Vorhaltung gegen ZDF :Warum Chrupallas Vorwurf falsch ist
von Julia Klaus
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AfD-Chef Chrupalla behauptet, das ZDF hätte Videomaterial zu einem angeblichen Angriff auf ihn nicht vollständig an die Polizei weitergegeben. Das ist falsch - eine Rekonstruktion.
Den Vorwurf äußert Chrupalla ab 31:30 min.
06.02.2024 | 73:18 min
Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla hat dem ZDF in der Sendung "Markus Lanz" am Dienstagabend schwere Vorwürfe gemacht. Es geht um Videomaterial, das am 4. Oktober durch ein ZDF-Team bei einer AfD-Wahlkampfveranstaltung in Ingolstadt entstanden ist. Chrupalla klagte damals am Rande der Veranstaltung über Schwindel und Unwohlsein und kam ins Krankenhaus. Ärzte sprachen daraufhin von einem Einstich im Arm - Chrupalla von einem Anschlag auf ihn. Tests auf eine mögliche Vergiftung waren negativ. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Ingolstadt blieben ohne Ergebnis und wurden am 20. Dezember eingestellt - "konkrete Hinweise oder Anhaltspunkte für einen solchen Übergriff" sah man nicht.
Im Gespräch mit Lanz behauptete Chrupalla nun, das ZDF habe gegenüber Ermittlern Videomaterial von jenem Tag im Oktober zurückgehalten:
Diese Vorwürfe sind nicht korrekt. Das ZDF hat den Ermittlungsbehörden das verfügbare Filmmaterial von der AfD-Veranstaltung vollständig zur Verfügung gestellt. Das belegt der Email-Verkehr mit den Ermittlern.
Ein Kriminalhauptkommissar der Polizeiinspektion Ingolstadt hatte das ZDF am 5. Oktober um Videomaterial gebeten, "auf welchem die Ankunft und die Begrüßung des Hr. Chrupalla zu sehen ist". Am selben Nachmittag antwortete eine ZDF-Redakteurin, dass "das gewünschte Material für Sie herausgesucht und eben auf Ihrem Portal hochgeladen" wurde. Die Polizei arbeitet mit Uploadportalen, bei denen etwa Fotos und Videos hochgeladen werden können.
Die Polizei fragte daraufhin das gesamte Material des Drehs an. Auch dem kam das ZDF nach und übermittelte am 6. Oktober den gesamten Dreh der AfD-Veranstaltung. Dort fehlte eine Sequenz von etwa vier Sekunden, weil sie für die aktuelle Berichterstattung abgeklammert worden war - allerdings lag sie der Polizei bereits im ersten Chrupalla-Material vor. Auf erneute Nachfrage der Polizei vom 11. Oktober übermittelte das ZDF-Landesstudio Bayern noch einmal das gesamte Material - insgesamt etwa 21 Minuten.
Ein Kriminalhauptkommissar antwortete daraufhin am 11. Oktober:
Nach den Vorwürfen durch Tino Chrupalla hat das ZDF erneut bei der zuständigen Kriminalpolizei nachgefragt - demnach sind keine Anfragen offen.
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Chrupalla verweist auf seine Ermittlungsakte
Auf ZDF-Anfrage antwortet Tino Chrupalla am Donnerstag:
Auch dem ZDF liegt diese Verfügung vom 12. Oktober 2023 vor. Darin geht es um ein Telefonat zwischen einem Kriminalpolizisten mit der Staatsanwaltschaft. Dort heißt es: Auch das "ZDF (mit Ausnahme einiger Sequenzen)" habe Material übersandt. Doch diese Aussage ist falsch, gibt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Ingolstadt am Donnerstag zu. Auf ZDF-Anfrage schreibt sie: "Der Aktenvermerk der Staatsanwaltschaft Ingolstadt (...) resultiert, soweit er sich auf das Videomaterial des ZDF bezog, daraus, dass der Gesprächspartner bei der Kriminalpolizei Ingolstadt über die Nachlieferung der Sequenz durch das ZDF vom Vortag zum Zeitpunkt des Telefonats noch nicht informiert war". Demnach hatte der eine Kriminalpolizist dem anderen noch nicht Bescheid gegeben, dass das Material da ist.
Insgesamt bestätigt auch die Staatsanwaltschaft, dass das "ZDF auf alle Anfragen umgehend reagiert und Videomaterial zur Verfügung gestellt" hat.
Fazit: Das ZDF hat den Ermittlungsbehörden das gesamte Drehmaterial von der AfD-Wahlkampfveranstaltung vom 4. Oktober 2023 auf deren Bitte hin zur Verfügung gestellt. Tino Chrupalla wiederum bezog sich in seinem Vorwurf auf einen Vermerk der Staatsanwaltschaft Ingolstadt aus seiner abgeschlossenen Ermittlungsakte - dieser Vermerk gibt aber einen veralteten Sachstand wieder.
Anmerkung der Redaktion, 9.2.2024: Eine Formulierung im Fazit wurde präzisiert. Dort hieß es, Chrupalla beziehe sich auf "einen veralteten Vermerk der Staatsanwaltschaft Ingolstadt". Die neue Formulierung macht deutlich, dass der Vermerk einen "veralteten Sachstand" wiedergibt.
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