Clubsterben in Berlin: Hohe Mieten, Inflation, weniger Gäste

    Mieten, Inflation, weniger Gäste:Clubsterben in Berlin

    von Elena Slany Garcia und Stephanie Gargosch
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    In der Hauptstadt schließen immer mehr Clubs, darunter auch berühmte wie das Watergate. Warum ist das so? Und wie verändert sich das Gesicht des ehemaligen Techno-Mekkas Berlin?

    Außenbild am Abend des Berliner Clubs Tresor
    In Berlin ist die Techno-Szene seit den 90er-Jahren ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Etwa die Hälfte der Clubs überlegt, 2025 zu schließen. Was ist der Grund für das Clubsterben?24.01.2025 | 2:34 min
    "Die Szene in Berlin hat so eine coole Kultur", sagt Harry. Er steht an diesem klirrend kalten Januarabend geduldig in der Schlange zu seinem liebsten Technoclub, dem Club Ost. Es ist Samstagnacht und Berlin vibriert. Junge Leute warten, dass die Party beginnt. Torben will ebenfalls in den Club Ost.

    Wisst ihr, ich nehme den Alltag schon manchmal als sehr bedrückend wahr. Das Feiern gibt mir da die Möglichkeit, die ganze Energie einmal rauszulassen.

    Torben

    Und Sarah meint, schon ihre Mutter habe im Tresor zu Technomusik getanzt.
    Zwei Menschen in grünen Overalls blicken in die Kamera
    Sollten Clubs bundesweit als Kulturstätten anerkannt, geschützt und staatlich gefördert werden?11.09.2024 | 24:56 min

    Steigende Mieten, Inflation, weniger Feiernde

    Und doch machen immer mehr, auch berühmte Clubs, dicht, verklingt der Sound der DJs, weicht die Technokultur Bürogebäuden und Luxusapartments. Allein in diesem Jahr überlegt fast die Hälfte der befragten Clubs zu schließen, so der Verband der Berliner Clubszene, die Clubcommission.
    "Die Mieten und Betriebskosten steigen," erklärt die Pressesprecherin der Clubcommission, Emiko Gejic. "Hinzu kommen höhere Personalkosten und die Inflation. Das führt auch zu sinkenden Besucherzahlen". Die Clubs sind nicht mehr rentabel. Zudem steigen die Gagen der DJs, welche über TikTok und Instagram einen Personenkult aufbauen.
    Kultur-Sparpolitik in Berlin
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    Mietvertrag für Watergate nicht verlängert

    Dem berühmten Watergate wiederum wurde der Mietvertrag nicht verlängert. Der Club lag direkt an der Spree. Der Besitzer, Immobilienmogul Gijora Padovicz, hat mit dem Grundstück wohl anderes vor. Ebenso wie mit dem Gebäude des Technoclubs Die Wilde Renate, auch hier wurde der Mietvertrag nicht verlängert.
    Das Clubsterben könnte sich noch beschleunigen, wenn der geplante weitere Ausbau der A100, umgesetzt wird. Konkret geht es um den Bauabschnitt 17. Die Strecke zwischen Treptower Park und Ostkreuz ist gespickt mit Clubs und anderen Orten zum Feiern. Kommt die Autobahn, müssten sie wohl weichen.
    Museum of Modern Electronic Music
    Ein Museum, ganz der Club-Kultur gewidmet: Im Museum of Modern Electronic Music lässt sich die Entwicklung und Lebenswelt der elektronischen Musik in all ihren Facetten erleben.08.03.2024 | 2:00 min

    Berlin wichtige Techno-Hochburg

    Dabei ist die Berliner Clubkultur berühmt. Nach dem Mauerfall pilgerten Raver und Technofans aus der ganzen Welt in die Hauptstadt. Dimitri Hegemann, Geschäftsführer des Clubs Tresor, erzählt:

    Berlin wurde durch dieses Techno-Phänomen zu einem magischen Ort. Mit dem Nachtleben wurde die Stadt zu einem Marketing-Tool für Unternehmer.

    Dimitri Hegemann, Geschäftsführer des Clubs Tresor

    Der Techno ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Hotels, Restaurants und andere Unternehmen profitieren von den feiernden Menschen.

    Kultusminister erweitern Liste
    :Berliner Techno wird Kulturerbe

    Von Tresor bis Berghain: Berliner Techno prägt den Sound und die Szene von den Anfängen bis heute. Das würdigen die Kultusminister um Claudia Roth und machen ihn zum Kulturerbe.
    Archiv: Diskothek "Tresor" in Berlin
    "Wichtig wäre es nun", so Hegemann, "die Clubs als kulturelle Orte zu bezeichnen." Dann wäre auch die Förderung von Seiten der Politik möglich. Ansonsten wird das Gesicht Berlins wohl immer glatter, immer austauschbarer.
    Auf Nachfrage beim Kultursenator in Berlin kündigt dieser an, die Anerkennung von Clubs als kulturelle Orte voranzubringen:

    Clubs müssen als Kulturorte in Bau- und Nutzungsverordnung verankert sein. Gerade in Berlin dürfen solche Kulturorte nicht durch Gentrifizierung leiden und müssen erhalten bleiben.

    Joe Chialo (CDU), Kultursenator in Berlin

    Ob und wann diese Maßnahme wirklich kommen wird, dass Clubs in Zeiten auch klammer Kulturkassen Gelder bekommen, bleibt abzuwarten. Für viele Kulttechnoclubs könnte es dann zu spät sein.
    Elena Slany Garcia und Stephanie Gargosch arbeiten im ZDF-Landesstudio in Berlin.

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    Quelle: dpa

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