäude und Verkehr

    Kaum Fortschritte bei der CO2-Reduktion gab es im Gebäudesektor. Die Emissionen sanken lediglich um drei auf 109 Millionen Tonnen. Damit seien zum vierten Mal in Folge die Sektorziele verfehlt worden, heißt es in der Studie. Die kleine Verbesserung, die es zu verzeichnen gab, sei zudem vor allem der milden Witterung zu verdanken.
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    Ein ähnliches Bild zeigt sich im Verkehrssektor. Die Emissionen sanken von 148 auf 145 Millionen Tonnen und verfehlen damit zum dritten Mal in Folge die im Klimaschutzgesetz festgelegten Ziele. Zwar lag der Anteil der E-Autos bei 18 Prozent der Neuzulassungen. Dies konnte aber den generellen Anstieg des Pkw-Verkehrs nicht kompensieren.
    Insgesamt ist eine Verminderung der Treibhausgas-Emissionen von rund 10 Prozent in einem Jahr, wie sie die Agora-Studie für 2023 ermittelt hat, in jeder Hinsicht bemerkenswert. Aber, wie die Autoren selbst feststellen, vermutlich nicht nachhaltig.

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